möglich. Wir haben zunächst zu bemerken, dass die beiden Versuche an Da. nicht ganz einwandfrei sind. Beim Lernen ergab sich für ihn eigentlich gar keine deutliche Beeinflussung durch den Alkohol, da auch seine Normalreihe eine ähnliche Beschleunigung einfach als Uebungs- wirkung dargeboten hatte. Den Leseversuch aber führte er offenbar in ungünstiger Disposition aus, wie die auffallend niedrige Anfangs- leistung andeutet. Auch K. war beim Leseversuch wahrscheinlich von vornherein ermüdet. Von den übrigen Personen aber müssen wir Ha., der mit guter Geschwindigkeit den Versuch begann, wegen Fehlens der Beschleunigung wahrscheinlich als in höherem Grade empfindlich gegen den Alkohol betrachten, da wir auch sonst das rasche Auf- treten der Lähmungserscheinungen bei grösseren Gaben oder geringerer Widerstandsfähigkeit gegen das Mittel häufiger nachweisen konnten. Wir erinnern uns dabei, dass wir Ha. ohnedies als leicht ermüdbar und ablenkbar kennen gelernt haben.
Die Unterschiede der Alkoholwirkung beim Lernen habe ich früher, namentlich im Hinblick auf die Erfahrungen mit Thee, durch die Be- ziehungen zu der individuellen Methode zu erklären versucht. Die sensorisch lernenden, langsam wiederholenden Personen, also, wenn wir von Da. absehen, M. und Ha., sollten deswegen dem beschleuni- genden Einflusse des Alkohols nicht zugänglich sein. Dabei muss allerdings die Annahme gemacht werden, dass O., bei dem man eine Beschleunigung erwarten sollte, überhaupt oder an jenem Versuchs- tage besonders empfindlich gegen den Alkohol gewesen sei. That- sächlich ist seine Beschleunigung beim Lesen trotz anfänglich guter Disposition verhältnissmässig gering, und seine Ermüdbarkeit hat sich früher als sehr bedeutend erwiesen. Nicht unwichtig ist endlich für die Würdigung dieser Verhältnisse noch die Erfahrung, dass De. bei einer Gabe von 30 gr Alkohol keine Erleichterung des Lernens mehr darbot, während sie bei K. noch sehr deutlich hervortrat. Wir haben daher im Hinblick auch auf die stärkere Beschleunigung des Lernens bei 20 gr, trotz des offenbar nicht ganz massgebenden Leseversuches, wol das Recht, bei K. eine geringere Empfindlichkeit gegen den Alkohol vorauszusetzen, als bei De.
Ueber die Lähmung durch den Alkohol giebt die der vorigen ganz ähnlich zusammengestellte Tabelle XC Aufschluss.
möglich. Wir haben zunächst zu bemerken, dass die beiden Versuche an Da. nicht ganz einwandfrei sind. Beim Lernen ergab sich für ihn eigentlich gar keine deutliche Beeinflussung durch den Alkohol, da auch seine Normalreihe eine ähnliche Beschleunigung einfach als Uebungs- wirkung dargeboten hatte. Den Leseversuch aber führte er offenbar in ungünstiger Disposition aus, wie die auffallend niedrige Anfangs- leistung andeutet. Auch K. war beim Leseversuch wahrscheinlich von vornherein ermüdet. Von den übrigen Personen aber müssen wir Ha., der mit guter Geschwindigkeit den Versuch begann, wegen Fehlens der Beschleunigung wahrscheinlich als in höherem Grade empfindlich gegen den Alkohol betrachten, da wir auch sonst das rasche Auf- treten der Lähmungserscheinungen bei grösseren Gaben oder geringerer Widerstandsfähigkeit gegen das Mittel häufiger nachweisen konnten. Wir erinnern uns dabei, dass wir Ha. ohnedies als leicht ermüdbar und ablenkbar kennen gelernt haben.
