Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Franz. Auch das, wenn Sie Lust dazu haben.
Ich sah sie einigemal im Garten; sie ist eine schöne
Frau.
Unbek. Desto schlimmer! Schönheit ist Larve.
Franz. Bey ihr scheint sie Spiegel der Seele.
Ihre Wohlthaten --
Unbek. Ach, rede mir nicht von ihren Wohl-
thaten! Glänzen und schimmern wollen Sie alle;
eine Frau in der Stadt durch ihren Witz, eine
Frau auf dem Lande durch ihr Herz. Oder sie ist
eine Betschwester, und dann ist es eitel Gleis-
nerey.
Franz. Gleichviel wie das Gute gestiftet wird.
Unbek. Nicht gleichviel.
Franz. Für den armen Alten wenigstens.
Unbek. Desto besser. So kann er meiner Hülfe
entbehren.
Franz. Das fragt sich noch.
Unbek. Wie so?
Franz. Seinen dringendsten Bedürfnissen hat
Madam Müller abgeholfen; ob Sie ihm aber so
viel gab, oder geben konnte, um sich auch die
Stütze seines Alters zurück zu erkaufen --
Franz. Auch das, wenn Sie Luſt dazu haben.
Ich ſah ſie einigemal im Garten; ſie iſt eine ſchoͤne
Frau.
Unbek. Deſto ſchlimmer! Schoͤnheit iſt Larve.
Franz. Bey ihr ſcheint ſie Spiegel der Seele.
Ihre Wohlthaten —
Unbek. Ach, rede mir nicht von ihren Wohl-
thaten! Glaͤnzen und ſchimmern wollen Sie alle;
eine Frau in der Stadt durch ihren Witz, eine
Frau auf dem Lande durch ihr Herz. Oder ſie iſt
eine Betſchweſter, und dann iſt es eitel Gleis-
nerey.
Franz. Gleichviel wie das Gute geſtiftet wird.
Unbek. Nicht gleichviel.
Franz. Fuͤr den armen Alten wenigſtens.
Unbek. Deſto beſſer. So kann er meiner Huͤlfe
entbehren.
Franz. Das fragt ſich noch.
Unbek. Wie ſo?
Franz. Seinen dringendſten Beduͤrfniſſen hat
Madam Muͤller abgeholfen; ob Sie ihm aber ſo
viel gab, oder geben konnte, um ſich auch die
Stuͤtze ſeines Alters zuruͤck zu erkaufen —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0022" n="14"/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Auch das, wenn Sie Lu&#x017F;t dazu haben.<lb/>
Ich &#x017F;ah &#x017F;ie einigemal im Garten; &#x017F;ie i&#x017F;t eine &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Frau.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>De&#x017F;to &#x017F;chlimmer! Scho&#x0364;nheit i&#x017F;t Larve.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Bey ihr &#x017F;cheint &#x017F;ie Spiegel der Seele.<lb/>
Ihre Wohlthaten &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Ach, rede mir nicht von ihren Wohl-<lb/>
thaten! Gla&#x0364;nzen und &#x017F;chimmern wollen Sie alle;<lb/>
eine Frau in der Stadt durch ihren Witz, eine<lb/>
Frau auf dem Lande durch ihr Herz. Oder &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
eine Bet&#x017F;chwe&#x017F;ter, und dann i&#x017F;t es eitel Gleis-<lb/>
nerey.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Gleichviel wie das Gute ge&#x017F;tiftet wird.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Nicht gleichviel.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Fu&#x0364;r den armen Alten wenig&#x017F;tens.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>De&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er. So kann er meiner Hu&#x0364;lfe<lb/>
entbehren.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Das fragt &#x017F;ich noch.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Wie &#x017F;o?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FRA">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
              <p>Seinen dringend&#x017F;ten Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en hat<lb/>
Madam Mu&#x0364;ller abgeholfen; ob Sie ihm aber &#x017F;o<lb/>
viel gab, oder geben konnte, um &#x017F;ich auch die<lb/>
Stu&#x0364;tze &#x017F;eines Alters zuru&#x0364;ck zu erkaufen &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0022] Franz. Auch das, wenn Sie Luſt dazu haben. Ich ſah ſie einigemal im Garten; ſie iſt eine ſchoͤne Frau. Unbek. Deſto ſchlimmer! Schoͤnheit iſt Larve. Franz. Bey ihr ſcheint ſie Spiegel der Seele. Ihre Wohlthaten — Unbek. Ach, rede mir nicht von ihren Wohl- thaten! Glaͤnzen und ſchimmern wollen Sie alle; eine Frau in der Stadt durch ihren Witz, eine Frau auf dem Lande durch ihr Herz. Oder ſie iſt eine Betſchweſter, und dann iſt es eitel Gleis- nerey. Franz. Gleichviel wie das Gute geſtiftet wird. Unbek. Nicht gleichviel. Franz. Fuͤr den armen Alten wenigſtens. Unbek. Deſto beſſer. So kann er meiner Huͤlfe entbehren. Franz. Das fragt ſich noch. Unbek. Wie ſo? Franz. Seinen dringendſten Beduͤrfniſſen hat Madam Muͤller abgeholfen; ob Sie ihm aber ſo viel gab, oder geben konnte, um ſich auch die Stuͤtze ſeines Alters zuruͤck zu erkaufen —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/22
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/22>, abgerufen am 03.12.2024.