Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rindviehzucht.
4. Die Ernährung.

Die Ernährung des Rindviehes findet entweder auf der Weide oder im Stalle
statt. Sie richtet sich vornehmlich nach dem Nutzungszwecke. Bei derselben ist zu
beachten: 1. die Weidefütterung, 2. die Stallfütterung, 3. die Fütterung des
Milchviehes, 4. die Fütterung des Zugviehes und 5. die Fütterung des Mastviehes.

1. Die Weidefütterung.

Obgleich die Weidefütterung als naturgemäße Ernährungsweise anzusehen ist,
kommt dieselbe wegen der erschwerten Düngergewinnung nur dort regelmäßig vor,
wo Ueberschwemmungsterrain, Marschen, Gebirgsländereien, extensiver Wirthschafts-
betrieb, geringer Bodenwerth, dünne Bevölkerung, große Wirthschaftskörper etc. eine
Benutzung des Bodens durch Ackercultur nicht vortheilhaft oder nicht möglich machen.
Die Weideernährung bietet den Vortheil, daß das Futter stets frisch und in guter
Mischung aufgenommen wird, daß die Kosten der Einerntung des Futters und das
Streumaterial erspart werden. Dagegen hat sie den Nachtheil, daß die Ernährung
bei schlechter Beschaffenheit der Weide sehr ungleich ausfällt, daß die Thiere den
klimatischen Wechselfällen und daher Krankheiten zu sehr ausgesetzt sind. Bei inten-
siverem Wirthschaftsbetriebe ist es noch am vortheilhaftesten, die Winterstallfütterung
mit der Weideernährung im Sommer zu vereinigen und die verschiedenen Kleegras-
schläge bei der Koppelwirthschaft, die Stoppelfelder, Futterfelder, Wiesen nach der
Heuernte durch Abweiden auszunutzen.

In Betreff der Verdaulichkeit des Weidefutters gegenüber dem Mähefutter liegen Ver-
suche von Weiske 1) vor, welcher das Futter (Gemenge von Rothklee, Wundklee und Gras)
zweimal abmähen und mit der Hand rupfen ließ, um das Abgrasen der jungen Triebe etc.
durch das Weidevieh nachzuahmen. In Procenten der Futterbestandtheile wurden von zwei
Hammeln im Mittel verdaut:

[Tabelle]

Die pro 0.25 Hectare geernteten, verdaulichen Nährstoffe berechnen sich wie folgt:

[Tabelle]

Wie sich diese Verhältnisse für künstliches oder natürliches Weideland herausstellen, ist
durch den Versuch noch nicht nachgewiesen worden.

1) Beitrag zur Frage über Weidewirthschaft und Stallfütterung, Breslau 1871, S. 18.
Die Rindviehzucht.
4. Die Ernährung.

Die Ernährung des Rindviehes findet entweder auf der Weide oder im Stalle
ſtatt. Sie richtet ſich vornehmlich nach dem Nutzungszwecke. Bei derſelben iſt zu
beachten: 1. die Weidefütterung, 2. die Stallfütterung, 3. die Fütterung des
Milchviehes, 4. die Fütterung des Zugviehes und 5. die Fütterung des Maſtviehes.

1. Die Weidefütterung.

Obgleich die Weidefütterung als naturgemäße Ernährungsweiſe anzuſehen iſt,
kommt dieſelbe wegen der erſchwerten Düngergewinnung nur dort regelmäßig vor,
wo Ueberſchwemmungsterrain, Marſchen, Gebirgsländereien, extenſiver Wirthſchafts-
betrieb, geringer Bodenwerth, dünne Bevölkerung, große Wirthſchaftskörper ꝛc. eine
Benutzung des Bodens durch Ackercultur nicht vortheilhaft oder nicht möglich machen.
Die Weideernährung bietet den Vortheil, daß das Futter ſtets friſch und in guter
Miſchung aufgenommen wird, daß die Koſten der Einerntung des Futters und das
Streumaterial erſpart werden. Dagegen hat ſie den Nachtheil, daß die Ernährung
bei ſchlechter Beſchaffenheit der Weide ſehr ungleich ausfällt, daß die Thiere den
klimatiſchen Wechſelfällen und daher Krankheiten zu ſehr ausgeſetzt ſind. Bei inten-
ſiverem Wirthſchaftsbetriebe iſt es noch am vortheilhafteſten, die Winterſtallfütterung
mit der Weideernährung im Sommer zu vereinigen und die verſchiedenen Kleegras-
ſchläge bei der Koppelwirthſchaft, die Stoppelfelder, Futterfelder, Wieſen nach der
Heuernte durch Abweiden auszunutzen.

