tern geliebkosten und beschenkten Kameraden. -- Auch eine Menge Schwestern, große und kleine, hatten sich eingefunden, doch sah ich keine darunter gerührt. Ge- schwisterliebe ist ein Werk der Gewohnheit und nicht der Natur.
Sehr schnell verflog mir diese Stunde, Niemand nahm Notiz von mir, Alle waren nur mit sich beschäff- tigt, ich konnte ungestört beobachten. Endlich erschallte der Ruf der Trommel, noch eine letzte Umarmung, und Alles zerstreute sich. -- Der Sprachsaal war einfach, aber zweckmäßig, durch Büsten berühmter Franzosen ver- ziert, zwischen welchen Zeichnungen und Risse hiengen, die von Zöglingen, des Hauses verfertigt worden, und welchen man, als Belohnung, diesen Platz angewiesen hatte. -- Jch wünschte eben so viel Gutes von der
Polytechnischen Schule.
erzählen zu können, aber ich weis Nichts weiter von ihr zu sagen, als daß die jungen Militairs daselbst zu Jn- genieurs, Wegbaumeistern u. s. w. gebildet werden. Es scheint, daß wenige Fremde dergleichen Anstalten besu- chen: denn man schickte mich lange von Einem zum An- dern; der Eine empfing mich grämlich, der Andere freund- lich, aber Jeder schickte mich zum nächsten Nachbar; und kurz, nachdem ich eine Stunde mich von Hof zu Hof, von Gang zu Gang vergebens herumgetrieben, fuhr ich weiter.
Das Athenäum von Paris,
ist ein seit 19 Jahren bestehendes vortreffliches Jnstitut, zu welchem sich die Herren jährlich mit 96 Franken, und die Damen mit 48 Franken abonniren. Dafür er-
tern geliebkosten und beschenkten Kameraden. — Auch eine Menge Schwestern, große und kleine, hatten sich eingefunden, doch sah ich keine darunter geruͤhrt. Ge- schwisterliebe ist ein Werk der Gewohnheit und nicht der Natur.
Sehr schnell verflog mir diese Stunde, Niemand nahm Notiz von mir, Alle waren nur mit sich beschaͤff- tigt, ich konnte ungestoͤrt beobachten. Endlich erschallte der Ruf der Trommel, noch eine letzte Umarmung, und Alles zerstreute sich. — Der Sprachsaal war einfach, aber zweckmaͤßig, durch Buͤsten beruͤhmter Franzosen ver- ziert, zwischen welchen Zeichnungen und Risse hiengen, die von Zoͤglingen, des Hauses verfertigt worden, und welchen man, als Belohnung, diesen Platz angewiesen hatte. — Jch wuͤnschte eben so viel Gutes von der
Polytechnischen Schule.
erzaͤhlen zu koͤnnen, aber ich weis Nichts weiter von ihr zu sagen, als daß die jungen Militairs daselbst zu Jn- genieurs, Wegbaumeistern u. s. w. gebildet werden. Es scheint, daß wenige Fremde dergleichen Anstalten besu- chen: denn man schickte mich lange von Einem zum An- dern; der Eine empfing mich graͤmlich, der Andere freund- lich, aber Jeder schickte mich zum naͤchsten Nachbar; und kurz, nachdem ich eine Stunde mich von Hof zu Hof, von Gang zu Gang vergebens herumgetrieben, fuhr ich weiter.
