neuesten interessantesten Werken vermehrt wird, steht gleichfalls zum Gebrauche offen. Kurz, es ist wohl un- möglich, sich für kaum fünf Friedrichsd'or acht Monate lang ein mannigfaltigeres und geistreicheres Vergnügen zu verschaffen. -- Als Gast kann jedoch Niemand ein- geführt werden, und es war allerdings eine große Aus- zeichnung, daß man bei mir eine Ausnahme von der Regel machte. Jch war bei der dießjährigen Eröffnung der Sitzungen gegenwärtig. Garat, als Präsident, machte die Einleitung, Ginguene las über die neuere Literaturgeschichte, Baour-Lormian gab eine Nacht von Young in Versen zum Besten. Ein großes Kon- zert machte den Beschluß. Jndessen habe ich von alle Dem sehr wenig Vortheil ziehen können, denn ich kam etwas zu spät, und fand den Saal so entsetzlich von Menschen überfüllt, daß ich mich nicht ins Gedränge wagen mogte, und folglich mir in der Ferne wenigstens aller Zusammenhang verloren gieng.
Das Athenäum der Fremden, (Athenee des etrangers.)
ist eine ähnliche Einrichtung, doch bloß mit Hinsicht auf die schönen Wissenschaften. Jn einer Sitzung z. B. las Cailhava über die tragische Deklamation; Lantier eine Erzählung in Versen, die undankbaren Kin- der; Bavur-Lormian Narizssens Tod nach Young; Murville eine Nachahmung einer Jnvenalschen Sa- tyre; Lancival Deidamirens Lebewohl an Achil, und Chazet eine poetische Epistel. -- Die Herren abon- niren sich mit 72 Franken, die Damen mit 42. Hier werden auch Bälle und Konzerte gegeben.
neuesten interessantesten Werken vermehrt wird, steht gleichfalls zum Gebrauche offen. Kurz, es ist wohl un- moͤglich, sich fuͤr kaum fuͤnf Friedrichsd'or acht Monate lang ein mannigfaltigeres und geistreicheres Vergnuͤgen zu verschaffen. — Als Gast kann jedoch Niemand ein- gefuͤhrt werden, und es war allerdings eine große Aus- zeichnung, daß man bei mir eine Ausnahme von der Regel machte. Jch war bei der dießjaͤhrigen Eroͤffnung der Sitzungen gegenwaͤrtig. Garat, als Praͤsident, machte die Einleitung, Ginguené las uͤber die neuere Literaturgeschichte, Baour-Lormian gab eine Nacht von Young in Versen zum Besten. Ein großes Kon- zert machte den Beschluß. Jndessen habe ich von alle Dem sehr wenig Vortheil ziehen koͤnnen, denn ich kam etwas zu spaͤt, und fand den Saal so entsetzlich von Menschen uͤberfuͤllt, daß ich mich nicht ins Gedraͤnge wagen mogte, und folglich mir in der Ferne wenigstens aller Zusammenhang verloren gieng.
Das Athenaͤum der Fremden, (Athenée des étrangers.)
ist eine aͤhnliche Einrichtung, doch bloß mit Hinsicht auf die schoͤnen Wissenschaften. Jn einer Sitzung z. B. las Cailhava uͤber die tragische Deklamation; Lantier eine Erzaͤhlung in Versen, die undankbaren Kin- der; Bavur-Lormian Narizssens Tod nach Young; Murville eine Nachahmung einer Jnvenalschen Sa- tyre; Lancival Deidamirens Lebewohl an Achil, und Chazet eine poetische Epistel. — Die Herren abon- niren sich mit 72 Franken, die Damen mit 42. Hier werden auch Baͤlle und Konzerte gegeben.
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gleichfalls zum Gebrauche offen. Kurz, es ist wohl un-
moͤglich, sich fuͤr kaum fuͤnf Friedrichsd'or acht Monate
lang ein mannigfaltigeres und geistreicheres Vergnuͤgen
zu verschaffen. — Als Gast kann jedoch Niemand ein-
gefuͤhrt werden, und es war allerdings eine große Aus-
zeichnung, daß man bei mir eine Ausnahme von der
Regel machte. Jch war bei der dießjaͤhrigen Eroͤffnung
der Sitzungen gegenwaͤrtig. Garat, als Praͤsident,
machte die Einleitung, Ginguené las uͤber die neuere
Literaturgeschichte, Baour-Lormian gab eine Nacht
von Young in Versen zum Besten. Ein großes Kon-
zert machte den Beschluß. Jndessen habe ich von alle
Dem sehr wenig Vortheil ziehen koͤnnen, denn ich kam
etwas zu spaͤt, und fand den Saal so entsetzlich von
Menschen uͤberfuͤllt, daß ich mich nicht ins Gedraͤnge
wagen mogte, und folglich mir in der Ferne wenigstens
aller Zusammenhang verloren gieng.
Das Athenaͤum der Fremden,
(Athenée des étrangers.)
ist eine aͤhnliche Einrichtung, doch bloß mit Hinsicht auf
die schoͤnen Wissenschaften. Jn einer Sitzung z. B. las
Cailhava uͤber die tragische Deklamation; Lantier
eine Erzaͤhlung in Versen, die undankbaren Kin-
der; Bavur-Lormian Narizssens Tod nach Young;
Murville eine Nachahmung einer Jnvenalschen Sa-
tyre; Lancival Deidamirens Lebewohl an Achil, und
Chazet eine poetische Epistel. — Die Herren abon-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/66>, abgerufen am 31.07.2024.
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