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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Einleitung.

Die Ausbildung der Landwirthschaftswissenschaft ist nicht nur von ihrer eigenen
fortschrittlichen Entwickelung abhängig, sondern auch von dem Fortschritte in der
Ausbildung der Natur- und Wirthschafts-Wissenschaften, welche zu ersterer in das
Verhältniß von begründenden Hilfswissenschaften 1) treten. Durch dieses Verhältniß
ergiebt sich von selbst der hohe Werth, welcher sowohl einer gründlichen naturwissen-
schaftlichen als auch volkswirthschaftlichen Vorbildung für das erfolgreiche Studium
der Landwirthschaftswissenschaft zukommt. Im Besonderen hat die Lehre der Land-
wirthschaft die Kenntniß der Zoologie, Botanik, Mineralogie, Physik, Chemie, Ana-
tomie, Physiologie und Volkswirthschaftslehre zur Voraussetzung. Das wahre Ver-
ständniß der Landwirthschaftswissenschaft, wie jeder menschlichen Wissenschaft, ergiebt sich
jedoch erst dann, wenn alle gegenwärtige Erkenntniß nur als ein Entwickelungsstadium
der Zukunft aufgefaßt wird, welche allein den Maßstab zur Unterscheidung des Wahren
von dem Falschen abgiebt.

In Uebereinstimmung mit der allgemeinen und speciellen Aufgabe der Land-
wirthschaft gliedert sich die Landwirthschaftslehre in die Productionslehre,
welche die Anwendung der Naturgesetze auf die landwirthschaftliche Production, und
in die Betriebslehre, welche die Anwendung der Natur- und Wirthschaftsgesetze
auf die landwirthschaftliche Unternehmung zum Inhalte hat.

Die Production bezieht sich entweder auf Pflanzen oder Thiere. Die Pflanzen-
productionslehre läßt den Wald-, Wein-, Obst- und Gemüse-Bau unberücksichtiget und
erstreckt sich nur auf jene Pflanzen, welche auf dem Acker oder der Wiese cultivirt
werden. Die Pflanzenbaulehre (Phytotechnik) erhält daher richtiger die Bezeichnung
Ackerbaulehre (Agronomie).

Von der Ackerbaulehre und der Thierzuchtlehre (Zootechnik) läßt sich wieder ein
allgemeiner Theil von einem besonderen Theile abtrennen.

Die Landwirthschaftslehre gliedert sich demnach in die:

1. Allgemeine Ackerbaulehre. (Allg. Pflanzenbau.)
2. Besondere Pflanzenbaulehre.
3. Allgemeine Thierzuchtlehre.
4. Besondere Thierzuchtlehre.
5. Betriebslehre.

1) Anderseits wird die Landwirthschaftslehre eine Hilfswissenschaft für andere Dis-
ciplinen, wie für die Landwirthschaftsgeschichte, Landwirthschaftsstatistik, Landwirthschafts-
politik, Agrargesetzgebung, Agriculturmeteorologie, Agriculturchemie, Agriculturphysik,
Landwirthschaftsbaukunde etc.
Einleitung.

Die Ausbildung der Landwirthſchaftswiſſenſchaft iſt nicht nur von ihrer eigenen
fortſchrittlichen Entwickelung abhängig, ſondern auch von dem Fortſchritte in der
Ausbildung der Natur- und Wirthſchafts-Wiſſenſchaften, welche zu erſterer in das
Verhältniß von begründenden Hilfswiſſenſchaften 1) treten. Durch dieſes Verhältniß
ergiebt ſich von ſelbſt der hohe Werth, welcher ſowohl einer gründlichen naturwiſſen-
ſchaftlichen als auch volkswirthſchaftlichen Vorbildung für das erfolgreiche Studium
der Landwirthſchaftswiſſenſchaft zukommt. Im Beſonderen hat die Lehre der Land-
wirthſchaft die Kenntniß der Zoologie, Botanik, Mineralogie, Phyſik, Chemie, Ana-
tomie, Phyſiologie und Volkswirthſchaftslehre zur Vorausſetzung. Das wahre Ver-
ſtändniß der Landwirthſchaftswiſſenſchaft, wie jeder menſchlichen Wiſſenſchaft, ergiebt ſich
jedoch erſt dann, wenn alle gegenwärtige Erkenntniß nur als ein Entwickelungsſtadium
der Zukunft aufgefaßt wird, welche allein den Maßſtab zur Unterſcheidung des Wahren
von dem Falſchen abgiebt.

In Uebereinſtimmung mit der allgemeinen und ſpeciellen Aufgabe der Land-
wirthſchaft gliedert ſich die Landwirthſchaftslehre in die Productionslehre,
welche die Anwendung der Naturgeſetze auf die landwirthſchaftliche Production, und
in die Betriebslehre, welche die Anwendung der Natur- und Wirthſchaftsgeſetze
auf die landwirthſchaftliche Unternehmung zum Inhalte hat.

