Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.Die Knollen- und Wurzelfrüchte. Um die Pflanzstellen wird kranzförmig der Dünger und in die freibleibende Mitte der Pflanz-stelle die Knolle mit dem Nabel (der Ansatzstelle der Stolone) nach oben gelegt. Sind die Triebe 13--16 Ctm. lang geworden, so werden sie vorsichtig behäufelt, indem die Erde auf und zwischen die sternförmig niedergebogenen Triebe gegeben wird, so zwar, daß die beblätterten Spitzen der Zweige unbedeckt bleiben. Bei öfterer Wiederholung dieser Ope- ration bildet sich ein flacher Erdhügel, an dessen unterem Rande die Triebe hervor- sehen, während die Spitze, unter welcher die Knollen sich ausbilden, von dem Kraute frei bleiben. Durch dieses Culturverfahren soll die Stolouenbildung und der Knollenansatz be- fördert und zugleich ein wirksamer Schutz gegen die Kartoffelkrankheit erzielt werden. Die Untersuchungen Kühn's u. A. haben jedoch dargethan, daß das Gülich'sche Verfahren kein Schutzmittel gegen die Krankheit abgibt und daß zwar von dem einzelnen Stocke ein größerer Ertrag, von der bestimmten Fläche aber wegen des zu großen Stockraumes nicht der höchste Ertrag erzielt wird. Dieses Verfahren ist daher nur dort am Platze, wo es gilt, eine einzelne Knolle, wie z. B. bei der Einführung neuer und daher oft kostspieliger Sorten, zur möglichst reichen Vermehrung zu bringen. Bei der Blattentwickelung der Kartoffelpflanze stellen sich verhältnißmäßig wenige Den Erkrankungen durch Pilze sind die [Abbildung]
Fig. 90. daß der Ertrag vollständig vernichtet wird. Zur Beobachtung kommen amWeiße Melde (Chenopodium album Kraute: Pinselschimmel (Penicillium roseum), Fleckenkrankheit (Sphaeria nebulosa u. dulcamarae). An Knollen: Pockenkrankheit, Schorf, Grind (Rhizoctonia solani Kühn). An faulenden Knollen: Kartoffel-Spindelschimmel (Fusisporium Solani Mart.), Trockenfäule (Spicaria solani Hartig). An Kraut und Knollen: Naßfäule, Kartoffelkrankheit, Kartoffelpilz (Peronospora infestans dBy.). Unter den genannten Pilzen tritt der Kartoffelpilz am häufigsten und ver- Krafft, Lehrb. d. Landw. II. 10
Die Knollen- und Wurzelfrüchte. Um die Pflanzſtellen wird kranzförmig der Dünger und in die freibleibende Mitte der Pflanz-ſtelle die Knolle mit dem Nabel (der Anſatzſtelle der Stolone) nach oben gelegt. Sind die Triebe 13—16 Ctm. lang geworden, ſo werden ſie vorſichtig behäufelt, indem die Erde auf und zwiſchen die ſternförmig niedergebogenen Triebe gegeben wird, ſo zwar, daß die beblätterten Spitzen der Zweige unbedeckt bleiben. Bei öfterer Wiederholung dieſer Ope- ration bildet ſich ein flacher Erdhügel, an deſſen unterem Rande die Triebe hervor- ſehen, während die Spitze, unter welcher die Knollen ſich ausbilden, von dem Kraute frei bleiben. Durch dieſes Culturverfahren ſoll die Stolouenbildung und der Knollenanſatz be- fördert und zugleich ein wirkſamer Schutz gegen die Kartoffelkrankheit