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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Allgemeine Thierzuchtlehre.
eine leichtere Verdaulichkeit gegenüber den schwerer verdaulichen Körnern aus. Den
meisten Effect mit der Körnerfütterung erzielt man bei Jungvieh, Mast- und Arbeits-
vieh. Zu den am leichtesten verdaulichen Körnerfrüchten zählt der Hafer. Die
Güte desselben hängt von der Schwere des Kernes ab. Er bildet mit Häcksel das
Hauptfutter für Pferde. Als Kraftfutter eignet er sich vornehmlich für Jungvieh,
Zuchtthiere, tragende und säugende Kühe. Jungen Ferkeln wird er am zweck-
mäßigsten in Form von gekochter Mehlsuppe verabreicht. Als Ersatz für den Hafer
wird die Gerste verwendet, welche jedoch in der Gedeihlichkeit gegen ersteren zurück-
steht. Als Futter für Mastochsen und Mastschafe steht das Gerstenschrot obenan.
Der Roggen ist als schwer verdaulich nur für Arbeitsthiere zu verwenden. Der
Weizen wird, seines hohen Preises wegen, selten zur Viehfütterung verwendet.
Der Mais ist im geschrotenen Zustande ein vortreffliches Mastfutter für Wieder-
käuer und Schweine, er liefert ein kerniges, wohlschmeckendes Fett. Bei Arbeits-
pferden kann der Mais einen Theil des Körnerfutters ersetzen. Die Hülsenfrüchte,
besonders Wicken, Pferdebohnen, fördern insbesondere die Ausmästung der
Thiere. In Gaben von 1--1.5 Kilogr. pro Tag und Haupt wirken sie, insbesondere
die Bohnen, stimulirend auf die Geschlechtsorgane. Für junge, wachsende Thiere
eignen sich namentlich Bohnen und Erbsen wegen ihres Gehaltes an phosphor-
sauren Salzen (11.1 resp. 8.1 % Phosphorsäure und 1.33 resp. 1.35 % Kalk).
Die Oelfruchtsamen enthalten neben Protein auch Fett. Im rohen Zustande oder
als Schleim wird der Leinsame mit Vortheil an säugende Mütter und in seiner
Entwickelung zurückgebliebenes Jungvieh aller Gattungen von Nutzthieren verabreicht.
Baumfrüchte, wie Eicheln, Roßkastanien, Akaziensamen können als Mehl oder
im gedörrten Zustande, neben Rüben, an Milch- und Mastvieh in täglichen Gaben
von 2.5--5 Kilogr. resp. 10 Kilogr. verwerthet werden.

7. Die gewerblichen Producte und Abfälle.

Der Werth der gewerblichen Producte und Abfälle richtet sich nach der Natur
der Fabrication, von welcher sie herstammen. Häufig werden an Stelle des theueren
Körnerschrotes die Abfälle der Mehlfabrication als Kleie, Fußmehl verfüttert.
In der Kleie ist das Nährstoffverhältniß ein engeres als in den Körnern. Wegen
ihres Proteinreichthumes ist es wirthschaftlich, Kleie statt Körner zu verfüttern,
nachdem stickstofffreie Nährstoffe billiger durch Rüben, Stroh etc. zu beschaffen sind.
Außerdem sind die Kleien holzfaserreich und reich an phosphorsauren Salzen, weshalb
sie sich, namentlich die Weizenkleie, zur Aufzucht des Jungviehes eignen. Als
Beifutter erhalten Pferde 2 Kilogr., Milchkühe 3--4 Kilogr., Mastschafe 0.5 Kilogr.
und Schweine 0.5 bis 1 Kilogr. Kleie pro Tag und Haupt. Andere Mehlabfälle
werden am zweckmäßigsten als Tränke verabreicht.