In Betreff der Verdaulichkeit des Weidefutters gegenüber dem Mähefutter liegen Ver-
ſuche von Weiske 1) vor, welcher das Futter (Gemenge von Rothklee, Wundklee und Gras)
zweimal abmähen und mit der Hand rupfen ließ, um das Abgraſen der jungen Triebe ꝛc.
durch das Weidevieh nachzuahmen. In Procenten der Futterbeſtandtheile wurden von zwei
Hammeln im Mittel verdaut:

[Tabelle]

Die pro 0.25 Hectare geernteten, verdaulichen Nährſtoffe berechnen ſich wie folgt:

[Tabelle]

Wie ſich dieſe Verhältniſſe für künſtliches oder natürliches Weideland herausſtellen, iſt
durch den Verſuch noch nicht nachgewieſen worden.

1) Beitrag zur Frage über Weidewirthſchaft und Stallfütterung, Breslau 1871, S. 18.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0139" n="123"/>
            <fw place="top" type="header">Die Rindviehzucht.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">4. Die Ernährung.</hi> </head><lb/>
              <p>Die Ernährung des Rindviehes findet entweder auf der Weide oder im Stalle<lb/>
&#x017F;tatt. Sie richtet &#x017F;ich vornehmlich nach dem Nutzungszwecke. Bei der&#x017F;elben i&#x017F;t zu<lb/>
beachten: 1. die Weidefütterung, 2. die Stallfütterung, 3. die Fütterung des<lb/>
Milchviehes, 4. die Fütterung des Zugviehes und 5. die Fütterung des Ma&#x017F;tviehes.</p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">1. Die Weidefütterung.</hi> </head><lb/>
                <p>Obgleich die Weidefütterung als naturgemäße Ernährungswei&#x017F;e anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t,<lb/>
kommt die&#x017F;elbe wegen der er&#x017F;chwerten Düngergewinnung nur dort regelmäßig vor,<lb/>
wo Ueber&#x017F;chwemmungsterrain, Mar&#x017F;chen, Gebirgsländereien, exten&#x017F;iver Wirth&#x017F;chafts-<lb/>
betrieb, geringer Bodenwerth, dünne Bevölkerung, große Wirth&#x017F;chaftskörper &#xA75B;c. eine<lb/>
Benutzung des Bodens durch Ackercultur nicht vortheilhaft oder nicht möglich machen.<lb/>
Die Weideernährung bietet den Vortheil, daß das Futter &#x017F;tets fri&#x017F;ch und in guter<lb/>
Mi&#x017F;chung aufgenommen wird, daß die Ko&#x017F;ten der Einerntung des Futters und das<lb/>
Streumaterial er&#x017F;part werden. Dagegen hat &#x017F;ie den Nachtheil, daß die Ernährung<lb/>
bei &#x017F;chlechter Be&#x017F;chaffenheit der Weide &#x017F;ehr ungleich ausfällt, daß die Thiere den<lb/>
klimati&#x017F;chen Wech&#x017F;elfällen und daher Krankheiten zu &#x017F;ehr ausge&#x017F;etzt &#x017F;ind. Bei inten-<lb/>
&#x017F;iverem Wirth&#x017F;chaftsbetriebe i&#x017F;t es noch am vortheilhafte&#x017F;ten, die Winter&#x017F;tallfütterung<lb/>
mit der Weideernährung im Sommer zu vereinigen und die ver&#x017F;chiedenen Kleegras-<lb/>
&#x017F;chläge bei der Koppelwirth&#x017F;chaft, die Stoppelfelder, Futterfelder, Wie&#x017F;en nach der<lb/>
Heuernte durch Abweiden auszunutzen.</p><lb/>
                <p>In Betreff der Verdaulichkeit des Weidefutters gegenüber dem Mähefutter liegen Ver-<lb/>
&#x017F;uche von Weiske <note place="foot" n="1)">Beitrag zur Frage über Weidewirth&#x017F;chaft und Stallfütterung, Breslau 1871, S. 18.</note> vor, welcher das Futter (Gemenge von Rothklee, Wundklee und Gras)<lb/>
zweimal abmähen und mit der Hand rupfen ließ, um das Abgra&#x017F;en der jungen Triebe &#xA75B;c.<lb/>
durch das Weidevieh nachzuahmen. In Procenten der Futterbe&#x017F;tandtheile wurden von zwei<lb/>
Hammeln im Mittel verdaut:</p><lb/>
                <table>
                  <row>
                    <cell/>
                  </row>
                </table>
                <p>Die pro 0.25 Hectare geernteten, verdaulichen Nähr&#x017F;toffe berechnen &#x017F;ich wie folgt:</p><lb/>
                <table>
                  <row>
                    <cell/>
                  </row>
                </table>
                <p>Wie &#x017F;ich die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e für kün&#x017F;tliches oder natürliches Weideland heraus&#x017F;tellen, i&#x017F;t<lb/>
durch den Ver&#x017F;uch noch nicht nachgewie&#x017F;en worden.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0139] Die Rindviehzucht. 4. Die Ernährung. Die Ernährung des Rindviehes findet entweder auf der Weide oder im Stalle ſtatt. Sie richtet ſich vornehmlich nach dem Nutzungszwecke. Bei derſelben iſt zu beachten: 1. die Weidefütterung, 2. die Stallfütterung, 3. die Fütterung des Milchviehes, 4. die Fütterung des Zugviehes und 5. die Fütterung des Maſtviehes. 1. Die Weidefütterung. Obgleich die Weidefütterung als naturgemäße Ernährungsweiſe anzuſehen iſt, kommt dieſelbe wegen der erſchwerten Düngergewinnung nur dort regelmäßig vor, wo Ueberſchwemmungsterrain, Marſchen, Gebirgsländereien, extenſiver Wirthſchafts- betrieb, geringer Bodenwerth, dünne Bevölkerung, große Wirthſchaftskörper ꝛc. eine Benutzung des Bodens durch Ackercultur nicht vortheilhaft oder nicht möglich machen. Die Weideernährung bietet den Vortheil, daß das Futter ſtets friſch und in guter Miſchung aufgenommen wird, daß die Koſten der Einerntung des Futters und das Streumaterial erſpart werden. Dagegen hat ſie den Nachtheil, daß die Ernährung bei ſchlechter Beſchaffenheit der Weide ſehr ungleich ausfällt, daß die Thiere den klimatiſchen Wechſelfällen und daher Krankheiten zu ſehr ausgeſetzt ſind. Bei inten- ſiverem Wirthſchaftsbetriebe iſt es noch am vortheilhafteſten, die Winterſtallfütterung mit der Weideernährung im Sommer zu vereinigen und die verſchiedenen Kleegras- ſchläge bei der Koppelwirthſchaft, die Stoppelfelder, Futterfelder, Wieſen nach der Heuernte durch Abweiden auszunutzen. In Betreff der Verdaulichkeit des Weidefutters gegenüber dem Mähefutter liegen Ver- ſuche von Weiske 1) vor, welcher das Futter (Gemenge von Rothklee, Wundklee und Gras) zweimal abmähen und mit der Hand rupfen ließ, um das Abgraſen der jungen Triebe ꝛc. durch das Weidevieh nachzuahmen. In Procenten der Futterbeſtandtheile wurden von zwei Hammeln im Mittel verdaut: Die pro 0.25 Hectare geernteten, verdaulichen Nährſtoffe berechnen ſich wie folgt: Wie ſich dieſe Verhältniſſe für künſtliches oder natürliches Weideland herausſtellen, iſt durch den Verſuch noch nicht nachgewieſen worden. 1) Beitrag zur Frage über Weidewirthſchaft und Stallfütterung, Breslau 1871, S. 18.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/139
Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/139>, abgerufen am 27.11.2024.