Kotzebue, August von: Die deutschen Kleinstädter. Leipzig, 1803. Sab. (bey Seite) O weh! Fr. Staar. An deinem Ehrentage leih' ich es dir. Oder auch schon morgen am Ver- lobungstage. (sie steckt es zu sich.) Sab. Nein, nein, lieber will ich es nie tragen, nur keine Verlobung. Fr. Staar. So recht Sabingen, ziere dich, wein' ein Thrängen, verstecke dich, das ist fein sittsam, ich hab' es auch so gemacht. Heutzutage sehen die Mädgen ihren Liebha- bern starr in die Augen, und sprechen von ei- ner Verlobung als wie von einem Recept zu einer Mandeltorte. Höchstens bey der Trauung fallen sie noch ein bisgen in Ohnmacht. Sab. Aber bey mir. liebe Großmutter, ist es keine Ziererey. Ich kann den Herrn Sperling nicht ausstehn. Er hängt sich an wie eine Klette, und schwatzt wie eine Elster, -- und kurz, er ist ein Narr. Fr. Staar. Ey ey, Kind, was redest du da? wahre deine Zunge! Ich habe schon manche Dirne spotten hören, die hinterdrein froh
Sab. (bey Seite) O weh! Fr. Staar. An deinem Ehrentage leih’ ich es dir. Oder auch ſchon morgen am Ver- lobungstage. (ſie ſteckt es zu ſich.) Sab. Nein, nein, lieber will ich es nie tragen, nur keine Verlobung. Fr. Staar. So recht Sabingen, ziere dich, wein’ ein Thraͤngen, verſtecke dich, das iſt fein ſittſam, ich hab’ es auch ſo gemacht. Heutzutage ſehen die Maͤdgen ihren Liebha- bern ſtarr in die Augen, und ſprechen von ei- ner Verlobung als wie von einem Recept zu einer Mandeltorte. Hoͤchſtens bey der Trauung fallen ſie noch ein bisgen in Ohnmacht. Sab. Aber bey mir. liebe Großmutter, iſt es keine Ziererey. Ich kann den Herrn Sperling nicht ausſtehn. Er haͤngt ſich an wie eine Klette, und ſchwatzt wie eine Elſter, — und kurz, er iſt ein Narr. Fr. Staar. Ey ey, Kind, was redeſt du da? wahre deine Zunge! Ich habe ſchon manche Dirne ſpotten hoͤren, die hinterdrein froh
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Sab. (bey Seite) O weh!
Fr. Staar. An deinem Ehrentage leih’
ich es dir. Oder auch ſchon morgen am Ver-
lobungstage. (ſie ſteckt es zu ſich.)
Sab. Nein, nein, lieber will ich es nie
tragen, nur keine Verlobung.
Fr. Staar. So recht Sabingen, ziere
dich, wein’ ein Thraͤngen, verſtecke dich, das
iſt fein ſittſam, ich hab’ es auch ſo gemacht.
Heutzutage ſehen die Maͤdgen ihren Liebha-
bern ſtarr in die Augen, und ſprechen von ei-
ner Verlobung als wie von einem Recept zu
einer Mandeltorte. Hoͤchſtens bey der Trauung
fallen ſie noch ein bisgen in Ohnmacht.
Sab. Aber bey mir. liebe Großmutter,
iſt es keine Ziererey. Ich kann den Herrn
Sperling nicht ausſtehn. Er haͤngt ſich an
wie eine Klette, und ſchwatzt wie eine Elſter,
— und kurz, er iſt ein Narr.
Fr. Staar. Ey ey, Kind, was redeſt
du da? wahre deine Zunge! Ich habe ſchon
manche Dirne ſpotten hoͤren, die hinterdrein
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