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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.

Die Verwendung der menschlichen Excremente erfolgt entweder im natürlichen
Zustande oder in Verbindung mit den verschiedensten Zusätzen. Erstere einfachere
Verwendungsart läßt sich jedoch nur auf dem Wirthschaftshofe selbst oder in der
Nähe kleinerer Ortschaften ausführen, indem man den Inhalt der Sammelbehälter
unmittelbar auf das Feld schafft und dort allsogleich unterpflügt. Zur Sammlung
dieser werthvollen Düngermaterialien empfiehlt es sich auf dem Wirthschaftshof etc. ge-
eignete Räumlichkeiten herzurichten, in welchen die Mehrungsstoffe in leicht trans-
portablen Tonnen aufgefangen werden können. Diese Tonnen sollen nur so groß sein,
daß sie alle Woche ein- bis zweimal ausgeleert werden müssen. Sind dieselben in
Wohngebäuden angelegt, so ist dafür Sorge zu tragen, daß in dieselben nicht auch
das Spülwasser gegossen wird. Für größere Städte wird in neuerer Zeit vielfach
das System von Liernur empfohlen, welches darin besteht, daß die sämmtlichen
Fallimente durch den Luftdruck in luftleer gemachte Bassin's getrieben werden, von
welchen sie in Fässern gefüllt zur unmittelbaren Verwendung gelangen oder der
Poudrettfabrication zuführt werden können. Nebenbei erwähnt sei noch die Verwen-
dung der Canalwässer zur Berieselung von Acker- und Feldflächen 1). Letztere Ver-
wendung hat sich jedoch bisher in den wenigsten Fällen rentirt.

Werden die Mehrungsstoffe auf Feldern, welche von dem Erzeugungsorte ent-
fernt sind, verwendet, so müssen sie vorher durch Zusätze conservirt und in einen
transportfähigeren Zustand übergeführt werden.

In Belgien, welchem der billige Transport auf zahlreichen Wasserwegen zur
Verfügung steht, verdünnt man die menschlichen Ecxremente zur Conservirung mit
Wasser. Um von einer naheliegenden, zu weit gehenden Verdünnung des dortselbst
als flandrischen Dünger (engrais flamand) verkauften Latrinendüngers ge-
schützt zu sein, wird dessen Preis nach Areometergraden (Latrinenareometer von
Lesecq) bestimmt 2). Die Vertheilung des flandrischen Düngers auf die Felder wird
mit Jauchenfässern ausgeführt. Mengen, welche nicht gleich zur Verwendung kommen,
werden in cementrirten Gruben in der Nähe der Felder aufbewahrt. Auf ähnliche
Weise lassen sich die Fäcalmassen conserviren, wenn sie, wie schon S. 177 erwähnt,
unmittelbar in die Jauchengrube gelangen.

Die größten Schwierigkeiten bei der Verwendung der Fäcalmassen macht ihr
großer Wassergehalt, welcher daher zu vermindern ist, wenn dieselben in einen trans-
portfähigen Zustand gebracht werden sollen. Die Verminderung des Wassergehaltes
wird auf die verschiedenste Weise angestrebt, ohne daß es bisher gelungen wäre,
eine allen Anforderungen entsprechende Methode ausfindig zu machen. Bei den be-
kanntesten derartigen Methoden werden vorerst nach der Desinficirung der Massen
durch Eisenvitriol, Gyps, Karbolsäure etc., die festen und flüssigen Ausleerungen
gesondert gesammelt und entweder bloß die festen oder auch die flüssigen Stoffe
weiter verarbeitet. Letztere Methoden, welche sämmtliche Fallimente der Landwirth-

1) G. Krauß, Die Landwirthschaft in Flandern. Berlin 1873. S. 120.
2) Ad. Fegebeutel, Die Canalwasser (Sewage) Bewässerung oder die flüssige Düngung
der Felder im Gefolge der Canalisation der Städte in England. Danzig 1870.
Allgemeine Ackerbaulehre.

Die Verwendung der menſchlichen Excremente erfolgt entweder im natürlichen
Zuſtande oder in Verbindung mit den verſchiedenſten Zuſätzen. Erſtere einfachere
Verwendungsart läßt ſich jedoch nur auf dem Wirthſchaftshofe ſelbſt oder in der
Nähe kleinerer Ortſchaften ausführen, indem man den Inhalt der Sammelbehälter
unmittelbar auf das Feld ſchafft und dort allſogleich unterpflügt. Zur Sammlung
dieſer werthvollen Düngermaterialien empfiehlt es ſich auf dem Wirthſchaftshof ꝛc. ge-
eignete Räumlichkeiten herzurichten, in welchen die Mehrungsſtoffe in leicht trans-
portablen Tonnen aufgefangen werden können. Dieſe Tonnen ſollen nur ſo groß ſein,
daß ſie alle Woche ein- bis zweimal ausgeleert werden müſſen. Sind dieſelben in
Wohngebäuden angelegt, ſo iſt dafür Sorge zu tragen, daß in dieſelben nicht auch
das Spülwaſſer gegoſſen wird. Für größere Städte wird in neuerer Zeit vielfach
das Syſtem von Liernur empfohlen, welches darin beſteht, daß die ſämmtlichen
Fallimente durch den Luftdruck in luftleer gemachte Baſſin's getrieben werden, von
welchen ſie in Fäſſern gefüllt zur unmittelbaren Verwendung gelangen oder der
Poudrettfabrication zuführt werden können. Nebenbei erwähnt ſei noch die Verwen-
dung der Canalwäſſer zur Berieſelung von Acker- und Feldflächen 1). Letztere Ver-
wendung hat ſich jedoch bisher in den wenigſten Fällen rentirt.

Werden die Mehrungsſtoffe auf Feldern, welche von dem Erzeugungsorte ent-
fernt ſind, verwendet, ſo müſſen ſie vorher durch Zuſätze conſervirt und in einen
transportfähigeren Zuſtand übergeführt werden.

In Belgien, welchem der billige Transport auf zahlreichen Waſſerwegen zur
Verfügung ſteht, verdünnt man die menſchlichen Ecxremente zur Conſervirung mit
Waſſer. Um von einer naheliegenden, zu weit gehenden Verdünnung des dortſelbſt
als flandriſchen Dünger (engrais flamand) verkauften Latrinendüngers ge-
ſchützt zu ſein, wird deſſen Preis nach Areometergraden (Latrinenareometer von
Lesecq) beſtimmt 2). Die Vertheilung des flandriſchen Düngers auf die Felder wird
mit Jauchenfäſſern ausgeführt. Mengen, welche nicht gleich zur Verwendung kommen,
werden in cementrirten Gruben in der Nähe der Felder aufbewahrt. Auf ähnliche
Weiſe laſſen ſich die Fäcalmaſſen conſerviren, wenn ſie, wie ſchon S. 177 erwähnt,
unmittelbar in die Jauchengrube gelangen.

Die größten Schwierigkeiten bei der Verwendung der Fäcalmaſſen macht ihr
großer Waſſergehalt, welcher daher zu vermindern iſt, wenn dieſelben in einen trans-
portfähigen Zuſtand gebracht werden ſollen. Die Verminderung des Waſſergehaltes
wird auf die verſchiedenſte Weiſe angeſtrebt, ohne daß es bisher gelungen wäre,
eine allen Anforderungen entſprechende Methode ausfindig zu machen. Bei den be-
kannteſten derartigen Methoden werden vorerſt nach der Desinficirung der Maſſen
durch Eiſenvitriol, Gyps, Karbolſäure ꝛc., die feſten und flüſſigen Ausleerungen
geſondert geſammelt und entweder bloß die feſten oder auch die flüſſigen Stoffe
weiter verarbeitet. Letztere Methoden, welche ſämmtliche Fallimente der Landwirth-

1) G. Krauß, Die Landwirthſchaft in Flandern. Berlin 1873. S. 120.
2) Ad. Fegebeutel, Die Canalwaſſer (Sewage) Bewäſſerung oder die flüſſige Düngung
der Felder im Gefolge der Canaliſation der Städte in England. Danzig 1870.
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[180/0198] Allgemeine Ackerbaulehre. Die Verwendung der menſchlichen Excremente erfolgt entweder im natürlichen Zuſtande oder in Verbindung mit den verſchiedenſten Zuſätzen. Erſtere einfachere Verwendungsart läßt ſich jedoch nur auf dem Wirthſchaftshofe ſelbſt oder in der Nähe kleinerer Ortſchaften ausführen, indem man den Inhalt der Sammelbehälter unmittelbar auf das Feld ſchafft und dort allſogleich unterpflügt. Zur Sammlung dieſer werthvollen Düngermaterialien empfiehlt es ſich auf dem Wirthſchaftshof ꝛc. ge- eignete Räumlichkeiten herzurichten, in welchen die Mehrungsſtoffe in leicht trans- portablen Tonnen aufgefangen werden können. Dieſe Tonnen ſollen nur ſo groß ſein, daß ſie alle Woche ein- bis zweimal ausgeleert werden müſſen. Sind dieſelben in Wohngebäuden angelegt, ſo iſt dafür Sorge zu tragen, daß in dieſelben nicht auch das Spülwaſſer gegoſſen wird. Für größere Städte wird in neuerer Zeit vielfach das Syſtem von Liernur empfohlen, welches darin beſteht, daß die ſämmtlichen Fallimente durch den Luftdruck in luftleer gemachte Baſſin's getrieben werden, von welchen ſie in Fäſſern gefüllt zur unmittelbaren Verwendung gelangen oder der Poudrettfabrication zuführt werden können. Nebenbei erwähnt ſei noch die Verwen- dung der Canalwäſſer zur Berieſelung von Acker- und Feldflächen 1). Letztere Ver- wendung hat ſich jedoch bisher in den wenigſten Fällen rentirt. Werden die Mehrungsſtoffe auf Feldern, welche von dem Erzeugungsorte ent- fernt ſind, verwendet, ſo müſſen ſie vorher durch Zuſätze conſervirt und in einen transportfähigeren Zuſtand übergeführt werden. In Belgien, welchem der billige Transport auf zahlreichen Waſſerwegen zur Verfügung ſteht, verdünnt man die menſchlichen Ecxremente zur Conſervirung mit Waſſer. Um von einer naheliegenden, zu weit gehenden Verdünnung des dortſelbſt als flandriſchen Dünger (engrais flamand) verkauften Latrinendüngers ge- ſchützt zu ſein, wird deſſen Preis nach Areometergraden (Latrinenareometer von Lesecq) beſtimmt 2). Die Vertheilung des flandriſchen Düngers auf die Felder wird mit Jauchenfäſſern ausgeführt. Mengen, welche nicht gleich zur Verwendung kommen, werden in cementrirten Gruben in der Nähe der Felder aufbewahrt. Auf ähnliche Weiſe laſſen ſich die Fäcalmaſſen conſerviren, wenn ſie, wie ſchon S. 177 erwähnt, unmittelbar in die Jauchengrube gelangen. Die größten Schwierigkeiten bei der Verwendung der Fäcalmaſſen macht ihr großer Waſſergehalt, welcher daher zu vermindern iſt, wenn dieſelben in einen trans- portfähigen Zuſtand gebracht werden ſollen. Die Verminderung des Waſſergehaltes wird auf die verſchiedenſte Weiſe angeſtrebt, ohne daß es bisher gelungen wäre, eine allen Anforderungen entſprechende Methode ausfindig zu machen. Bei den be- kannteſten derartigen Methoden werden vorerſt nach der Desinficirung der Maſſen durch Eiſenvitriol, Gyps, Karbolſäure ꝛc., die feſten und flüſſigen Ausleerungen geſondert geſammelt und entweder bloß die feſten oder auch die flüſſigen Stoffe weiter verarbeitet. Letztere Methoden, welche ſämmtliche Fallimente der Landwirth- 1) G. Krauß, Die Landwirthſchaft in Flandern. Berlin 1873. S. 120. 2) Ad. Fegebeutel, Die Canalwaſſer (Sewage) Bewäſſerung oder die flüſſige Düngung der Felder im Gefolge der Canaliſation der Städte in England. Danzig 1870.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/198>, abgerufen am 24.11.2024.