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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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Von der Halsarbeit.
Ganges, durch die Conservirung der Vorderbeine, endlich aber
durch die Zeit sich bestimmt, in welcher die Zurücklegung des
Schwerpunktes
bewirkt werden kann, so bestimmt sich die
Grenze für das Zurücknehmen von Hals und Kopf

durch die Möglichkeit des Verharrens darin bei langer
Dauer und durch die Verminderung der fördernden Kraft der
Hinterhand, welche die vermehrte Belastung derselben mit sich
bringt -- mithin durch die verminderte Geschwindigkeit.
Es würde sich leicht eine normale Haltung bezeichnen lassen,
wenn nicht so unendlich viele Eventualitäten auf dieselbe einwirkten.

Wir haben beim Kapitel vom Schwerpunkte gesehen, dass
mancherlei Aenderungen in Gestaltung des Halses und
Halsansatzes
auf die Belastung der Vorhand gar verschieden
wirken. Sie sind es aber nicht allein, die auf sie wirken. Es ist
die mehr oder minder grosse Befähigung des ganzen
Thieres, seinen Schwerpunkt zu verlegen, und die
Rücksichtnahme auf Wechselwirkung der abschie-
benden und tragenden Kraft
, welche demnächst hinzutreten.
Ebenso wird der Grad der natürlichen Biegsamkeit der
Gelenke der Hinterhand sehr berücksichtigt werden müssen.
Wie sehr die Gestaltung des Rückens unsere Aufmerksamkeit
in Anspruch nimmt, sahen wir schon früher. Ein hohes, kurzes,
schmales Pferd mit nachgiebigem Rücken und Beinen, welche, weit
unter den Leib gerückt, mehr tragen als schieben, wird im Stande
sein, schnell seinen Schwerpunkt so weit nach rückwärts zu ver-
legen, dass die Hinterbeine senkrecht unter denselben fallen, und
so die Last stützen und aufnehmen, mithin wird es kein bedeuten-
des Zurücknehmen des Halses nöthig machen. Jede zu bedeutende
Erhebung desselben würde die Räumigkeit des Ganges unter das
Niveau herabbringen. Umgekehrt ein niederbeiniges, breites, langes
Pferd mit straffem Rücken, dessen Beine so gestellt sind, dass sie
lieber fördern als stützen, wird einer hohen Stellung bedürfen, bei
welcher das Loth aus dem Schwerpunkte des Halses die Unter-
stützungsfläche möglichst weit nach rückwärts trifft, damit die Ver-
legung des Schwerpunktes nicht weit zu sein braucht, und die
schwer untertretenden Gliedmassen den weiter zurückliegenden
Schwerpunkt leichter erreichen können, und so nicht eines zu
weiten Weges bedürfen.

Von der Halsarbeit.
Ganges, durch die Conservirung der Vorderbeine, endlich aber
durch die Zeit sich bestimmt, in welcher die Zurücklegung des
Schwerpunktes
bewirkt werden kann, so bestimmt sich die
Grenze für das Zurücknehmen von Hals und Kopf

durch die Möglichkeit des Verharrens darin bei langer
Dauer und durch die Verminderung der fördernden Kraft der
Hinterhand, welche die vermehrte Belastung derselben mit sich
bringt — mithin durch die verminderte Geschwindigkeit.
Es würde sich leicht eine normale Haltung bezeichnen lassen,
wenn nicht so unendlich viele Eventualitäten auf dieselbe einwirkten.

