Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Bitterm. Recht gut, liebe Herzens-Madam
Müller; aber da hat sonst immer der Haus-Se-
cretair des Herrn Grafen gewohnt. Zwar, den
brauchen Seine Excellenz eben nicht nothwendig;
er hat alle Jahr kaum ein paar Briefe zu schreiben.
Mann könnte ihm -- halt! es kommt mir da ein
vortreflicher Einfall. Sie kennen das kleine Häus-
chen am Ende des Parks? Da wollen wir den
Herrn Secretair hinstopfen.
Eulal. Sie vergessen, lieber Herr Bittermann,
da wohnt der Fremde.
Bitterm. Ach, was geht uns der Fremde an?
Wer hat ihn heißen hineinziehen? er muß heraus.
Eulal. Das wäre unbillig. Sie selbst haben
die Wohnung ihm eingeräumet, und ich denke, er
bezahlt sie Ihnen gut.
Bitterm. Er bezahlt wohl, und so ein Acci-
dens für einen armen Verwalter ist freylich nicht
zu verachten; aber --
Eulal. Nun, aber?
Bitterm. Aber man weiß doch nicht, wer er
ist; kein Teufel kann klug aus ihm werden. Ich
habe den Henker von seinem Gelde, wenn er mich
für jeden Groschen quälen will.
Bitterm. Recht gut, liebe Herzens-Madam
Muͤller; aber da hat ſonſt immer der Haus-Se-
cretair des Herrn Grafen gewohnt. Zwar, den
brauchen Seine Excellenz eben nicht nothwendig;
er hat alle Jahr kaum ein paar Briefe zu ſchreiben.
Mann koͤnnte ihm — halt! es kommt mir da ein
vortreflicher Einfall. Sie kennen das kleine Haͤus-
chen am Ende des Parks? Da wollen wir den
Herrn Secretair hinſtopfen.
Eulal. Sie vergeſſen, lieber Herr Bittermann,
da wohnt der Fremde.
Bitterm. Ach, was geht uns der Fremde an?
Wer hat ihn heißen hineinziehen? er muß heraus.
Eulal. Das waͤre unbillig. Sie ſelbſt haben
die Wohnung ihm eingeraͤumet, und ich denke, er
bezahlt ſie Ihnen gut.
Bitterm. Er bezahlt wohl, und ſo ein Acci-
dens fuͤr einen armen Verwalter iſt freylich nicht
zu verachten; aber —
Eulal. Nun, aber?
Bitterm. Aber man weiß doch nicht, wer er
iſt; kein Teufel kann klug aus ihm werden. Ich
habe den Henker von ſeinem Gelde, wenn er mich
fuͤr jeden Groſchen quaͤlen will.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0039" n="31"/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Recht gut, liebe Herzens-Madam<lb/>
Mu&#x0364;ller; aber da hat &#x017F;on&#x017F;t immer der Haus-Se-<lb/>
cretair des Herrn Grafen gewohnt. Zwar, den<lb/>
brauchen Seine Excellenz eben nicht nothwendig;<lb/>
er hat alle Jahr kaum ein paar Briefe zu &#x017F;chreiben.<lb/>
Mann ko&#x0364;nnte ihm &#x2014; halt! es kommt mir da ein<lb/>
vortreflicher Einfall. Sie kennen das kleine Ha&#x0364;us-<lb/>
chen am Ende des Parks? Da wollen wir den<lb/>
Herrn Secretair hin&#x017F;topfen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Sie verge&#x017F;&#x017F;en, lieber Herr Bittermann,<lb/>
da wohnt der Fremde.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Ach, was geht uns der Fremde an?<lb/>
Wer hat ihn heißen hineinziehen? er muß heraus.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Das wa&#x0364;re unbillig. Sie &#x017F;elb&#x017F;t haben<lb/>
die Wohnung ihm eingera&#x0364;umet, und ich denke, er<lb/>
bezahlt &#x017F;ie Ihnen gut.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Er bezahlt wohl, und &#x017F;o ein Acci-<lb/>
dens fu&#x0364;r einen armen Verwalter i&#x017F;t freylich nicht<lb/>
zu verachten; aber &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Nun, aber?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Aber man weiß doch nicht, wer er<lb/>
i&#x017F;t; kein Teufel kann klug aus ihm werden. Ich<lb/>
habe den Henker von &#x017F;einem Gelde, wenn er mich<lb/>
fu&#x0364;r jeden Gro&#x017F;chen qua&#x0364;len will.</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0039] Bitterm. Recht gut, liebe Herzens-Madam Muͤller; aber da hat ſonſt immer der Haus-Se- cretair des Herrn Grafen gewohnt. Zwar, den brauchen Seine Excellenz eben nicht nothwendig; er hat alle Jahr kaum ein paar Briefe zu ſchreiben. Mann koͤnnte ihm — halt! es kommt mir da ein vortreflicher Einfall. Sie kennen das kleine Haͤus- chen am Ende des Parks? Da wollen wir den Herrn Secretair hinſtopfen. Eulal. Sie vergeſſen, lieber Herr Bittermann, da wohnt der Fremde. Bitterm. Ach, was geht uns der Fremde an? Wer hat ihn heißen hineinziehen? er muß heraus. Eulal. Das waͤre unbillig. Sie ſelbſt haben die Wohnung ihm eingeraͤumet, und ich denke, er bezahlt ſie Ihnen gut. Bitterm. Er bezahlt wohl, und ſo ein Acci- dens fuͤr einen armen Verwalter iſt freylich nicht zu verachten; aber — Eulal. Nun, aber? Bitterm. Aber man weiß doch nicht, wer er iſt; kein Teufel kann klug aus ihm werden. Ich habe den Henker von ſeinem Gelde, wenn er mich fuͤr jeden Groſchen quaͤlen will.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/39
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/39>, abgerufen am 29.11.2024.