neuern Zeiten, gemalt, unter Andern die Jungfrau von Orleans.
Die Mazarinsche Bibliothek.
ist 120000 Bände stark, in einem sehr artig dekorirten Saale aufgestellt, aber 5000 Bände liegen noch auf der Erde, denn man hat einen zweiten Saal, ich weis nicht zu welchem Gebrauche, der Bibliothek entzogen. Schöne antike und moderne Büsten stehen rings umher; was aber am merkwürdigsten, ist ein ex voto mit phöni- zischer Schrift, welches die Tyrier bei einem Schiff- bruche gelobet hatten. Da die griechische Uebersetzung darunter steht, so hatte der Abbe Barthelemi, mit Hilfe derselben, einen Theil des phönizischen Alphabets wie- der hergestellt.
Das Observatorium
ist ein großes, sehr bequem eingerichtetes Gebäude, mit gewaltigen Souterrains. Hier steht unter Andern ein 22füßiger Teleskop mit einem Spiegel, der 22 Zoll im Durchmesser hat, aber nicht von Platina ist, wie ich anfangs glaubte. Das Gerüste, auf welchem er ruht, sieht schwer und unbehilflich aus, ist aber durch einen einfachen Mechanismus so eingerichtet, daß ein einziger Mensch die ganze ungeheure Maschine nicht allein hin und her leicht bewegen, sondern auch hinaus auf die Platteforme schieben kann. -- Auf dem Dache wurden eben recht artige Kabinetchen zu Beobachtung der Ko- meten erbaut. -- Die Aussicht über Paris ist hier schön.
neuern Zeiten, gemalt, unter Andern die Jungfrau von Orleans.
Die Mazarinsche Bibliothek.
ist 120000 Baͤnde stark, in einem sehr artig dekorirten Saale aufgestellt, aber 5000 Baͤnde liegen noch auf der Erde, denn man hat einen zweiten Saal, ich weis nicht zu welchem Gebrauche, der Bibliothek entzogen. Schoͤne antike und moderne Buͤsten stehen rings umher; was aber am merkwuͤrdigsten, ist ein ex voto mit phoͤni- zischer Schrift, welches die Tyrier bei einem Schiff- bruche gelobet hatten. Da die griechische Uebersetzung darunter steht, so hatte der Abbé Barthelemi, mit Hilfe derselben, einen Theil des phoͤnizischen Alphabets wie- der hergestellt.
Das Observatorium
ist ein großes, sehr bequem eingerichtetes Gebaͤude, mit gewaltigen Souterrains. Hier steht unter Andern ein 22fuͤßiger Teleskop mit einem Spiegel, der 22 Zoll im Durchmesser hat, aber nicht von Platina ist, wie ich anfangs glaubte. Das Geruͤste, auf welchem er ruht, sieht schwer und unbehilflich aus, ist aber durch einen einfachen Mechanismus so eingerichtet, daß ein einziger Mensch die ganze ungeheure Maschine nicht allein hin und her leicht bewegen, sondern auch hinaus auf die Platteforme schieben kann. — Auf dem Dache wurden eben recht artige Kabinetchen zu Beobachtung der Ko- meten erbaut. — Die Aussicht uͤber Paris ist hier schoͤn.
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neuern Zeiten, gemalt, unter Andern die Jungfrau von
Orleans.
Die Mazarinsche Bibliothek.
ist 120000 Baͤnde stark, in einem sehr artig dekorirten
Saale aufgestellt, aber 5000 Baͤnde liegen noch auf der
Erde, denn man hat einen zweiten Saal, ich weis nicht
zu welchem Gebrauche, der Bibliothek entzogen. Schoͤne
antike und moderne Buͤsten stehen rings umher; was
aber am merkwuͤrdigsten, ist ein ex voto mit phoͤni-
zischer Schrift, welches die Tyrier bei einem Schiff-
bruche gelobet hatten. Da die griechische Uebersetzung
darunter steht, so hatte der Abbé Barthelemi, mit Hilfe
derselben, einen Theil des phoͤnizischen Alphabets wie-
der hergestellt.
Das Observatorium
ist ein großes, sehr bequem eingerichtetes Gebaͤude, mit
gewaltigen Souterrains. Hier steht unter Andern ein
22fuͤßiger Teleskop mit einem Spiegel, der 22 Zoll im
Durchmesser hat, aber nicht von Platina ist, wie ich
anfangs glaubte. Das Geruͤste, auf welchem er ruht,
sieht schwer und unbehilflich aus, ist aber durch einen
einfachen Mechanismus so eingerichtet, daß ein einziger
Mensch die ganze ungeheure Maschine nicht allein hin
und her leicht bewegen, sondern auch hinaus auf die
Platteforme schieben kann. — Auf dem Dache wurden
eben recht artige Kabinetchen zu Beobachtung der Ko-
meten erbaut. — Die Aussicht uͤber Paris ist hier schoͤn.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/68>, abgerufen am 31.07.2024.
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