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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
1. Schwarzer Senf.

Sowohl die Samen des schwarzen Senfes (Brassica nigra Kch.) Sun, als auch des
weißen oder englischen Senfes (Sinapis alba L.) Sun werden wegen ihres Gehaltes an
einem scharfen, brennenden, ätherischen Oele zur Bereitung des Mosterichs (Senf,
Moutarde) verwendet. Bei derselben werden die Senfkörner mit Most oder Wein-
essig angemacht, nachdem vorher ihr fettes Oel durch kaltes Pressen entfernt wurde.

Der schwarze Senf, welcher vorzugsweise in Südfrankreich, Griechenland, Ruß-
land etc. angebaut wird, unterscheidet sich von den anderen Brassica-Arten durch die
durchaus gestielten Blätter, während bei diesen die oberen Blätter sitzend oder herz-
förmig umfassend sind. Der weiße, hie und da in Deutschland gebaute Senf (S. 91)
unterscheidet sich von dem schwarzen durch die steifhaarigen, fünfnervigen Schotenklappen.

Der Senf gedeiht am besten auf einem mergeligen oder kalkreichen Boden,
ebenso auf Neubruch. Bei seinen bescheidenen Ansprüchen und seinem schnellen Wachs-
thume, welche denselben, sowie den weißen Senf auf den Getreidefeldern als Unkraut
lästig machen, begnügt er sich auch mit einem leichten, trockenen Boden. Da der
Senf gegen leichte Fröste wenig empfindlich ist, so beginnt man mit der Saat zeitlich
im Frühjahre, im April. Gedrillt säet man auf ein Hektar 15--20, breitwürfig
20--30 Liter. Cultur und Ernte des Senfes stimmen mit jener des Sommerrapses
überein. Am empfindlichsten leidet derselbe durch den Erdfloh, ebenso durch die
Raupe des großen Kohlweißlings (Pieris brassicae Schk.) Fig. 123. Die Ernte
muß zeitlich vorgenommen werden, da der schwarze Senf leicht ausfällt. Der
Körnerertrag schwankt zwischen 14--20 Hektoliter a 63 Kilogramm von einem Hektare.

2. Der Meerrettig.

Der Meerrettig, in Oesterreich Kren genannt (Armoracia rusticana Lam.) Jupiter,
wird wegen seiner ausdauernden, durch die Cultur besonders stark entwickelten Rhi-
zome, welche ein scharfes, beizendes, zu Thränen reizendes, ätherisches Oel enthalten,
cultivirt. Im größeren Umfange wird er um Tulln in Niederösterreich, in Malin,
Czaslau, um Nürnberg, Bamberg, Erlangen, Forchheim in Baiern etc. gebaut. Die ge-
schätztesten Wurzeln liefern jene Meerrettigsorten, deren große herzförmige, gekrauste
Wurzel- und länglichen, ganzrandigen Stengelblätter eine dunkelgrüne Färbung besitzen.

Er verlangt einen tiefgründigen, humosen, frischen Boden in frischer und zu-
gleich sonniger Lage. In einem tief gelockerten, meist tiefgespateten, vor Winter ge-
düngten, lehmsandigen Boden erhält man zarte Wurzeln mit mildem Geschmacke.
Letzterer wird um so schärfer und beißender, je bindiger der Boden ist.

Die Anlage eines Meerrettigfeldes geschieht durch Wurzelstücke (Setzer,
Fechser), welche im Herbste bei der Ernte einer älteren Anpflanzung gewonnen werden.
Als Setzer verwendet man die etwa federkieldicken Nebenwurzeln, welche von den
dickeren Stangenwurzeln abgeschnitten und durch Entfernen des unteren Theiles auf
20--25 Ctm. Länge abgestutzt werden. Die über Winter in trockenem Sande im
Keller aufbewahrten Setzer werden im April, nachdem sie gereinigt, etwas schräg mit

Beſondere Pflanzenbaulehre.
1. Schwarzer Senf.

