Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
sicht der Sonne, Gott meinen Dank dargebracht, und nun komme ich zu Ihnen, edle Frau. Lassen Sie mich meine Thränen auf Ihre wohlthätige Hand weinen! Lassen Sie mich Ihre Kniee umfassen! (er will niederfallen, Eulalia verhindert es) Um Ihrent- willen hat Gott mein Alter gesegnet. Der fremde Herr, der dort in meiner Nachbarschaft wohnt, hat mir heute einen Beutel mit Gold geschenkt, um meinen Hans loszukaufen. Ich bin auf dem Wege nach der Stadt; ich kaufe meinen Hans los; dann giebt er mir eine brave Schwiegertoch- ter; dann schaukele ich vielleicht noch Enkel auf meinen Knieen -- und Sie, wenn Sie dann vor meiner glücklichen Hütte vorübergehen -- o wie wohl muß Ihnen zu Muthe werden, wenn Sie sich sagen: das ist mein Werk! Eulal. (bittend) Genug, Alter, genug! Greis. Ja wohl genug! denn ich kann's doch nicht so von mir geben, wie es hier in meinem Herzen geschrieben steht. Gott weiß das besser. Gott und Ihr Herz mögen es Ihnen vergelten! (ab). D
ſicht der Sonne, Gott meinen Dank dargebracht, und nun komme ich zu Ihnen, edle Frau. Laſſen Sie mich meine Thraͤnen auf Ihre wohlthaͤtige Hand weinen! Laſſen Sie mich Ihre Kniee umfaſſen! (er will niederfallen, Eulalia verhindert es) Um Ihrent- willen hat Gott mein Alter geſegnet. Der fremde Herr, der dort in meiner Nachbarſchaft wohnt, hat mir heute einen Beutel mit Gold geſchenkt, um meinen Hans loszukaufen. Ich bin auf dem Wege nach der Stadt; ich kaufe meinen Hans los; dann giebt er mir eine brave Schwiegertoch- ter; dann ſchaukele ich vielleicht noch Enkel auf meinen Knieen — und Sie, wenn Sie dann vor meiner gluͤcklichen Huͤtte voruͤbergehen — o wie wohl muß Ihnen zu Muthe werden, wenn Sie ſich ſagen: das iſt mein Werk! Eulal. (bittend) Genug, Alter, genug! Greis. Ja wohl genug! denn ich kann’s doch nicht ſo von mir geben, wie es hier in meinem Herzen geſchrieben ſteht. Gott weiß das beſſer. Gott und Ihr Herz moͤgen es Ihnen vergelten! (ab). D
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ſicht der Sonne, Gott meinen Dank dargebracht,
und nun komme ich zu Ihnen, edle Frau. Laſſen
Sie mich meine Thraͤnen auf Ihre wohlthaͤtige
Hand weinen! Laſſen Sie mich Ihre Kniee umfaſſen!
(er will niederfallen, Eulalia verhindert es) Um Ihrent-
willen hat Gott mein Alter geſegnet. Der fremde
Herr, der dort in meiner Nachbarſchaft wohnt,
hat mir heute einen Beutel mit Gold geſchenkt,
um meinen Hans loszukaufen. Ich bin auf dem
Wege nach der Stadt; ich kaufe meinen Hans
los; dann giebt er mir eine brave Schwiegertoch-
ter; dann ſchaukele ich vielleicht noch Enkel auf
meinen Knieen — und Sie, wenn Sie dann vor
meiner gluͤcklichen Huͤtte voruͤbergehen — o wie
wohl muß Ihnen zu Muthe werden, wenn Sie ſich
ſagen: das iſt mein Werk!
Eulal. (bittend) Genug, Alter, genug!
Greis. Ja wohl genug! denn ich kann’s doch
nicht ſo von mir geben, wie es hier in meinem
Herzen geſchrieben ſteht. Gott weiß das beſſer.
Gott und Ihr Herz moͤgen es Ihnen vergelten!
(ab).
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/57>, abgerufen am 16.02.2025. |