erzielt werden. Die Unterſuchungen Kühn’s u. A. haben jedoch dargethan, daß das Gülich’ſche Verfahren kein Schutzmittel gegen die Krankheit abgibt und daß zwar von dem einzelnen Stocke ein größerer Ertrag, von der beſtimmten Fläche aber wegen des zu großen Stockraumes nicht der höchſte Ertrag erzielt wird. Dieſes Verfahren iſt daher nur dort am Platze, wo es gilt, eine einzelne Knolle, wie z. B. bei der Einführung neuer und daher oft koſtſpieliger Sorten, zur möglichſt reichen Vermehrung zu bringen. Bei der Blattentwickelung der Kartoffelpflanze ſtellen ſich verhältnißmäßig wenige Den Erkrankungen durch Pilze ſind die [Abbildung]
Fig. 90. daß der Ertrag vollſtändig vernichtet wird. Zur Beobachtung kommen amWeiße Melde (Chenopodium album Kraute: Pinſelſchimmel (Penicillium roseum), Fleckenkrankheit (Sphaeria nebulosa u. dulcamarae). An Knollen: Pockenkrankheit, Schorf, Grind (Rhizoctonia solani Kühn). An faulenden Knollen: Kartoffel-Spindelſchimmel (Fusisporium Solani Mart.), Trockenfäule (Spicaria solani Hartig). An Kraut und Knollen: Naßfäule, Kartoffelkrankheit, Kartoffelpilz (Peronospora infestans dBy.). Unter den genannten Pilzen tritt der Kartoffelpilz am häufigſten und ver- Krafft, Lehrb. d. Landw. II. 10
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0159" n="145"/><fw place="top" type="header">Die Knollen- und Wurzelfrüchte.</fw><lb/> Um die Pflanzſtellen wird kranzförmig der Dünger und in die freibleibende Mitte der Pflanz-<lb/> ſtelle die Knolle mit dem Nabel (der Anſatzſtelle der Stolone) nach oben gelegt. Sind<lb/> die Triebe 13—16 Ctm. lang geworden, ſo werden ſie vorſichtig behäufelt, indem die Erde<lb/> auf und zwiſchen die ſternförmig niedergebogenen Triebe gegeben wird, ſo zwar, daß die<lb/> beblätterten Spitzen der Zweige unbedeckt bleiben. Bei öfterer Wiederholung dieſer Ope-<lb/> ration bildet ſich ein flacher Erdhügel, an deſſen unterem Rande die Triebe hervor-<lb/> ſehen, während die Spitze, unter welcher die Knollen ſich ausbilden, von dem Kraute frei<lb/> bleiben. Durch dieſes Culturverfahren ſoll die Stolouenbildung und der Knollenanſatz be-<lb/> fördert und zugleich ein wirkſamer Schutz gegen die Kartoffelkrankheit erzielt werden. Die<lb/> Unterſuchungen Kühn’s u. A. haben jedoch dargethan, daß das Gülich’ſche Verfahren kein<lb/> Schutzmittel gegen die Krankheit abgibt und daß zwar von dem einzelnen Stocke ein größerer<lb/> Ertrag, von der beſtimmten Fläche aber wegen des zu großen Stockraumes nicht der höchſte<lb/> Ertrag erzielt wird. Dieſes Verfahren iſt daher nur dort am Platze, wo es gilt, eine<lb/> einzelne Knolle, wie z. B. bei der Einführung neuer und daher oft koſtſpieliger Sorten,<lb/> zur möglichſt reichen Vermehrung zu bringen.