Die Unterschiede der Alkoholwirkung beim Lernen habe ich früher, namentlich im Hinblick auf die Erfahrungen mit Thee, durch die Be- ziehungen zu der individuellen Methode zu erklären versucht. Die sensorisch lernenden, langsam wiederholenden Personen, also, wenn wir von Da. absehen, M. und Ha., sollten deswegen dem beschleuni- genden Einflusse des Alkohols nicht zugänglich sein. Dabei muss allerdings die Annahme gemacht werden, dass O., bei dem man eine Beschleunigung erwarten sollte, überhaupt oder an jenem Versuchs- tage besonders empfindlich gegen den Alkohol gewesen sei. That- sächlich ist seine Beschleunigung beim Lesen trotz anfänglich guter Disposition verhältnissmässig gering, und seine Ermüdbarkeit hat sich früher als sehr bedeutend erwiesen. Nicht unwichtig ist endlich für die Würdigung dieser Verhältnisse noch die Erfahrung, dass De. bei einer Gabe von 30 gr Alkohol keine Erleichterung des Lernens mehr darbot, während sie bei K. noch sehr deutlich hervortrat. Wir haben daher im Hinblick auch auf die stärkere Beschleunigung des Lernens bei 20 gr, trotz des offenbar nicht ganz massgebenden Leseversuches, wol das Recht, bei K. eine geringere Empfindlichkeit gegen den Alkohol vorauszusetzen, als bei De.
Ueber die Lähmung durch den Alkohol giebt die der vorigen ganz ähnlich zusammengestellte Tabelle XC Aufschluss.
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[253/0269]
möglich. Wir haben zunächst zu bemerken, dass die beiden Versuche
an Da. nicht ganz einwandfrei sind. Beim Lernen ergab sich für ihn
eigentlich gar keine deutliche Beeinflussung durch den Alkohol, da auch
seine Normalreihe eine ähnliche Beschleunigung einfach als Uebungs-
wirkung dargeboten hatte. Den Leseversuch aber führte er offenbar
in ungünstiger Disposition aus, wie die auffallend niedrige Anfangs-
leistung andeutet. Auch K. war beim Leseversuch wahrscheinlich von
vornherein ermüdet. Von den übrigen Personen aber müssen wir Ha.,
der mit guter Geschwindigkeit den Versuch begann, wegen Fehlens
der Beschleunigung wahrscheinlich als in höherem Grade empfindlich
gegen den Alkohol betrachten, da wir auch sonst das rasche Auf-
treten der Lähmungserscheinungen bei grösseren Gaben oder geringerer
Widerstandsfähigkeit gegen das Mittel häufiger nachweisen konnten.
Wir erinnern uns dabei, dass wir Ha. ohnedies als leicht ermüdbar
und ablenkbar kennen gelernt haben.
Die Unterschiede der Alkoholwirkung beim Lernen habe ich früher,
namentlich im Hinblick auf die Erfahrungen mit Thee, durch die Be-
ziehungen zu der individuellen Methode zu erklären versucht. Die
sensorisch lernenden, langsam wiederholenden Personen, also, wenn wir
von Da. absehen, M. und Ha., sollten deswegen dem beschleuni-
genden Einflusse des Alkohols nicht zugänglich sein. Dabei muss
allerdings die Annahme gemacht werden, dass O., bei dem man eine
Beschleunigung erwarten sollte, überhaupt oder an jenem Versuchs-
tage besonders empfindlich gegen den Alkohol gewesen sei. That-
sächlich ist seine Beschleunigung beim Lesen trotz anfänglich guter
Disposition verhältnissmässig gering, und seine Ermüdbarkeit hat sich
früher als sehr bedeutend erwiesen. Nicht unwichtig ist endlich für
die Würdigung dieser Verhältnisse noch die Erfahrung, dass De. bei
einer Gabe von 30 gr Alkohol keine Erleichterung des Lernens mehr
darbot, während sie bei K. noch sehr deutlich hervortrat. Wir haben
daher im Hinblick auch auf die stärkere Beschleunigung des Lernens
bei 20 gr, trotz des offenbar nicht ganz massgebenden Leseversuches,
wol das Recht, bei K. eine geringere Empfindlichkeit gegen den
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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/269>, abgerufen am 16.07.2024.
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