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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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Vom Gehorsam.
an Zeit, sich bei so vielen Pferden lange mit einem zu beschäftigen;
und man bringt es so dahin, dass, indem heute die Unart des
einen, morgen die des andern unbeachtet bleibt, sie ihnen zur
später schwer zu bekämpfenden Gewohnheit werden, und so mehr
oder weniger alle nichts lernen, und die Zeit an allen ver-
schwendet ist
. Daher der grosse Einfluss, den der Tausch
der Reiter
auf das Gehen der Pferde hat, daher die Noth-
wendigkeit des wochenlangen Einreitens, damit der Reiter lerne,
welche Hülfe das Thier duldet, und welche er zu vermeiden hat,
damit die Unart nicht hervortrete. Obschon jedes Thier seinem
Gebäude und Temperamente nach einer anderen Zusammenstellung
und es auch einiger Zeit bedarf, um die Stärke der Zeichen kennen
zu lernen, an die das Pferd gewöhnt worden, so wird es bei eini-
ger Reitfertigkeit doch nur einer Viertelstunde bedürfen, um den
Reiter hierüber ins Klare zu bringen.

Es giebt aber eine Menge Reitlehrer, denen jede Uebungs-
stunde
eine Productionsstunde ist, eine Stunde, in der sie
zeigen, was die Pferde können, und nicht eine Stunde, ihnen etwas
zu lehren; Lehrer, die sich selbst bei zu dressirenden Pferden
freuen, wenn nichts den gewöhnlichen Verlauf Störendes vorfiel,
und das Zutagekommen jeder Unart und jedes Ungehorsams
sorgfältigst vermieden wurde, statt sich zu freuen, wenn diese sich
entdeckten und so Gelegenheit gaben, rechtzeitig und mit
den geeigneten Mitteln ihnen entgegenzutreten. Andere
begnügen sich mit dem Scheine, ihren Willen erreicht
zu haben
. Will z. B. ein Pferd nicht zurücktreten, weigert es,
obschon durch die Dressur bereits dahin belehrt, die Verlegung
des Schwerpunktes, stemmt es die gestreckten Hinterfüsse der
Verlegung des Schwerpunktes entgegen, so scheint es zu weitläufig,
Untertreten, Zusammenstellung des Halses etc. zu prüfen und
nöthigenfalls zu erzielen. Man begnügt sich durch einen Schlag
auf Beine oder Nase, das Thier zurückzubringen. Ob aber das Thier
dennoch seinen Willen durchgesetzt, ob auch weder Hals noch Hanke
gebogen, ist ihnen gleichgültig; sie glauben als Sieger davon zu
gehen, obschon dem Thiere der Sieg geblieben, und der Unge-
horsam bestens angebahnt ist.

Ein anderer Fehler ist dem Zuhochspannen der Anfor-
derung
nahe verwandt. Es ist das zulange Andauern von

v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. I. Th. 6

Vom Gehorsam.
an Zeit, sich bei so vielen Pferden lange mit einem zu beschäftigen;
und man bringt es so dahin, dass, indem heute die Unart des
einen, morgen die des andern unbeachtet bleibt, sie ihnen zur
später schwer zu bekämpfenden Gewohnheit werden, und so mehr
oder weniger alle nichts lernen, und die Zeit an allen ver-
schwendet ist
. Daher der grosse Einfluss, den der Tausch
der Reiter
auf das Gehen der Pferde hat, daher die Noth-
wendigkeit des wochenlangen Einreitens, damit der Reiter lerne,
welche Hülfe das Thier duldet, und welche er zu vermeiden hat,
damit die Unart nicht hervortrete. Obschon jedes Thier seinem
Gebäude und Temperamente nach einer anderen Zusammenstellung
und es auch einiger Zeit bedarf, um die Stärke der Zeichen kennen
zu lernen, an die das Pferd gewöhnt worden, so wird es bei eini-
ger Reitfertigkeit doch nur einer Viertelstunde bedürfen, um den
Reiter hierüber ins Klare zu bringen.