Die Abfälle der Oelfabriken, als Raps-, Rübsen-, Lein-, Mohn-
kuchen
etc., zeichnen sich durch hohen Gehalt an Protein neben Fett aus. Sie
übertreffen in dieser Beziehung selbst die Hülsenfrüchte. Wegen ihrer leichten Ver-
daulichkeit verursachen sie, im Uebermaße gereicht, leicht Verdauungsschwäche. Außer-

Allgemeine Thierzuchtlehre.
eine leichtere Verdaulichkeit gegenüber den ſchwerer verdaulichen Körnern aus. Den
meiſten Effect mit der Körnerfütterung erzielt man bei Jungvieh, Maſt- und Arbeits-
vieh. Zu den am leichteſten verdaulichen Körnerfrüchten zählt der Hafer. Die
Güte deſſelben hängt von der Schwere des Kernes ab. Er bildet mit Häckſel das
Hauptfutter für Pferde. Als Kraftfutter eignet er ſich vornehmlich für Jungvieh,
Zuchtthiere, tragende und ſäugende Kühe. Jungen Ferkeln wird er am zweck-
mäßigſten in Form von gekochter Mehlſuppe verabreicht. Als Erſatz für den Hafer
wird die Gerſte verwendet, welche jedoch in der Gedeihlichkeit gegen erſteren zurück-
ſteht. Als Futter für Maſtochſen und Maſtſchafe ſteht das Gerſtenſchrot obenan.
Der Roggen iſt als ſchwer verdaulich nur für Arbeitsthiere zu verwenden. Der
Weizen wird, ſeines hohen Preiſes wegen, ſelten zur Viehfütterung verwendet.
Der Mais iſt im geſchrotenen Zuſtande ein vortreffliches Maſtfutter für Wieder-
käuer und Schweine, er liefert ein kerniges, wohlſchmeckendes Fett. Bei Arbeits-
pferden kann der Mais einen Theil des Körnerfutters erſetzen. Die Hülſenfrüchte,
beſonders Wicken, Pferdebohnen, fördern insbeſondere die Ausmäſtung der
Thiere. In Gaben von 1—1.5 Kilogr. pro Tag und Haupt wirken ſie, insbeſondere
die Bohnen, ſtimulirend auf die Geſchlechtsorgane. Für junge, wachſende Thiere
eignen ſich namentlich Bohnen und Erbſen wegen ihres Gehaltes an phosphor-
ſauren Salzen (11.1 reſp. 8.1 % Phosphorſäure und 1.33 reſp. 1.35 % Kalk).
Die Oelfruchtſamen enthalten neben Proteïn auch Fett. Im rohen Zuſtande oder
als Schleim wird der Leinſame mit Vortheil an ſäugende Mütter und in ſeiner
Entwickelung zurückgebliebenes Jungvieh aller Gattungen von Nutzthieren verabreicht.
Baumfrüchte, wie Eicheln, Roßkaſtanien, Akazienſamen können als Mehl oder
im gedörrten Zuſtande, neben Rüben, an Milch- und Maſtvieh in täglichen Gaben
von 2.5—5 Kilogr. reſp. 10 Kilogr. verwerthet werden.

7. Die gewerblichen Producte und Abfälle.

Der Werth der gewerblichen Producte und Abfälle richtet ſich nach der Natur
der Fabrication, von welcher ſie herſtammen. Häufig werden an Stelle des theueren
Körnerſchrotes die Abfälle der Mehlfabrication als Kleie, Fußmehl verfüttert.
In der Kleie iſt das Nährſtoffverhältniß ein engeres als in den Körnern. Wegen
ihres Proteïnreichthumes iſt es wirthſchaftlich, Kleie ſtatt Körner zu verfüttern,
nachdem ſtickſtofffreie Nährſtoffe billiger durch Rüben, Stroh ꝛc. zu beſchaffen ſind.
Außerdem ſind die Kleien holzfaſerreich und reich an phosphorſauren Salzen, weshalb
ſie ſich, namentlich die Weizenkleie, zur Aufzucht des Jungviehes eignen. Als
Beifutter erhalten Pferde 2 Kilogr., Milchkühe 3—4 Kilogr., Maſtſchafe 0.5 Kilogr.
und Schweine 0.5 bis 1 Kilogr. Kleie pro Tag und Haupt. Andere Mehlabfälle
werden am zweckmäßigſten als Tränke verabreicht.

