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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
unter dem Wasser gehalten. In Ermangelung von fließendem, offenem Wasser, oder
wenn die Fischzucht durch das abfließende Röstwasser gefährdet erscheint, verwendet
man eigene Bassins oder Röstgruben. Am gewöhnlichsten wird die kalte Wasser-
röste Anfang Mai bis Ende September vorgenommen. Je wärmer die Temperatur
des Wassers, um so mehr wird der Röstprozeß beschleunigt. Gewöhnlich dauert die
Röste bei 17°C. 14 Tage, bei 22°C. 8 Tage. Je wärmer das Wasser und je
grüner der Flachs ausgerauft wurde, um so vorsichtiger muß der richtige Zeitpunkt
zum Herausnehmen des gar gerösteten Flachses beobachtet werden. Ueberrösteter
Flachs verliert sehr an Werth.

In neuerer Zeit kommt in den Flachsbereitungsanstalten die Warmwasser-
röste unter Anwendung von heißem Wasser oder von Dampf in Aufnahme, da sich
bei fabrikmäßiger Arbeit in kürzerer Zeit, in 60--70 Stunden, unabhängig von
Witterung und Jahreszeit, ein gleichmäßigeres und schöneres Product erzielen läßt
als bei irgend einem anderen Röstverfahren. Zu den bekanntesten Verfahren dieser
Art zählt die Warmwasserröste von Schenk.

Die gerösteten Stengel werden weiterhin getrocknet, indem dieselben auf einer
Wiese ausgebreitet werden, wobei dieselben gleichzeitig gebleicht werden. Im Thau
gerösteten Flachs trocknet man zuweilen auch im Backofen oder in eigenen Dörr-
stuben. Die folgenden Operationen des Bottens, Brechens und Schwingens bezwecken
die vollständige Trennung der Faser von den holzigen Theilen des Flachsstengels.

[Abbildung] Fig. 83.

Botthammer.

Die erste Vorbereitung zur Trennung des
Bastes von dem gerösteten Leinstengel, das Botten
(Plaueln), besteht darin, daß die fächerförmig
ausgebreiteten Bündel von Flachsstengeln mit dem
Botthammer, Fig. 83, so lange geschlagen wer-
den, bis der holzige Theil der Stengel gut
gebrochen ist. Häufig folgt dieser Arbeit
die weitere des Brechens (Brackens). Bei
derselben wird der Flachs geknickt und bei dem
Durchziehen durch die Breche von den als Scheben oder Acheln abfallenden
Holztheilen befreit. Die gewöhnlich gebräuchlichen Handflachsbrechen haben den
Nachtheil, daß sie, besonders wenn kein Botten vorangegangen ist, zu viel Abfall
geben. Dieser Abfall wird etwas verringert, wenn man den Flachs zuerst auf
einer einzahnigen und dann auf einer zweizahnigen Breche, Fig. 84, ausarbeitet.
Mit viel weniger Verlust arbeiten die Flachsbrechmaschinen, von welchen sich be-
sonders die Warnecksche Patent-Flachsknickmaschine (Preis 256 Mark, 128 fl.) und
die Kaselovskische Brechmaschine (Preis 526 Mark, 263 fl.) bewährt haben. Das
Brechen des Flachses bewirken bei diesen Maschinen zwei Paar cannelirter Walzen,
zwischen welchen durch besondere Vorrichtungen der Flachs mehrmals hin- und her-
geschoben wird.

Nach dem Brechen dem Flachse noch anhängende Scheben werden durch das
Schwingen entfernt. Bei dem Schwingen wird der Flachs in einen handhohen

Beſondere Pflanzenbaulehre.
unter dem Waſſer gehalten. In Ermangelung von fließendem, offenem Waſſer, oder
wenn die Fiſchzucht durch das abfließende Röſtwaſſer gefährdet erſcheint, verwendet
man eigene Baſſins oder Röſtgruben. Am gewöhnlichſten wird die kalte Waſſer-
röſte Anfang Mai bis Ende September vorgenommen. Je wärmer die Temperatur
des Waſſers, um ſo mehr wird der Röſtprozeß beſchleunigt. Gewöhnlich dauert die
Röſte bei 17°C. 14 Tage, bei 22°C. 8 Tage. Je wärmer das Waſſer und je
grüner der Flachs ausgerauft wurde, um ſo vorſichtiger muß der richtige Zeitpunkt
zum Herausnehmen des gar geröſteten Flachſes beobachtet werden. Ueberröſteter
Flachs verliert ſehr an Werth.

In neuerer Zeit kommt in den Flachsbereitungsanſtalten die Warmwaſſer-
röſte unter Anwendung von heißem Waſſer oder von Dampf in Aufnahme, da ſich
bei fabrikmäßiger Arbeit in kürzerer Zeit, in 60—70 Stunden, unabhängig von
Witterung und Jahreszeit, ein gleichmäßigeres und ſchöneres Product erzielen läßt
als bei irgend einem anderen Röſtverfahren. Zu den bekannteſten Verfahren dieſer
Art zählt die Warmwaſſerröſte von Schenk.

Die geröſteten Stengel werden weiterhin getrocknet, indem dieſelben auf einer
Wieſe ausgebreitet werden, wobei dieſelben gleichzeitig gebleicht werden. Im Thau
geröſteten Flachs trocknet man zuweilen auch im Backofen oder in eigenen Dörr-
ſtuben. Die folgenden Operationen des Bottens, Brechens und Schwingens bezwecken
die vollſtändige Trennung der Faſer von den holzigen Theilen des Flachsſtengels.