Es giebt aber eine Menge Reitlehrer, denen jede Uebungs-
stunde
eine Productionsstunde ist, eine Stunde, in der sie
zeigen, was die Pferde können, und nicht eine Stunde, ihnen etwas
zu lehren; Lehrer, die sich selbst bei zu dressirenden Pferden
freuen, wenn nichts den gewöhnlichen Verlauf Störendes vorfiel,
und das Zutagekommen jeder Unart und jedes Ungehorsams
sorgfältigst vermieden wurde, statt sich zu freuen, wenn diese sich
entdeckten und so Gelegenheit gaben, rechtzeitig und mit
den geeigneten Mitteln ihnen entgegenzutreten. Andere
begnügen sich mit dem Scheine, ihren Willen erreicht
zu haben
. Will z. B. ein Pferd nicht zurücktreten, weigert es,
obschon durch die Dressur bereits dahin belehrt, die Verlegung
des Schwerpunktes, stemmt es die gestreckten Hinterfüsse der
Verlegung des Schwerpunktes entgegen, so scheint es zu weitläufig,
Untertreten, Zusammenstellung des Halses etc. zu prüfen und
nöthigenfalls zu erzielen. Man begnügt sich durch einen Schlag
auf Beine oder Nase, das Thier zurückzubringen. Ob aber das Thier
dennoch seinen Willen durchgesetzt, ob auch weder Hals noch Hanke
gebogen, ist ihnen gleichgültig; sie glauben als Sieger davon zu
gehen, obschon dem Thiere der Sieg geblieben, und der Unge-
horsam bestens angebahnt ist.

Ein anderer Fehler ist dem Zuhochspannen der Anfor-
derung
nahe verwandt. Es ist das zulange Andauern von

v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. I. Th. 6
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[81/0103] Vom Gehorsam. an Zeit, sich bei so vielen Pferden lange mit einem zu beschäftigen; und man bringt es so dahin, dass, indem heute die Unart des einen, morgen die des andern unbeachtet bleibt, sie ihnen zur später schwer zu bekämpfenden Gewohnheit werden, und so mehr oder weniger alle nichts lernen, und die Zeit an allen ver- schwendet ist. Daher der grosse Einfluss, den der Tausch der Reiter auf das Gehen der Pferde hat, daher die Noth- wendigkeit des wochenlangen Einreitens, damit der Reiter lerne, welche Hülfe das Thier duldet, und welche er zu vermeiden hat, damit die Unart nicht hervortrete. Obschon jedes Thier seinem Gebäude und Temperamente nach einer anderen Zusammenstellung und es auch einiger Zeit bedarf, um die Stärke der Zeichen kennen zu lernen, an die das Pferd gewöhnt worden, so wird es bei eini- ger Reitfertigkeit doch nur einer Viertelstunde bedürfen, um den Reiter hierüber ins Klare zu bringen. Es giebt aber eine Menge Reitlehrer, denen jede Uebungs- stunde eine Productionsstunde ist, eine Stunde, in der sie zeigen, was die Pferde können, und nicht eine Stunde, ihnen etwas zu lehren; Lehrer, die sich selbst bei zu dressirenden Pferden freuen, wenn nichts den gewöhnlichen Verlauf Störendes vorfiel, und das Zutagekommen jeder Unart und jedes Ungehorsams sorgfältigst vermieden wurde, statt sich zu freuen, wenn diese sich entdeckten und so Gelegenheit gaben, rechtzeitig und mit den geeigneten Mitteln ihnen entgegenzutreten. Andere begnügen sich mit dem Scheine, ihren Willen erreicht zu haben. Will z. B. ein Pferd nicht zurücktreten, weigert es, obschon durch die Dressur bereits dahin belehrt, die Verlegung des Schwerpunktes, stemmt es die gestreckten Hinterfüsse der Verlegung des Schwerpunktes entgegen, so scheint es zu weitläufig, Untertreten, Zusammenstellung des Halses etc. zu prüfen und nöthigenfalls zu erzielen. Man begnügt sich durch einen Schlag auf Beine oder Nase, das Thier zurückzubringen. Ob aber das Thier dennoch seinen Willen durchgesetzt, ob auch weder Hals noch Hanke gebogen, ist ihnen gleichgültig; sie glauben als Sieger davon zu gehen, obschon dem Thiere der Sieg geblieben, und der Unge- horsam bestens angebahnt ist. Ein anderer Fehler ist dem Zuhochspannen der Anfor- derung nahe verwandt. Es ist das zulange Andauern von v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. I. Th. 6

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/103>, abgerufen am 27.11.2024.