</p><lb/> <p>Bei der Blattentwickelung der Kartoffelpflanze ſtellen ſich verhältnißmäßig wenige<lb/> Samenunkräuter ein, um ſo mehr Wurzelunkräuter, wie Diſteln ꝛc., welche jedoch<lb/> durch das fleißige Behacken ſehr vermindert werden. Am häufigſten kommen ſolche<lb/> Samenunkräuter vor, welche, wie der Amaranth<lb/><hi rendition="#aq">(Amaranthus retroflexus L.)</hi> ☉, die Melde <hi rendition="#aq">(Atri-<lb/> plex)</hi> ☉, Fig. 44, S. 64, der Gänſefuß <hi rendition="#aq">(Chenopo-<lb/> dium)</hi> ☉, Fig. 90, im Schatten keimen. Außerdem<lb/> wird die Kartoffel auch von der großen oder euro-<lb/> päiſchen Seide <hi rendition="#aq">(Cuscuta europaea L.)</hi> ☉ heimgeſucht.</p><lb/> <p>Den Erkrankungen durch Pilze ſind die<lb/> Knollen und Krauttheile oft derart ausgeſetzt,<lb/><figure><head>Fig. 90. </head><p>Weiße Melde <hi rendition="#aq">(Chenopodium album<lb/> L.)</hi> ☉. — <hi rendition="#aq">a</hi> Schlauchfrucht in nat. Gr.;<lb/><hi rendition="#aq">b</hi> und <hi rendition="#aq">c</hi> dieſelbe vergr.; <hi rendition="#aq">d</hi> durchſchnittene<lb/> Frucht: α Würzelchen, β Endoſperm.</p></figure><lb/> daß der Ertrag vollſtändig vernichtet wird. Zur Beobachtung kommen am<lb/> Kraute: Pinſelſchimmel <hi rendition="#aq">(Penicillium roseum)</hi>, Fleckenkrankheit <hi rendition="#aq">(Sphaeria nebulosa</hi><lb/> u. <hi rendition="#aq">dulcamarae)</hi>. An Knollen: Pockenkrankheit, Schorf, Grind <hi rendition="#aq">(Rhizoctonia<lb/> solani Kühn)</hi>. An faulenden Knollen: Kartoffel-Spindelſchimmel <hi rendition="#aq">(Fusisporium<lb/> Solani Mart.)</hi>, Trockenfäule <hi rendition="#aq">(Spicaria solani Hartig)</hi>. An Kraut und Knollen:<lb/> Naßfäule, Kartoffelkrankheit, Kartoffelpilz <hi rendition="#aq">(Peronospora infestans dBy.)</hi>.</p><lb/> <p>Unter den genannten Pilzen tritt der Kartoffelpilz am häufigſten und ver-<lb/> heerendſten auf. Derſelbe bildet die Urſache der als Naß- oder Zellenfäule bekann-<lb/> ten Kartoffelkrankheit. In leicht erkennbarer Weiſe tritt die Krankheit gewöhnlich<lb/> im Juli oder im Auguſt auf, indem ſich zuerſt auf den Blättern und Stengeln miß-<lb/> farbige, weißumſäumte Flecken zeigen, welche raſch braun, dann ſchwarz werden und<lb/> das Abſterben des Krautes zur Folge haben. Die auf dem befallenen Laube er-<lb/> zeugten, zahlreichen Fortpflanzungsorgane <hi rendition="#aq">(Sporangien)</hi> des Kartoffelpilzes fallen ab<lb/> und werden durch den Regen in den Boden verbreitet. Bei der weiteren Entwicke-<lb/> lung treten aus der geplatzten Wand der Sporangien zahlreiche, bewegliche Schwärm-<lb/> zellen <hi rendition="#aq">(Zoosporen)</hi> hervor, welche zur Ruhe gekommen Keimſchläuche bilden. Die-<lb/> ſelben durchbohren die Oberhaut der jungen Knollen und bringen nunmehr auch<lb/> dieſe zum Erkranken und Verfaulen. Zur Abwehr dieſes verheerenden Pilzes kennt<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Krafft,</hi> Lehrb. d. Landw. <hi rendition="#aq">II.</hi> 10</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [145/0159]
Die Knollen- und Wurzelfrüchte.
