Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.Vierter Auftritt. Eulalia. Der Major. Eulal. (schlägt die Augen nieder und kämpft mit der Verwirrung einer schönen Seele, welche man auf einer gu- ten That ertappt hat). Der Major. (steht ihr gegenüber und wirft von Zeit zu Zeit Blicke auf Sie, in welchen sein Herz schwimmt). Eulal. (bemüht sich ein anderes Gespräch anzuknüpfen). Mir deucht, der Herr Graf könnte nun bald hier seyn. Der Major. Nicht doch, Madam. Er mag immer langsam fahren; die Wege sind holpericht. Sein Außenbleiben hat mir eine Unterhaltung ver- schaft, die ich nie vergessen werde. Eulal. (lächelnd) Ey, Herr Major, Sie ma- chen eine Satyre auf die Menschen. Der Major. Wie so? Eulal. Weil dergleichen Auftritte Ihnen sel- ten scheinen. Der Major. Wirklich, Madam, Sie haben's errathen. -- Und heute -- ich gestehe es -- ich war so wenig vorbereitet auf eine Bekanntschaft, wie die Ihrige -- ich fühle mich so sehr überrascht -- Vierter Auftritt. Eulalia. Der Major. Eulal. (ſchlägt die Augen nieder und kämpft mit der Verwirrung einer ſchönen Seele, welche man auf einer gu- ten That ertappt hat). Der Major. (ſteht ihr gegenüber und wirft von Zeit zu Zeit Blicke auf Sie, in welchen ſein Herz ſchwimmt). Eulal. (bemüht ſich ein anderes Geſpräch anzuknüpfen). Mir deucht, der Herr Graf koͤnnte nun bald hier ſeyn. Der Major. Nicht doch, Madam. Er mag immer langſam fahren; die Wege ſind holpericht. Sein Außenbleiben hat mir eine Unterhaltung ver- ſchaft, die ich nie vergeſſen werde. Eulal. (lächelnd) Ey, Herr Major, Sie ma- chen eine Satyre auf die Menſchen. Der Major. Wie ſo? Eulal. Weil dergleichen Auftritte Ihnen ſel- ten ſcheinen. Der Major. Wirklich, Madam, Sie haben’s errathen. — Und heute — ich geſtehe es — ich war ſo wenig vorbereitet auf eine Bekanntſchaft, wie die Ihrige — ich fuͤhle mich ſo ſehr uͤberraſcht — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0058" n="50"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vierter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/> <stage>Eulalia. Der Major.</stage><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(ſchlägt die Augen nieder und kämpft mit der<lb/> Verwirrung einer ſchönen Seele, welche man auf einer gu-<lb/> ten That ertappt hat).</stage> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Der Major.</hi> </speaker> <stage>(ſteht ihr gegenüber und wirft von<lb/> Zeit zu Zeit Blicke auf Sie, in welchen ſein Herz ſchwimmt).</stage> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(bemüht ſich ein anderes Geſpräch anzuknüpfen).</stage><lb/> <p>Mir deucht, der Herr Graf koͤnnte nun bald hier<lb/> ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Der Major.</hi> </speaker> <p>Nicht doch, Madam. Er mag<lb/> immer langſam fahren; die Wege ſind holpericht.<lb/> Sein Außenbleiben hat mir eine Unterhaltung ver-<lb/> ſchaft, die ich nie vergeſſen werde.</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(lächelnd)</stage> <p>Ey, Herr Major, Sie ma-<lb/> chen eine Satyre auf die Menſchen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Der Major.</hi> </speaker> <p>Wie ſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Weil dergleichen Auftritte Ihnen ſel-<lb/> ten ſcheinen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Der Major.</hi> </speaker> <p>Wirklich, Madam, Sie haben’s<lb/> errathen. — Und heute — ich geſtehe es — ich<lb/> war ſo wenig vorbereitet auf eine Bekanntſchaft,<lb/> wie die Ihrige — ich fuͤhle mich ſo ſehr uͤberraſcht —<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0058]
Vierter Auftritt.
Eulalia. Der Major.
Eulal. (ſchlägt die Augen nieder und kämpft mit der
Verwirrung einer ſchönen Seele, welche man auf einer gu-
ten That ertappt hat).
Der Major. (ſteht ihr gegenüber und wirft von
Zeit zu Zeit Blicke auf Sie, in welchen ſein Herz ſchwimmt).
Eulal. (bemüht ſich ein anderes Geſpräch anzuknüpfen).
Mir deucht, der Herr Graf koͤnnte nun bald hier
ſeyn.
Der Major. Nicht doch, Madam. Er mag
immer langſam fahren; die Wege ſind holpericht.
Sein Außenbleiben hat mir eine Unterhaltung ver-
ſchaft, die ich nie vergeſſen werde.
Eulal. (lächelnd) Ey, Herr Major, Sie ma-
chen eine Satyre auf die Menſchen.
Der Major. Wie ſo?
Eulal. Weil dergleichen Auftritte Ihnen ſel-
ten ſcheinen.
Der Major. Wirklich, Madam, Sie haben’s
errathen. — Und heute — ich geſtehe es — ich
war ſo wenig vorbereitet auf eine Bekanntſchaft,
wie die Ihrige — ich fuͤhle mich ſo ſehr uͤberraſcht —
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/58>, abgerufen am 27.07.2024. |