Die Production bezieht ſich entweder auf Pflanzen oder Thiere. Die Pflanzen-
productionslehre läßt den Wald-, Wein-, Obſt- und Gemüſe-Bau unberückſichtiget und
erſtreckt ſich nur auf jene Pflanzen, welche auf dem Acker oder der Wieſe cultivirt
werden. Die Pflanzenbaulehre (Phytotechnik) erhält daher richtiger die Bezeichnung
Ackerbaulehre (Agronomie).

Von der Ackerbaulehre und der Thierzuchtlehre (Zootechnik) läßt ſich wieder ein
allgemeiner Theil von einem beſonderen Theile abtrennen.

Die Landwirthſchaftslehre gliedert ſich demnach in die:

1. Allgemeine Ackerbaulehre. (Allg. Pflanzenbau.)
2. Beſondere Pflanzenbaulehre.
3. Allgemeine Thierzuchtlehre.
4. Beſondere Thierzuchtlehre.
5. Betriebslehre.

1) Anderſeits wird die Landwirthſchaftslehre eine Hilfswiſſenſchaft für andere Dis-
ciplinen, wie für die Landwirthſchaftsgeſchichte, Landwirthſchaftsſtatiſtik, Landwirthſchafts-
politik, Agrargeſetzgebung, Agriculturmeteorologie, Agriculturchemie, Agriculturphyſik,
Landwirthſchaftsbaukunde ꝛc.
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[2/0020] Einleitung. Die Ausbildung der Landwirthſchaftswiſſenſchaft iſt nicht nur von ihrer eigenen fortſchrittlichen Entwickelung abhängig, ſondern auch von dem Fortſchritte in der Ausbildung der Natur- und Wirthſchafts-Wiſſenſchaften, welche zu erſterer in das Verhältniß von begründenden Hilfswiſſenſchaften 1) treten. Durch dieſes Verhältniß ergiebt ſich von ſelbſt der hohe Werth, welcher ſowohl einer gründlichen naturwiſſen- ſchaftlichen als auch volkswirthſchaftlichen Vorbildung für das erfolgreiche Studium der Landwirthſchaftswiſſenſchaft zukommt. Im Beſonderen hat die Lehre der Land- wirthſchaft die Kenntniß der Zoologie, Botanik, Mineralogie, Phyſik, Chemie, Ana- tomie, Phyſiologie und Volkswirthſchaftslehre zur Vorausſetzung. Das wahre Ver- ſtändniß der Landwirthſchaftswiſſenſchaft, wie jeder menſchlichen Wiſſenſchaft, ergiebt ſich jedoch erſt dann, wenn alle gegenwärtige Erkenntniß nur als ein Entwickelungsſtadium der Zukunft aufgefaßt wird, welche allein den Maßſtab zur Unterſcheidung des Wahren von dem Falſchen abgiebt. In Uebereinſtimmung mit der allgemeinen und ſpeciellen Aufgabe der Land- wirthſchaft gliedert ſich die Landwirthſchaftslehre in die Productionslehre, welche die Anwendung der Naturgeſetze auf die landwirthſchaftliche Production, und in die Betriebslehre, welche die Anwendung der Natur- und Wirthſchaftsgeſetze auf die landwirthſchaftliche Unternehmung zum Inhalte hat. Die Production bezieht ſich entweder auf Pflanzen oder Thiere. Die Pflanzen- productionslehre läßt den Wald-, Wein-, Obſt- und Gemüſe-Bau unberückſichtiget und erſtreckt ſich nur auf jene Pflanzen, welche auf dem Acker oder der Wieſe cultivirt werden. Die Pflanzenbaulehre (Phytotechnik) erhält daher richtiger die Bezeichnung Ackerbaulehre (Agronomie). Von der Ackerbaulehre und der Thierzuchtlehre (Zootechnik) läßt ſich wieder ein allgemeiner Theil von einem beſonderen Theile abtrennen. Die Landwirthſchaftslehre gliedert ſich demnach in die: 1. Allgemeine Ackerbaulehre. (Allg. Pflanzenbau.) 2. Beſondere Pflanzenbaulehre. 3. Allgemeine Thierzuchtlehre. 4. Beſondere Thierzuchtlehre. 5. Betriebslehre. 1) Anderſeits wird die Landwirthſchaftslehre eine Hilfswiſſenſchaft für andere Dis- ciplinen, wie für die Landwirthſchaftsgeſchichte, Landwirthſchaftsſtatiſtik, Landwirthſchafts- politik, Agrargeſetzgebung, Agriculturmeteorologie, Agriculturchemie, Agriculturphyſik, Landwirthſchaftsbaukunde ꝛc.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/20>, abgerufen am 26.04.2024.