Um die Pflanzſtellen wird kranzförmig der Dünger und in die freibleibende Mitte der Pflanz-
ſtelle die Knolle mit dem Nabel (der Anſatzſtelle der Stolone) nach oben gelegt. Sind
die Triebe 13—16 Ctm. lang geworden, ſo werden ſie vorſichtig behäufelt, indem die Erde
auf und zwiſchen die ſternförmig niedergebogenen Triebe gegeben wird, ſo zwar, daß die
beblätterten Spitzen der Zweige unbedeckt bleiben. Bei öfterer Wiederholung dieſer Ope-
ration bildet ſich ein flacher Erdhügel, an deſſen unterem Rande die Triebe hervor-
ſehen, während die Spitze, unter welcher die Knollen ſich ausbilden, von dem Kraute frei
bleiben. Durch dieſes Culturverfahren ſoll die Stolouenbildung und der Knollenanſatz be-
fördert und zugleich ein wirkſamer Schutz gegen die Kartoffelkrankheit erzielt werden. Die
Unterſuchungen Kühn’s u. A. haben jedoch dargethan, daß das Gülich’ſche Verfahren kein
Schutzmittel gegen die Krankheit abgibt und daß zwar von dem einzelnen Stocke ein größerer
Ertrag, von der beſtimmten Fläche aber wegen des zu großen Stockraumes nicht der höchſte
Ertrag erzielt wird. Dieſes Verfahren iſt daher nur dort am Platze, wo es gilt, eine
einzelne Knolle, wie z. B. bei der Einführung neuer und daher oft koſtſpieliger Sorten,
zur möglichſt reichen Vermehrung zu bringen.
Bei der Blattentwickelung der Kartoffelpflanze ſtellen ſich verhältnißmäßig wenige
Samenunkräuter ein, um ſo mehr Wurzelunkräuter, wie Diſteln ꝛc., welche jedoch
durch das fleißige Behacken ſehr vermindert werden. Am häufigſten kommen ſolche
Samenunkräuter vor, welche, wie der Amaranth
(Amaranthus retroflexus L.) ☉, die Melde (Atri-
plex) ☉, Fig. 44, S. 64, der Gänſefuß (Chenopo-
dium) ☉, Fig. 90, im Schatten keimen. Außerdem
wird die Kartoffel auch von der großen oder euro-
päiſchen Seide (Cuscuta europaea L.) ☉ heimgeſucht.
Den Erkrankungen durch Pilze ſind die
Knollen und Krauttheile oft derart ausgeſetzt,
[Abbildung Fig. 90. Weiße Melde (Chenopodium album
L.) ☉. — a Schlauchfrucht in nat. Gr.;
b und c dieſelbe vergr.; d durchſchnittene
Frucht: α Würzelchen, β Endoſperm.]
daß der Ertrag vollſtändig vernichtet wird. Zur Beobachtung kommen am
Kraute: Pinſelſchimmel (Penicillium roseum), Fleckenkrankheit (Sphaeria nebulosa
u. dulcamarae). An Knollen: Pockenkrankheit, Schorf, Grind (Rhizoctonia
solani Kühn). An faulenden Knollen: Kartoffel-Spindelſchimmel (Fusisporium
Solani Mart.), Trockenfäule (Spicaria solani Hartig). An Kraut und Knollen:
Naßfäule, Kartoffelkrankheit, Kartoffelpilz (Peronospora infestans dBy.).
Unter den genannten Pilzen tritt der Kartoffelpilz am häufigſten und ver-
heerendſten auf. Derſelbe bildet die Urſache der als Naß- oder Zellenfäule bekann-
ten Kartoffelkrankheit. In leicht erkennbarer Weiſe tritt die Krankheit gewöhnlich
im Juli oder im Auguſt auf, indem ſich zuerſt auf den Blättern und Stengeln miß-
farbige, weißumſäumte Flecken zeigen, welche raſch braun, dann ſchwarz werden und
das Abſterben des Krautes zur Folge haben. Die auf dem befallenen Laube er-
zeugten, zahlreichen Fortpflanzungsorgane (Sporangien) des Kartoffelpilzes fallen ab
und werden durch den Regen in den Boden verbreitet. Bei der weiteren Entwicke-
lung treten aus der geplatzten Wand der Sporangien zahlreiche, bewegliche Schwärm-
zellen (Zoosporen) hervor, welche zur Ruhe gekommen Keimſchläuche bilden. Die-
ſelben durchbohren die Oberhaut der jungen Knollen und bringen nunmehr auch
dieſe zum Erkranken und Verfaulen. Zur Abwehr dieſes verheerenden Pilzes kennt
Krafft, Lehrb. d. Landw. II. 10
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |