gemein gebräuchlichen entspricht, ist neuerdings von G. E. Müller*) ein sehr beachtenswerther Einwand erhoben worden. Müller macht nämlich darauf aufmerksam, dass durch die wechselnde Länge der Reactionszeiten und die so bedingte verschiedene Stärke des remanenten Magnetismus ein Fehler eingeführt werde, gegen welchen die Ein- stellung des Stromes für eine bestimmte Fallzeit nicht schütze. Eine richtige Messung der Fallzeit findet nur dann statt, wenn die An- ziehungs- und Abreissungszeit für den Anker des Elektromagneten einander gleich sind. Wird durch längeren Schluss des Stromes die Stärke des remanenten Magnetismus und damit die Länge der Ab- reissungszeit vergrössert, so müssen die gemessenen Zeiten, unter sonst gleichen Bedingungen, relativ zu lang ausfallen, um so mehr, je weiter die untersuchte Reactionsdauer über die als Norm benutzte Fallzeit hinausgeht.
Die Tragweite dieses Einwandes lässt sich nur durch den Versuch bestimmen, und ich ging daher zur Prüfung derselben von der fol- genden Erwägung aus. Die neuere Construction des Hipp'schen Chronoskopes ist bekanntlich so eingerichtet, dass man das Zeigerwerk entweder durch das Oeffnen oder durch das Schliessen eines Stromes in Gang setzen kann, je nachdem man den oberen oder den unteren Magneten benutzt. Bei meinen Versuchen habe ich aus praktischen Gründen überall das letztere Verfahren in Anwendung gezogen. Wählt man dagegen die erstere Versuchsanordnung, so hat man die Möglich- keit, vor der Messung den Strom kürzere oder längere Zeit durch den Elektromagneten hindurchfliessen zu lassen. Wird die Abreissungs- zeit des Ankers innerhalb gewisser Grenzen durch die vorherige Dauer des Stromschlusses wesentlich beeinflusst, so muss nunmehr offenbar ein und derselbe objective Vorgang am Chronoskope eine kleinere oder grössere Zeit liefern, je nachdem der Strom den Elektromagneten mehr oder weniger lange durchflossen hatte. Ich vertauschte nunmehr die beiden Contacte des Fallaparates mit einander, nachdem ich zuvor den sehr unzuverlässigen Cattell'schen Oeffnungscontact durch einen besseren, nach dem Prinzipe des Lippenschlüssels gearbeiteten ersetzt hatte. Durch Regulirung der Abreissfedern wurde darauf der Anker des Chronoskopes so eingestellt, dass bei unveränderter Stromstärke nach dem umgekehrten Prinzipe sich nahezu die gleiche Fallzeit für die Fallplatte ergab, wie früher. Erst nachträglich übersah ich, dass
*) Recension von Münsterberg's Beiträgen zur experimentellen Psycho- logie, Göttingische gelehrte Anzeigen, 1891, Nr. 11, p. 398.
gemein gebräuchlichen entspricht, ist neuerdings von G. E. Müller*) ein sehr beachtenswerther Einwand erhoben worden. Müller macht nämlich darauf aufmerksam, dass durch die wechselnde Länge der Reactionszeiten und die so bedingte verschiedene Stärke des remanenten Magnetismus ein Fehler eingeführt werde, gegen welchen die Ein- stellung des Stromes für eine bestimmte Fallzeit nicht schütze. Eine richtige Messung der Fallzeit findet nur dann statt, wenn die An- ziehungs- und Abreissungszeit für den Anker des Elektromagneten einander gleich sind. Wird durch längeren Schluss des Stromes die Stärke des remanenten Magnetismus und damit die Länge der Ab- reissungszeit vergrössert, so müssen die gemessenen Zeiten, unter sonst gleichen Bedingungen, relativ zu lang ausfallen, um so mehr, je weiter die untersuchte Reactionsdauer über die als Norm benutzte Fallzeit hinausgeht.
Die Tragweite dieses Einwandes lässt sich nur durch den Versuch bestimmen, und ich ging daher zur Prüfung derselben von der fol- genden Erwägung aus. Die neuere Construction des Hipp’schen Chronoskopes ist bekanntlich so eingerichtet, dass man das Zeigerwerk entweder durch das Oeffnen oder durch das Schliessen eines Stromes in Gang setzen kann, je nachdem man den oberen oder den unteren Magneten benutzt. Bei meinen Versuchen habe ich aus praktischen Gründen überall das letztere Verfahren in Anwendung gezogen. Wählt man dagegen die erstere Versuchsanordnung, so hat man die Möglich- keit, vor der Messung den Strom kürzere oder längere Zeit durch den Elektromagneten hindurchfliessen zu lassen. Wird die Abreissungs- zeit des Ankers innerhalb gewisser Grenzen durch die vorherige Dauer des Stromschlusses wesentlich beeinflusst, so muss nunmehr offenbar ein und derselbe objective Vorgang am Chronoskope eine kleinere oder grössere Zeit liefern, je nachdem der Strom den Elektromagneten mehr oder weniger lange durchflossen hatte. Ich vertauschte nunmehr die beiden Contacte des Fallaparates mit einander, nachdem ich zuvor den sehr unzuverlässigen Cattell’schen Oeffnungscontact durch einen besseren, nach dem Prinzipe des Lippenschlüssels gearbeiteten ersetzt hatte. Durch Regulirung der Abreissfedern wurde darauf der Anker des Chronoskopes so eingestellt, dass bei unveränderter Stromstärke nach dem umgekehrten Prinzipe sich nahezu die gleiche Fallzeit für die Fallplatte ergab, wie früher. Erst nachträglich übersah ich, dass
*) Recension von Münsterberg’s Beiträgen zur experimentellen Psycho- logie, Göttingische gelehrte Anzeigen, 1891, Nr. 11, p. 398.
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[14/0030]
gemein gebräuchlichen entspricht, ist neuerdings von G. E. Müller *)
ein sehr beachtenswerther Einwand erhoben worden. Müller macht
nämlich darauf aufmerksam, dass durch die wechselnde Länge der
Reactionszeiten und die so bedingte verschiedene Stärke des remanenten
Magnetismus ein Fehler eingeführt werde, gegen welchen die Ein-
stellung des Stromes für eine bestimmte Fallzeit nicht schütze. Eine
richtige Messung der Fallzeit findet nur dann statt, wenn die An-
ziehungs- und Abreissungszeit für den Anker des Elektromagneten
einander gleich sind. Wird durch längeren Schluss des Stromes die
Stärke des remanenten Magnetismus und damit die Länge der Ab-
reissungszeit vergrössert, so müssen die gemessenen Zeiten, unter sonst
gleichen Bedingungen, relativ zu lang ausfallen, um so mehr, je weiter
die untersuchte Reactionsdauer über die als Norm benutzte Fallzeit
hinausgeht.
Die Tragweite dieses Einwandes lässt sich nur durch den Versuch
bestimmen, und ich ging daher zur Prüfung derselben von der fol-
genden Erwägung aus. Die neuere Construction des Hipp’schen
Chronoskopes ist bekanntlich so eingerichtet, dass man das Zeigerwerk
entweder durch das Oeffnen oder durch das Schliessen eines Stromes
in Gang setzen kann, je nachdem man den oberen oder den unteren
Magneten benutzt. Bei meinen Versuchen habe ich aus praktischen
Gründen überall das letztere Verfahren in Anwendung gezogen. Wählt
man dagegen die erstere Versuchsanordnung, so hat man die Möglich-
keit, vor der Messung den Strom kürzere oder längere Zeit durch
den Elektromagneten hindurchfliessen zu lassen. Wird die Abreissungs-
zeit des Ankers innerhalb gewisser Grenzen durch die vorherige Dauer
des Stromschlusses wesentlich beeinflusst, so muss nunmehr offenbar
ein und derselbe objective Vorgang am Chronoskope eine kleinere
oder grössere Zeit liefern, je nachdem der Strom den Elektromagneten
mehr oder weniger lange durchflossen hatte. Ich vertauschte nunmehr
die beiden Contacte des Fallaparates mit einander, nachdem ich zuvor
den sehr unzuverlässigen Cattell’schen Oeffnungscontact durch einen
besseren, nach dem Prinzipe des Lippenschlüssels gearbeiteten ersetzt
hatte. Durch Regulirung der Abreissfedern wurde darauf der Anker
des Chronoskopes so eingestellt, dass bei unveränderter Stromstärke
nach dem umgekehrten Prinzipe sich nahezu die gleiche Fallzeit für
die Fallplatte ergab, wie früher. Erst nachträglich übersah ich, dass
*) Recension von Münsterberg’s Beiträgen zur experimentellen Psycho-
logie, Göttingische gelehrte Anzeigen, 1891, Nr. 11, p. 398.
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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/30>, abgerufen am 16.07.2024.
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