[Abbildung] Fig. 83.

Botthammer.

Die erſte Vorbereitung zur Trennung des
Baſtes von dem geröſteten Leinſtengel, das Botten
(Plaueln), beſteht darin, daß die fächerförmig
ausgebreiteten Bündel von Flachsſtengeln mit dem
Botthammer, Fig. 83, ſo lange geſchlagen wer-
den, bis der holzige Theil der Stengel gut
gebrochen iſt. Häufig folgt dieſer Arbeit
die weitere des Brechens (Brackens). Bei
derſelben wird der Flachs geknickt und bei dem
Durchziehen durch die Breche von den als Scheben oder Acheln abfallenden
Holztheilen befreit. Die gewöhnlich gebräuchlichen Handflachsbrechen haben den
Nachtheil, daß ſie, beſonders wenn kein Botten vorangegangen iſt, zu viel Abfall
geben. Dieſer Abfall wird etwas verringert, wenn man den Flachs zuerſt auf
einer einzahnigen und dann auf einer zweizahnigen Breche, Fig. 84, ausarbeitet.
Mit viel weniger Verluſt arbeiten die Flachsbrechmaſchinen, von welchen ſich be-
ſonders die Warneckſche Patent-Flachsknickmaſchine (Preis 256 Mark, 128 fl.) und
die Kaſelovskiſche Brechmaſchine (Preis 526 Mark, 263 fl.) bewährt haben. Das
Brechen des Flachſes bewirken bei dieſen Maſchinen zwei Paar cannelirter Walzen,
zwiſchen welchen durch beſondere Vorrichtungen der Flachs mehrmals hin- und her-
geſchoben wird.

Nach dem Brechen dem Flachſe noch anhängende Scheben werden durch das
Schwingen entfernt. Bei dem Schwingen wird der Flachs in einen handhohen

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[126/0140] Beſondere Pflanzenbaulehre. unter dem Waſſer gehalten. In Ermangelung von fließendem, offenem Waſſer, oder wenn die Fiſchzucht durch das abfließende Röſtwaſſer gefährdet erſcheint, verwendet man eigene Baſſins oder Röſtgruben. Am gewöhnlichſten wird die kalte Waſſer- röſte Anfang Mai bis Ende September vorgenommen. Je wärmer die Temperatur des Waſſers, um ſo mehr wird der Röſtprozeß beſchleunigt. Gewöhnlich dauert die Röſte bei 17°C. 14 Tage, bei 22°C. 8 Tage. Je wärmer das Waſſer und je grüner der Flachs ausgerauft wurde, um ſo vorſichtiger muß der richtige Zeitpunkt zum Herausnehmen des gar geröſteten Flachſes beobachtet werden. Ueberröſteter Flachs verliert ſehr an Werth. In neuerer Zeit kommt in den Flachsbereitungsanſtalten die Warmwaſſer- röſte unter Anwendung von heißem Waſſer oder von Dampf in Aufnahme, da ſich bei fabrikmäßiger Arbeit in kürzerer Zeit, in 60—70 Stunden, unabhängig von Witterung und Jahreszeit, ein gleichmäßigeres und ſchöneres Product erzielen läßt als bei irgend einem anderen Röſtverfahren. Zu den bekannteſten Verfahren dieſer Art zählt die Warmwaſſerröſte von Schenk. Die geröſteten Stengel werden weiterhin getrocknet, indem dieſelben auf einer Wieſe ausgebreitet werden, wobei dieſelben gleichzeitig gebleicht werden. Im Thau geröſteten Flachs trocknet man zuweilen auch im Backofen oder in eigenen Dörr- ſtuben. Die folgenden Operationen des Bottens, Brechens und Schwingens bezwecken die vollſtändige Trennung der Faſer von den holzigen Theilen des Flachsſtengels. [Abbildung Fig. 83. Botthammer. ] Die erſte Vorbereitung zur Trennung des Baſtes von dem geröſteten Leinſtengel, das Botten (Plaueln), beſteht darin, daß die fächerförmig ausgebreiteten Bündel von Flachsſtengeln mit dem Botthammer, Fig. 83, ſo lange geſchlagen wer- den, bis der holzige Theil der Stengel gut gebrochen iſt. Häufig folgt dieſer Arbeit die weitere des Brechens (Brackens). Bei derſelben wird der Flachs geknickt und bei dem Durchziehen durch die Breche von den als Scheben oder Acheln abfallenden Holztheilen befreit. Die gewöhnlich gebräuchlichen Handflachsbrechen haben den Nachtheil, daß ſie, beſonders wenn kein Botten vorangegangen iſt, zu viel Abfall geben. Dieſer Abfall wird etwas verringert, wenn man den Flachs zuerſt auf einer einzahnigen und dann auf einer zweizahnigen Breche, Fig. 84, ausarbeitet. Mit viel weniger Verluſt arbeiten die Flachsbrechmaſchinen, von welchen ſich be- ſonders die Warneckſche Patent-Flachsknickmaſchine (Preis 256 Mark, 128 fl.) und die Kaſelovskiſche Brechmaſchine (Preis 526 Mark, 263 fl.) bewährt haben. Das Brechen des Flachſes bewirken bei dieſen Maſchinen zwei Paar cannelirter Walzen, zwiſchen welchen durch beſondere Vorrichtungen der Flachs mehrmals hin- und her- geſchoben wird. Nach dem Brechen dem Flachſe noch anhängende Scheben werden durch das Schwingen entfernt. Bei dem Schwingen wird der Flachs in einen handhohen

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/140>, abgerufen am 29.11.2024.