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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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lich einige ganz alltägliche Bemerkungen. Die
hochedle Mamsell vermeynte, jeder Mensch habe
seine Fehler, und da sagte ich ja. Bald darauf
merkte ich an, daß auch der beste Mensch auf der
Welt seine kleinen Schwachheiten habe, und da
sagte die Mamsell ja.
Major. Ist das eine Einleitung in die Fehler
und Schwachheiten der Madam Müller, so bin ich
begierig mehr zu hören.
Bitterm. Ja, lieber Gott! Madam Müller ist
wohl eine kreuzbrave Frau, aber sie ist doch auch
noch lange kein Engel. Als einem alten treuen
Diener des Hochgräflich Winterseeischen Hauses,
liegt es mir ob, der gnädigen Herrschaft allerley
ins Ohr zu raunen, was den Einkünften merkli-
chen Schaden und Nachtheil bringt.
Major. (neugierig) Nun?
Bitterm. Der Herr Graf zum Beyspiel wird
denken, er habe da zum wenigsten noch ein vierzig
bis funfzig Bouteillen von dem alten sechs und
zwanziger Rheinwein im Keller liegen. Ja prosit
die Mahlzeit! Kaum zehn oder funzehn mögen noch
übrig seyn. Ueber meine Zunge ist nicht ein Tropfen
gekommen, nicht einmal an hohen Festtagen.
J
lich einige ganz alltaͤgliche Bemerkungen. Die
hochedle Mamſell vermeynte, jeder Menſch habe
ſeine Fehler, und da ſagte ich ja. Bald darauf
merkte ich an, daß auch der beſte Menſch auf der
Welt ſeine kleinen Schwachheiten habe, und da
ſagte die Mamſell ja.
Major. Iſt das eine Einleitung in die Fehler
und Schwachheiten der Madam Muͤller, ſo bin ich
begierig mehr zu hoͤren.
Bitterm. Ja, lieber Gott! Madam Muͤller iſt
wohl eine kreuzbrave Frau, aber ſie iſt doch auch
noch lange kein Engel. Als einem alten treuen
Diener des Hochgraͤflich Winterſeeiſchen Hauſes,
liegt es mir ob, der gnaͤdigen Herrſchaft allerley
ins Ohr zu raunen, was den Einkuͤnften merkli-
chen Schaden und Nachtheil bringt.
Major. (neugierig) Nun?
Bitterm. Der Herr Graf zum Beyſpiel wird
denken, er habe da zum wenigſten noch ein vierzig
bis funfzig Bouteillen von dem alten ſechs und
zwanziger Rheinwein im Keller liegen. Ja proſit
die Mahlzeit! Kaum zehn oder funzehn moͤgen noch
uͤbrig ſeyn. Ueber meine Zunge iſt nicht ein Tropfen
gekommen, nicht einmal an hohen Feſttagen.
J
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[129/0137] lich einige ganz alltaͤgliche Bemerkungen. Die hochedle Mamſell vermeynte, jeder Menſch habe ſeine Fehler, und da ſagte ich ja. Bald darauf merkte ich an, daß auch der beſte Menſch auf der Welt ſeine kleinen Schwachheiten habe, und da ſagte die Mamſell ja. Major. Iſt das eine Einleitung in die Fehler und Schwachheiten der Madam Muͤller, ſo bin ich begierig mehr zu hoͤren. Bitterm. Ja, lieber Gott! Madam Muͤller iſt wohl eine kreuzbrave Frau, aber ſie iſt doch auch noch lange kein Engel. Als einem alten treuen Diener des Hochgraͤflich Winterſeeiſchen Hauſes, liegt es mir ob, der gnaͤdigen Herrſchaft allerley ins Ohr zu raunen, was den Einkuͤnften merkli- chen Schaden und Nachtheil bringt. Major. (neugierig) Nun? Bitterm. Der Herr Graf zum Beyſpiel wird denken, er habe da zum wenigſten noch ein vierzig bis funfzig Bouteillen von dem alten ſechs und zwanziger Rheinwein im Keller liegen. Ja proſit die Mahlzeit! Kaum zehn oder funzehn moͤgen noch uͤbrig ſeyn. Ueber meine Zunge iſt nicht ein Tropfen gekommen, nicht einmal an hohen Feſttagen. J

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/137>, abgerufen am 03.12.2024.