Wir haben beim Kapitel vom Schwerpunkte gesehen, dass
mancherlei Aenderungen in Gestaltung des Halses und
Halsansatzes
auf die Belastung der Vorhand gar verschieden
wirken. Sie sind es aber nicht allein, die auf sie wirken. Es ist
die mehr oder minder grosse Befähigung des ganzen
Thieres, seinen Schwerpunkt zu verlegen, und die
Rücksichtnahme auf Wechselwirkung der abschie-
benden und tragenden Kraft
, welche demnächst hinzutreten.
Ebenso wird der Grad der natürlichen Biegsamkeit der
Gelenke der Hinterhand sehr berücksichtigt werden müssen.
Wie sehr die Gestaltung des Rückens unsere Aufmerksamkeit
in Anspruch nimmt, sahen wir schon früher. Ein hohes, kurzes,
schmales Pferd mit nachgiebigem Rücken und Beinen, welche, weit
unter den Leib gerückt, mehr tragen als schieben, wird im Stande
sein, schnell seinen Schwerpunkt so weit nach rückwärts zu ver-
legen, dass die Hinterbeine senkrecht unter denselben fallen, und
so die Last stützen und aufnehmen, mithin wird es kein bedeuten-
des Zurücknehmen des Halses nöthig machen. Jede zu bedeutende
Erhebung desselben würde die Räumigkeit des Ganges unter das
Niveau herabbringen. Umgekehrt ein niederbeiniges, breites, langes
Pferd mit straffem Rücken, dessen Beine so gestellt sind, dass sie
lieber fördern als stützen, wird einer hohen Stellung bedürfen, bei
welcher das Loth aus dem Schwerpunkte des Halses die Unter-
stützungsfläche möglichst weit nach rückwärts trifft, damit die Ver-
legung des Schwerpunktes nicht weit zu sein braucht, und die
schwer untertretenden Gliedmassen den weiter zurückliegenden
Schwerpunkt leichter erreichen können, und so nicht eines zu
weiten Weges bedürfen.

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[101/0123] Von der Halsarbeit. Ganges, durch die Conservirung der Vorderbeine, endlich aber durch die Zeit sich bestimmt, in welcher die Zurücklegung des Schwerpunktes bewirkt werden kann, so bestimmt sich die Grenze für das Zurücknehmen von Hals und Kopf durch die Möglichkeit des Verharrens darin bei langer Dauer und durch die Verminderung der fördernden Kraft der Hinterhand, welche die vermehrte Belastung derselben mit sich bringt — mithin durch die verminderte Geschwindigkeit. Es würde sich leicht eine normale Haltung bezeichnen lassen, wenn nicht so unendlich viele Eventualitäten auf dieselbe einwirkten. Wir haben beim Kapitel vom Schwerpunkte gesehen, dass mancherlei Aenderungen in Gestaltung des Halses und Halsansatzes auf die Belastung der Vorhand gar verschieden wirken. Sie sind es aber nicht allein, die auf sie wirken. Es ist die mehr oder minder grosse Befähigung des ganzen Thieres, seinen Schwerpunkt zu verlegen, und die Rücksichtnahme auf Wechselwirkung der abschie- benden und tragenden Kraft, welche demnächst hinzutreten. Ebenso wird der Grad der natürlichen Biegsamkeit der Gelenke der Hinterhand sehr berücksichtigt werden müssen. Wie sehr die Gestaltung des Rückens unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, sahen wir schon früher. Ein hohes, kurzes, schmales Pferd mit nachgiebigem Rücken und Beinen, welche, weit unter den Leib gerückt, mehr tragen als schieben, wird im Stande sein, schnell seinen Schwerpunkt so weit nach rückwärts zu ver- legen, dass die Hinterbeine senkrecht unter denselben fallen, und so die Last stützen und aufnehmen, mithin wird es kein bedeuten- des Zurücknehmen des Halses nöthig machen. Jede zu bedeutende Erhebung desselben würde die Räumigkeit des Ganges unter das Niveau herabbringen. Umgekehrt ein niederbeiniges, breites, langes Pferd mit straffem Rücken, dessen Beine so gestellt sind, dass sie lieber fördern als stützen, wird einer hohen Stellung bedürfen, bei welcher das Loth aus dem Schwerpunkte des Halses die Unter- stützungsfläche möglichst weit nach rückwärts trifft, damit die Ver- legung des Schwerpunktes nicht weit zu sein braucht, und die schwer untertretenden Gliedmassen den weiter zurückliegenden Schwerpunkt leichter erreichen können, und so nicht eines zu weiten Weges bedürfen.

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/123>, abgerufen am 27.04.2024.