Sowohl die Samen des ſchwarzen Senfes (Brassica nigra Kch.) ☉, als auch des
weißen oder engliſchen Senfes (Sinapis alba L.) ☉ werden wegen ihres Gehaltes an
einem ſcharfen, brennenden, ätheriſchen Oele zur Bereitung des Moſterichs (Senf,
Moutarde) verwendet. Bei derſelben werden die Senfkörner mit Moſt oder Wein-
eſſig angemacht, nachdem vorher ihr fettes Oel durch kaltes Preſſen entfernt wurde.

Der ſchwarze Senf, welcher vorzugsweiſe in Südfrankreich, Griechenland, Ruß-
land ꝛc. angebaut wird, unterſcheidet ſich von den anderen Brassica-Arten durch die
durchaus geſtielten Blätter, während bei dieſen die oberen Blätter ſitzend oder herz-
förmig umfaſſend ſind. Der weiße, hie und da in Deutſchland gebaute Senf (S. 91)
unterſcheidet ſich von dem ſchwarzen durch die ſteifhaarigen, fünfnervigen Schotenklappen.

Der Senf gedeiht am beſten auf einem mergeligen oder kalkreichen Boden,
ebenſo auf Neubruch. Bei ſeinen beſcheidenen Anſprüchen und ſeinem ſchnellen Wachs-
thume, welche denſelben, ſowie den weißen Senf auf den Getreidefeldern als Unkraut
läſtig machen, begnügt er ſich auch mit einem leichten, trockenen Boden. Da der
Senf gegen leichte Fröſte wenig empfindlich iſt, ſo beginnt man mit der Saat zeitlich
im Frühjahre, im April. Gedrillt ſäet man auf ein Hektar 15—20, breitwürfig
20—30 Liter. Cultur und Ernte des Senfes ſtimmen mit jener des Sommerrapſes
überein. Am empfindlichſten leidet derſelbe durch den Erdfloh, ebenſo durch die
Raupe des großen Kohlweißlings (Pieris brassicae Schk.) Fig. 123. Die Ernte
muß zeitlich vorgenommen werden, da der ſchwarze Senf leicht ausfällt. Der
Körnerertrag ſchwankt zwiſchen 14—20 Hektoliter à 63 Kilogramm von einem Hektare.

2. Der Meerrettig.

Der Meerrettig, in Oeſterreich Kren genannt (Armoracia rusticana Lam.) ♃,
wird wegen ſeiner ausdauernden, durch die Cultur beſonders ſtark entwickelten Rhi-
zome, welche ein ſcharfes, beizendes, zu Thränen reizendes, ätheriſches Oel enthalten,
cultivirt. Im größeren Umfange wird er um Tulln in Niederöſterreich, in Malin,
Czaslau, um Nürnberg, Bamberg, Erlangen, Forchheim in Baiern ꝛc. gebaut. Die ge-
ſchätzteſten Wurzeln liefern jene Meerrettigſorten, deren große herzförmige, gekrauſte
Wurzel- und länglichen, ganzrandigen Stengelblätter eine dunkelgrüne Färbung beſitzen.

Er verlangt einen tiefgründigen, humoſen, friſchen Boden in friſcher und zu-
gleich ſonniger Lage. In einem tief gelockerten, meiſt tiefgeſpateten, vor Winter ge-
düngten, lehmſandigen Boden erhält man zarte Wurzeln mit mildem Geſchmacke.
Letzterer wird um ſo ſchärfer und beißender, je bindiger der Boden iſt.

Die Anlage eines Meerrettigfeldes geſchieht durch Wurzelſtücke (Setzer,
Fechſer), welche im Herbſte bei der Ernte einer älteren Anpflanzung gewonnen werden.
Als Setzer verwendet man die etwa federkieldicken Nebenwurzeln, welche von den
dickeren Stangenwurzeln abgeſchnitten und durch Entfernen des unteren Theiles auf
20—25 Ctm. Länge abgeſtutzt werden. Die über Winter in trockenem Sande im
Keller aufbewahrten Setzer werden im April, nachdem ſie gereinigt, etwas ſchräg mit

