Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Lotte. Grüne Augen? Verflucht! Wer hat ihm denn gesagt, daß meine Augen grün sind? Man hat wohl eher Verse auf meine Augen gemacht. Doch an seinem Beyfall ist mir wenig gelegen. Aber wenn er mich nicht ansehen will, so sprech' er we- nigstens mit mir. Franz. Ich spreche mit keiner Meerkatze. Lotte. Hör er, mein Freund! ich dächte, er ließe sich an eine Kette legen und wie ein polnischer Bär für Geld sehen. Etwas so Grobes, Unge- schliffenes sieht man nicht alle Tage. Aber er soll wissen, das ich von gutem Hause bin, und daß meine Erziehung mich dergleichen Sottisen verach- ten lehrt. Franz. Das freut mich. Lotte. Also kurz und gut zur Sache: wer ist sein Herr? Franz. Ein Mann. Lotte. Nun freylich ist er kein Weib; denn sonst wäre er höflicher, und ließe sich auch nicht von einem solchen Grobian bedienen. Aber wie heißt er? Franz. Man nannte ihn nach seinem Vater. Lotte. Und der war? -- Franz. Verheurathet. Lotte. Gruͤne Augen? Verflucht! Wer hat ihm denn geſagt, daß meine Augen gruͤn ſind? Man hat wohl eher Verſe auf meine Augen gemacht. Doch an ſeinem Beyfall iſt mir wenig gelegen. Aber wenn er mich nicht anſehen will, ſo ſprech’ er we- nigſtens mit mir. Franz. Ich ſpreche mit keiner Meerkatze. Lotte. Hoͤr er, mein Freund! ich daͤchte, er ließe ſich an eine Kette legen und wie ein polniſcher Baͤr fuͤr Geld ſehen. Etwas ſo Grobes, Unge- ſchliffenes ſieht man nicht alle Tage. Aber er ſoll wiſſen, das ich von gutem Hauſe bin, und daß meine Erziehung mich dergleichen Sottiſen verach- ten lehrt. Franz. Das freut mich. Lotte. Alſo kurz und gut zur Sache: wer iſt ſein Herr? Franz. Ein Mann. Lotte. Nun freylich iſt er kein Weib; denn ſonſt waͤre er hoͤflicher, und ließe ſich auch nicht von einem ſolchen Grobian bedienen. Aber wie heißt er? Franz. Man nannte ihn nach ſeinem Vater. Lotte. Und der war? — Franz. Verheurathet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0083" n="75"/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker> <p>Gruͤne Augen? Verflucht! Wer hat ihm<lb/> denn geſagt, daß meine Augen gruͤn ſind? Man<lb/> hat wohl eher Verſe auf meine Augen gemacht.<lb/> Doch an ſeinem Beyfall iſt mir wenig gelegen. Aber<lb/> wenn er mich nicht anſehen will, ſo ſprech’ er we-<lb/> nigſtens mit mir.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Ich ſpreche mit keiner Meerkatze.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker> <p>Hoͤr er, mein Freund! ich daͤchte, er<lb/> ließe ſich an eine Kette legen und wie ein polniſcher<lb/> Baͤr fuͤr Geld ſehen. Etwas ſo Grobes, Unge-<lb/> ſchliffenes ſieht man nicht alle Tage. Aber er ſoll<lb/> wiſſen, das ich von gutem Hauſe bin, und daß<lb/> meine Erziehung mich dergleichen Sottiſen verach-<lb/> ten lehrt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Das freut mich.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker> <p>Alſo kurz und gut zur Sache: wer iſt<lb/> ſein Herr?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Ein Mann.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker> <p>Nun freylich iſt er kein Weib; denn<lb/> ſonſt waͤre er hoͤflicher, und ließe ſich auch nicht von<lb/> einem ſolchen Grobian bedienen. Aber wie heißt er?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Man nannte ihn nach ſeinem Vater.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker> <p>Und der war? —</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Verheurathet.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0083]
Lotte. Gruͤne Augen? Verflucht! Wer hat ihm
denn geſagt, daß meine Augen gruͤn ſind? Man
hat wohl eher Verſe auf meine Augen gemacht.
Doch an ſeinem Beyfall iſt mir wenig gelegen. Aber
wenn er mich nicht anſehen will, ſo ſprech’ er we-
nigſtens mit mir.
Franz. Ich ſpreche mit keiner Meerkatze.
Lotte. Hoͤr er, mein Freund! ich daͤchte, er
ließe ſich an eine Kette legen und wie ein polniſcher
Baͤr fuͤr Geld ſehen. Etwas ſo Grobes, Unge-
ſchliffenes ſieht man nicht alle Tage. Aber er ſoll
wiſſen, das ich von gutem Hauſe bin, und daß
meine Erziehung mich dergleichen Sottiſen verach-
ten lehrt.
Franz. Das freut mich.
Lotte. Alſo kurz und gut zur Sache: wer iſt
ſein Herr?
Franz. Ein Mann.
Lotte. Nun freylich iſt er kein Weib; denn
ſonſt waͤre er hoͤflicher, und ließe ſich auch nicht von
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/83>, abgerufen am 16.02.2025. |