Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
Wenn ich ein König wäre, ich würde meine Unter- thanen glücklich machen, so viel in meinen Kräften stünde; wen ich aber nicht glücklich machen könnte, der müßte über die Grenze. Major. Also würden Sie die Menschen nur glücklich machen, um keine traurigen Gesichter um sich her zu sehen? Graf. Allerdings. Major. Ein sehr egoistischer Grundsatz. Graf. Ach lieber Herr Bruder! Egoisten sind wir alle; der eine mehr, der andere weniger; der eine läßt seinen Egoismus nackend laufen, der an- dere hängt ihm ein Mäntelchen um. Major. Daß ich jetzt nicht gestimmt bin; mit Ihnen darüber zu disputiren! Graf. Auf ein anderes Mal, bey einer Pfeife Toback. -- Apropos! was macht Madam Müller? Major. Apropos? ein allerliebstes Apropos! Graf. Nun dann, ohne Apropos! Major. Sie hat sich erhohlt. Graf. Wird sie zum Essen kommen? Major. Nein. Graf. Meine Frau auch nicht? Major. Ich zweifle.
Wenn ich ein Koͤnig waͤre, ich wuͤrde meine Unter- thanen gluͤcklich machen, ſo viel in meinen Kraͤften ſtuͤnde; wen ich aber nicht gluͤcklich machen koͤnnte, der muͤßte uͤber die Grenze. Major. Alſo wuͤrden Sie die Menſchen nur gluͤcklich machen, um keine traurigen Geſichter um ſich her zu ſehen? Graf. Allerdings. Major. Ein ſehr egoiſtiſcher Grundſatz. Graf. Ach lieber Herr Bruder! Egoiſten ſind wir alle; der eine mehr, der andere weniger; der eine laͤßt ſeinen Egoismus nackend laufen, der an- dere haͤngt ihm ein Maͤntelchen um. Major. Daß ich jetzt nicht geſtimmt bin; mit Ihnen daruͤber zu diſputiren! Graf. Auf ein anderes Mal, bey einer Pfeife Toback. — Apropos! was macht Madam Muͤller? Major. Apropos? ein allerliebſtes Apropos! Graf. Nun dann, ohne Apropos! Major. Sie hat ſich erhohlt. Graf. Wird ſie zum Eſſen kommen? Major. Nein. Graf. Meine Frau auch nicht? Major. Ich zweifle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#GRAF"> <p><pb facs="#f0151" n="143"/> Wenn ich ein Koͤnig waͤre, ich wuͤrde meine Unter-<lb/> thanen gluͤcklich machen, ſo viel in meinen Kraͤften<lb/> ſtuͤnde; wen ich aber nicht gluͤcklich machen koͤnnte,<lb/> der muͤßte uͤber die Grenze.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Alſo wuͤrden Sie die Menſchen nur<lb/> gluͤcklich machen, um keine traurigen Geſichter um<lb/> ſich her zu ſehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Allerdings.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Ein ſehr egoiſtiſcher Grundſatz.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Ach lieber Herr Bruder! Egoiſten ſind<lb/> wir alle; der eine mehr, der andere weniger; der<lb/> eine laͤßt ſeinen Egoismus nackend laufen, der an-<lb/> dere haͤngt ihm ein Maͤntelchen um.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Daß ich jetzt nicht geſtimmt bin; mit<lb/> Ihnen daruͤber zu diſputiren!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Auf ein anderes Mal, bey einer Pfeife<lb/> Toback. — Apropos! was macht Madam Muͤller?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Apropos? ein allerliebſtes Apropos!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Nun dann, ohne Apropos!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Sie hat ſich erhohlt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Wird ſie zum Eſſen kommen?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Nein.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Meine Frau auch nicht?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Ich zweifle.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0151]
Wenn ich ein Koͤnig waͤre, ich wuͤrde meine Unter-
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der muͤßte uͤber die Grenze.
Major. Alſo wuͤrden Sie die Menſchen nur
gluͤcklich machen, um keine traurigen Geſichter um
ſich her zu ſehen?
Graf. Allerdings.
Major. Ein ſehr egoiſtiſcher Grundſatz.
Graf. Ach lieber Herr Bruder! Egoiſten ſind
wir alle; der eine mehr, der andere weniger; der
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Major. Daß ich jetzt nicht geſtimmt bin; mit
Ihnen daruͤber zu diſputiren!
Graf. Auf ein anderes Mal, bey einer Pfeife
Toback. — Apropos! was macht Madam Muͤller?
Major. Apropos? ein allerliebſtes Apropos!
Graf. Nun dann, ohne Apropos!
Major. Sie hat ſich erhohlt.
Graf. Wird ſie zum Eſſen kommen?
Major. Nein.
Graf. Meine Frau auch nicht?
Major. Ich zweifle.
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/151>, abgerufen am 17.02.2025. |