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[94/0108] Beſondere Pflanzenbaulehre. 1. Schwarzer Senf. Sowohl die Samen des ſchwarzen Senfes (Brassica nigra Kch.) ☉, als auch des weißen oder engliſchen Senfes (Sinapis alba L.) ☉ werden wegen ihres Gehaltes an einem ſcharfen, brennenden, ätheriſchen Oele zur Bereitung des Moſterichs (Senf, Moutarde) verwendet. Bei derſelben werden die Senfkörner mit Moſt oder Wein- eſſig angemacht, nachdem vorher ihr fettes Oel durch kaltes Preſſen entfernt wurde. Der ſchwarze Senf, welcher vorzugsweiſe in Südfrankreich, Griechenland, Ruß- land ꝛc. angebaut wird, unterſcheidet ſich von den anderen Brassica-Arten durch die durchaus geſtielten Blätter, während bei dieſen die oberen Blätter ſitzend oder herz- förmig umfaſſend ſind. Der weiße, hie und da in Deutſchland gebaute Senf (S. 91) unterſcheidet ſich von dem ſchwarzen durch die ſteifhaarigen, fünfnervigen Schotenklappen. Der Senf gedeiht am beſten auf einem mergeligen oder kalkreichen Boden, ebenſo auf Neubruch. Bei ſeinen beſcheidenen Anſprüchen und ſeinem ſchnellen Wachs- thume, welche denſelben, ſowie den weißen Senf auf den Getreidefeldern als Unkraut läſtig machen, begnügt er ſich auch mit einem leichten, trockenen Boden. Da der Senf gegen leichte Fröſte wenig empfindlich iſt, ſo beginnt man mit der Saat zeitlich im Frühjahre, im April. Gedrillt ſäet man auf ein Hektar 15—20, breitwürfig 20—30 Liter. Cultur und Ernte des Senfes ſtimmen mit jener des Sommerrapſes überein. Am empfindlichſten leidet derſelbe durch den Erdfloh, ebenſo durch die Raupe des großen Kohlweißlings (Pieris brassicae Schk.) Fig. 123. Die Ernte muß zeitlich vorgenommen werden, da der ſchwarze Senf leicht ausfällt. Der Körnerertrag ſchwankt zwiſchen 14—20 Hektoliter à 63 Kilogramm von einem Hektare. 2. Der Meerrettig. Der Meerrettig, in Oeſterreich Kren genannt (Armoracia rusticana Lam.) ♃, wird wegen ſeiner ausdauernden, durch die Cultur beſonders ſtark entwickelten Rhi- zome, welche ein ſcharfes, beizendes, zu Thränen reizendes, ätheriſches Oel enthalten, cultivirt. Im größeren Umfange wird er um Tulln in Niederöſterreich, in Malin, Czaslau, um Nürnberg, Bamberg, Erlangen, Forchheim in Baiern ꝛc. gebaut. Die ge- ſchätzteſten Wurzeln liefern jene Meerrettigſorten, deren große herzförmige, gekrauſte Wurzel- und länglichen, ganzrandigen Stengelblätter eine dunkelgrüne Färbung beſitzen. Er verlangt einen tiefgründigen, humoſen, friſchen Boden in friſcher und zu- gleich ſonniger Lage. In einem tief gelockerten, meiſt tiefgeſpateten, vor Winter ge- düngten, lehmſandigen Boden erhält man zarte Wurzeln mit mildem Geſchmacke. Letzterer wird um ſo ſchärfer und beißender, je bindiger der Boden iſt. Die Anlage eines Meerrettigfeldes geſchieht durch Wurzelſtücke (Setzer, Fechſer), welche im Herbſte bei der Ernte einer älteren Anpflanzung gewonnen werden. Als Setzer verwendet man die etwa federkieldicken Nebenwurzeln, welche von den dickeren Stangenwurzeln abgeſchnitten und durch Entfernen des unteren Theiles auf 20—25 Ctm. Länge abgeſtutzt werden. Die über Winter in trockenem Sande im Keller aufbewahrten Setzer werden im April, nachdem ſie gereinigt, etwas ſchräg mit

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/108>, abgerufen am 26.11.2024.