Die Abfälle der Oelfabriken, als Raps-, Rübſen-, Lein-, Mohn-
kuchen
ꝛc., zeichnen ſich durch hohen Gehalt an Proteïn neben Fett aus. Sie
übertreffen in dieſer Beziehung ſelbſt die Hülſenfrüchte. Wegen ihrer leichten Ver-
daulichkeit verurſachen ſie, im Uebermaße gereicht, leicht Verdauungsſchwäche. Außer-

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[68/0084] Allgemeine Thierzuchtlehre. eine leichtere Verdaulichkeit gegenüber den ſchwerer verdaulichen Körnern aus. Den meiſten Effect mit der Körnerfütterung erzielt man bei Jungvieh, Maſt- und Arbeits- vieh. Zu den am leichteſten verdaulichen Körnerfrüchten zählt der Hafer. Die Güte deſſelben hängt von der Schwere des Kernes ab. Er bildet mit Häckſel das Hauptfutter für Pferde. Als Kraftfutter eignet er ſich vornehmlich für Jungvieh, Zuchtthiere, tragende und ſäugende Kühe. Jungen Ferkeln wird er am zweck- mäßigſten in Form von gekochter Mehlſuppe verabreicht. Als Erſatz für den Hafer wird die Gerſte verwendet, welche jedoch in der Gedeihlichkeit gegen erſteren zurück- ſteht. Als Futter für Maſtochſen und Maſtſchafe ſteht das Gerſtenſchrot obenan. Der Roggen iſt als ſchwer verdaulich nur für Arbeitsthiere zu verwenden. Der Weizen wird, ſeines hohen Preiſes wegen, ſelten zur Viehfütterung verwendet. Der Mais iſt im geſchrotenen Zuſtande ein vortreffliches Maſtfutter für Wieder- käuer und Schweine, er liefert ein kerniges, wohlſchmeckendes Fett. Bei Arbeits- pferden kann der Mais einen Theil des Körnerfutters erſetzen. Die Hülſenfrüchte, beſonders Wicken, Pferdebohnen, fördern insbeſondere die Ausmäſtung der Thiere. In Gaben von 1—1.5 Kilogr. pro Tag und Haupt wirken ſie, insbeſondere die Bohnen, ſtimulirend auf die Geſchlechtsorgane. Für junge, wachſende Thiere eignen ſich namentlich Bohnen und Erbſen wegen ihres Gehaltes an phosphor- ſauren Salzen (11.1 reſp. 8.1 % Phosphorſäure und 1.33 reſp. 1.35 % Kalk). Die Oelfruchtſamen enthalten neben Proteïn auch Fett. Im rohen Zuſtande oder als Schleim wird der Leinſame mit Vortheil an ſäugende Mütter und in ſeiner Entwickelung zurückgebliebenes Jungvieh aller Gattungen von Nutzthieren verabreicht. Baumfrüchte, wie Eicheln, Roßkaſtanien, Akazienſamen können als Mehl oder im gedörrten Zuſtande, neben Rüben, an Milch- und Maſtvieh in täglichen Gaben von 2.5—5 Kilogr. reſp. 10 Kilogr. verwerthet werden. 7. Die gewerblichen Producte und Abfälle. Der Werth der gewerblichen Producte und Abfälle richtet ſich nach der Natur der Fabrication, von welcher ſie herſtammen. Häufig werden an Stelle des theueren Körnerſchrotes die Abfälle der Mehlfabrication als Kleie, Fußmehl verfüttert. In der Kleie iſt das Nährſtoffverhältniß ein engeres als in den Körnern. Wegen ihres Proteïnreichthumes iſt es wirthſchaftlich, Kleie ſtatt Körner zu verfüttern, nachdem ſtickſtofffreie Nährſtoffe billiger durch Rüben, Stroh ꝛc. zu beſchaffen ſind. Außerdem ſind die Kleien holzfaſerreich und reich an phosphorſauren Salzen, weshalb ſie ſich, namentlich die Weizenkleie, zur Aufzucht des Jungviehes eignen. Als Beifutter erhalten Pferde 2 Kilogr., Milchkühe 3—4 Kilogr., Maſtſchafe 0.5 Kilogr. und Schweine 0.5 bis 1 Kilogr. Kleie pro Tag und Haupt. Andere Mehlabfälle werden am zweckmäßigſten als Tränke verabreicht. Die Abfälle der Oelfabriken, als Raps-, Rübſen-, Lein-, Mohn- kuchen ꝛc., zeichnen ſich durch hohen Gehalt an Proteïn neben Fett aus. Sie übertreffen in dieſer Beziehung ſelbſt die Hülſenfrüchte. Wegen ihrer leichten Ver- daulichkeit verurſachen ſie, im Uebermaße gereicht, leicht Verdauungsſchwäche. Außer-

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/84>, abgerufen am 24.11.2024.