Das Athenaͤum von Paris,
ist ein seit 19 Jahren bestehendes vortreffliches Jnstitut, zu welchem sich die Herren jaͤhrlich mit 96 Franken, und die Damen mit 48 Franken abonniren. Dafuͤr er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0064"n="64"/>
tern geliebkosten und beschenkten Kameraden. — Auch<lb/>
eine Menge Schwestern, große und kleine, hatten sich<lb/>
eingefunden, doch sah ich keine darunter geruͤhrt. Ge-<lb/>
schwisterliebe ist ein Werk der Gewohnheit und nicht der<lb/>
Natur.</p><lb/><p>Sehr schnell verflog mir diese Stunde, Niemand<lb/>
nahm Notiz von mir, Alle waren nur mit sich beschaͤff-<lb/>
tigt, ich konnte ungestoͤrt beobachten. Endlich erschallte<lb/>
der Ruf der Trommel, noch eine letzte Umarmung, und<lb/>
Alles zerstreute sich. — Der Sprachsaal war einfach,<lb/>
aber zweckmaͤßig, durch Buͤsten beruͤhmter Franzosen ver-<lb/>
ziert, zwischen welchen Zeichnungen und Risse hiengen,<lb/>
die von Zoͤglingen, des Hauses verfertigt worden, und<lb/>
welchen man, als Belohnung, diesen Platz angewiesen<lb/>
hatte. — Jch wuͤnschte eben so viel Gutes von der</p></div><lb/><divn="2"><head>Polytechnischen Schule.</head><lb/><p>erzaͤhlen zu koͤnnen, aber ich weis Nichts weiter von ihr<lb/>
zu sagen, als daß die jungen Militairs daselbst zu Jn-<lb/>
genieurs, Wegbaumeistern u. s. w. gebildet werden. Es<lb/>
scheint, daß wenige Fremde dergleichen Anstalten besu-<lb/>
chen: denn man schickte mich lange von Einem zum An-<lb/>
dern; der Eine empfing mich graͤmlich, der Andere freund-<lb/>
lich, aber Jeder schickte mich zum naͤchsten Nachbar;<lb/>
und kurz, nachdem ich eine Stunde mich von Hof zu<lb/>
Hof, von Gang zu Gang vergebens herumgetrieben,<lb/>
fuhr ich weiter.</p></div><lb/><divn="2"><head>Das Athenaͤum von Paris,</head><lb/><p>ist ein seit 19 Jahren bestehendes vortreffliches Jnstitut,<lb/>
zu welchem sich die <hirendition="#g">Herren</hi> jaͤhrlich mit 96 Franken,<lb/>
und die Damen mit 48 Franken abonniren. Dafuͤr er-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[64/0064]
tern geliebkosten und beschenkten Kameraden. — Auch
eine Menge Schwestern, große und kleine, hatten sich
eingefunden, doch sah ich keine darunter geruͤhrt. Ge-
schwisterliebe ist ein Werk der Gewohnheit und nicht der
Natur.
Sehr schnell verflog mir diese Stunde, Niemand
nahm Notiz von mir, Alle waren nur mit sich beschaͤff-
tigt, ich konnte ungestoͤrt beobachten. Endlich erschallte
der Ruf der Trommel, noch eine letzte Umarmung, und
Alles zerstreute sich. — Der Sprachsaal war einfach,
aber zweckmaͤßig, durch Buͤsten beruͤhmter Franzosen ver-
ziert, zwischen welchen Zeichnungen und Risse hiengen,
die von Zoͤglingen, des Hauses verfertigt worden, und
welchen man, als Belohnung, diesen Platz angewiesen
hatte. — Jch wuͤnschte eben so viel Gutes von der
Polytechnischen Schule.
erzaͤhlen zu koͤnnen, aber ich weis Nichts weiter von ihr
zu sagen, als daß die jungen Militairs daselbst zu Jn-
genieurs, Wegbaumeistern u. s. w. gebildet werden. Es
scheint, daß wenige Fremde dergleichen Anstalten besu-
chen: denn man schickte mich lange von Einem zum An-
dern; der Eine empfing mich graͤmlich, der Andere freund-
lich, aber Jeder schickte mich zum naͤchsten Nachbar;
und kurz, nachdem ich eine Stunde mich von Hof zu
Hof, von Gang zu Gang vergebens herumgetrieben,
fuhr ich weiter.
Das Athenaͤum von Paris,
ist ein seit 19 Jahren bestehendes vortreffliches Jnstitut,
zu welchem sich die Herren jaͤhrlich mit 96 Franken,
und die Damen mit 48 Franken abonniren. Dafuͤr er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/64>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.