Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
machen, seine Verzeihung zu erhalten. Daß er ja überzeugt sey, ich wolle meine Ehre nicht auf Kosten der seinigen wieder herstellen. -- Meine zweyte Bitte -- ist -- um Nachricht von meinen Kindern. Major. Wenn Menschlichkeit und Freundschaft etwas über ihn vermögen, so wird er keinen Augen- blick anstehn, in Ihr Verlangen zu willigen. (mit einer Verbeugung) Ich eile -- Gräfin. Gott sey mit dir! Eulal. Und mein Gebet! Major. (ab.) Gräfin. Ihm nach, liebe Freundin! Einen Gang im Schatten der Linden, bis er mit Hoffnung und Trost zurückkehrt. Eulal. (vor sich hinstarrend) Wie sich das in mei- nem armen Herzen durchkreuzt! Hier mein Ge- mahl, dort meine Kinder. -- Hier entflohene Freu- den und Schrecken der Zukunft -- dort die mütter- liche Wonne des Wiedersehens. -- Ach! theure Gräfin! es giebt Augenblicke, in welchen man Jahre durchlebt; Augenblicke, welche schwarzes Haar in grau zu wandlen vermögen, und tiefe Run- zeln auf jugendliche Wangen furchen.
machen, ſeine Verzeihung zu erhalten. Daß er ja uͤberzeugt ſey, ich wolle meine Ehre nicht auf Koſten der ſeinigen wieder herſtellen. — Meine zweyte Bitte — iſt — um Nachricht von meinen Kindern. Major. Wenn Menſchlichkeit und Freundſchaft etwas uͤber ihn vermoͤgen, ſo wird er keinen Augen- blick anſtehn, in Ihr Verlangen zu willigen. (mit einer Verbeugung) Ich eile — Graͤfin. Gott ſey mit dir! Eulal. Und mein Gebet! Major. (ab.) Graͤfin. Ihm nach, liebe Freundin! Einen Gang im Schatten der Linden, bis er mit Hoffnung und Troſt zuruͤckkehrt. Eulal. (vor ſich hinſtarrend) Wie ſich das in mei- nem armen Herzen durchkreuzt! Hier mein Ge- mahl, dort meine Kinder. — Hier entflohene Freu- den und Schrecken der Zukunft — dort die muͤtter- liche Wonne des Wiederſehens. — Ach! theure Graͤfin! es giebt Augenblicke, in welchen man Jahre durchlebt; Augenblicke, welche ſchwarzes Haar in grau zu wandlen vermoͤgen, und tiefe Run- zeln auf jugendliche Wangen furchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#EUL"> <p><pb facs="#f0156" n="148"/> machen, ſeine Verzeihung zu erhalten. Daß er ja<lb/> uͤberzeugt ſey, ich wolle meine Ehre nicht auf Koſten<lb/> der ſeinigen wieder herſtellen. — Meine zweyte<lb/> Bitte — iſt — um Nachricht von meinen Kindern.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Wenn Menſchlichkeit und Freundſchaft<lb/> etwas uͤber ihn vermoͤgen, ſo wird er keinen Augen-<lb/> blick anſtehn, in Ihr Verlangen zu willigen.</p><lb/> <stage>(mit einer Verbeugung)</stage> <p>Ich eile —</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Gott ſey mit dir!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Und mein Gebet!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <stage>(ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Ihm nach, liebe Freundin! Einen Gang<lb/> im Schatten der Linden, bis er mit Hoffnung und<lb/> Troſt zuruͤckkehrt.</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(vor ſich hinſtarrend)</stage> <p>Wie ſich das in mei-<lb/> nem armen Herzen durchkreuzt! Hier mein Ge-<lb/> mahl, dort meine Kinder. — Hier entflohene Freu-<lb/> den und Schrecken der Zukunft — dort die muͤtter-<lb/> liche Wonne des Wiederſehens. — Ach! theure<lb/> Graͤfin! es giebt Augenblicke, in welchen man<lb/> Jahre durchlebt; Augenblicke, welche ſchwarzes<lb/> Haar in grau zu wandlen vermoͤgen, und tiefe Run-<lb/> zeln auf jugendliche Wangen furchen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0156]
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uͤberzeugt ſey, ich wolle meine Ehre nicht auf Koſten
der ſeinigen wieder herſtellen. — Meine zweyte
Bitte — iſt — um Nachricht von meinen Kindern.
Major. Wenn Menſchlichkeit und Freundſchaft
etwas uͤber ihn vermoͤgen, ſo wird er keinen Augen-
blick anſtehn, in Ihr Verlangen zu willigen.
(mit einer Verbeugung) Ich eile —
Graͤfin. Gott ſey mit dir!
Eulal. Und mein Gebet!
Major. (ab.)
Graͤfin. Ihm nach, liebe Freundin! Einen Gang
im Schatten der Linden, bis er mit Hoffnung und
Troſt zuruͤckkehrt.
Eulal. (vor ſich hinſtarrend) Wie ſich das in mei-
nem armen Herzen durchkreuzt! Hier mein Ge-
mahl, dort meine Kinder. — Hier entflohene Freu-
den und Schrecken der Zukunft — dort die muͤtter-
liche Wonne des Wiederſehens. — Ach! theure
Graͤfin! es giebt Augenblicke, in welchen man
Jahre durchlebt; Augenblicke, welche ſchwarzes
Haar in grau zu wandlen vermoͤgen, und tiefe Run-
zeln auf jugendliche Wangen furchen.
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/156>, abgerufen am 17.02.2025. |