Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.ist dahin; und der Lebende, den sie zur Nacheiferung Findelhaus. (Hospice de la maternite.) Hier fand ich, zu meinem unaussprechlichen Ver- ist dahin; und der Lebende, den sie zur Nacheiferung Findelhaus. (Hospice de la maternite.) Hier fand ich, zu meinem unaussprechlichen Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0054" n="54"/> ist dahin; und der <hi rendition="#g">Lebende,</hi> den sie zur Nacheiferung<lb/> anfeuern sollen, bleibt kalt, wie der Marmor. — Eine aͤl-<lb/> tere Jnschrift ruͤhmt, daß ein vornehmer Mann aus der<lb/> Familie Bellievre sterbend verordnete, all' sein praͤchtiges<lb/> Hausgeraͤth zum Dienste der Kranken im Hotel Dieu um-<lb/> zuformen. Das ist nun wohl ganz gut; aber, da er<lb/> selbst es doch nicht mehr brauchen konnte, so war das<lb/> Opfer nicht groß, und verdient wohl kein Ehrendenkmaal.<lb/> Wir wuͤrden ja vor lauter Denkmaͤlern bald nicht mehr<lb/> gehen koͤnnen, wenn sie an solche Handlungen verschwen-<lb/> det werden duͤrften. — Uebrigens ist das Hotel Dieu<lb/> mit der Charité in Berlin gar nicht zu vergleichen; aber<lb/> — es giebt in Paris sehr viel dergleichen Hospitaͤler,<lb/> in Berlin nur eins. Ob es besser sey, die wichtige Sorge<lb/> fuͤr hilflose Kranke unter mehrere zu vertheilen, oder nur<lb/> einem anzuvertrauen? Diese Frage verdient Eroͤrterung,<lb/> fuͤhrt aber zu weit.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>Findelhaus. (Hospice de la maternite.)</head><lb/> <p>Hier fand ich, zu meinem unaussprechlichen Ver-<lb/> gnuͤgen, die naͤmliche alte Nonne wieder, die schon vor<lb/> dreizehn Jahren durch ihre unbeschreibliche Muttersorge<lb/> mich so geruͤhrt hatte. Nur in <hi rendition="#g">weltlichen</hi> Kleidern<lb/> fand ich sie jetzt, und auch nur die <hi rendition="#g">Kleider</hi> waren ver-<lb/> aͤndert an ihr. Durch Glauben und Vertrauen auf Gott<lb/> war sie allen Stuͤrmen der Revolution gluͤcklich entgan-<lb/> gen. Die andern Nonnen hatten sich furchtsam zu ihren<lb/> Familien zuruͤckgezogen; und eben wollte auch sie, mit<lb/> einem Buͤndelchen auf dem Ruͤcken, das Kloster traurig<lb/> verlassen, als ihr auf der Treppe ein Volksrepraͤsentant<lb/> entgegen trat, sie ersuchend, zu ihren Beschaͤftigungen<lb/> zuruͤck zu kehren. Anfangs weigerte sie sich dessen; als<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0054]
ist dahin; und der Lebende, den sie zur Nacheiferung
anfeuern sollen, bleibt kalt, wie der Marmor. — Eine aͤl-
tere Jnschrift ruͤhmt, daß ein vornehmer Mann aus der
Familie Bellievre sterbend verordnete, all' sein praͤchtiges
Hausgeraͤth zum Dienste der Kranken im Hotel Dieu um-
zuformen. Das ist nun wohl ganz gut; aber, da er
selbst es doch nicht mehr brauchen konnte, so war das
Opfer nicht groß, und verdient wohl kein Ehrendenkmaal.
Wir wuͤrden ja vor lauter Denkmaͤlern bald nicht mehr
gehen koͤnnen, wenn sie an solche Handlungen verschwen-
det werden duͤrften. — Uebrigens ist das Hotel Dieu
mit der Charité in Berlin gar nicht zu vergleichen; aber
— es giebt in Paris sehr viel dergleichen Hospitaͤler,
in Berlin nur eins. Ob es besser sey, die wichtige Sorge
fuͤr hilflose Kranke unter mehrere zu vertheilen, oder nur
einem anzuvertrauen? Diese Frage verdient Eroͤrterung,
fuͤhrt aber zu weit.
Findelhaus. (Hospice de la maternite.)
Hier fand ich, zu meinem unaussprechlichen Ver-
gnuͤgen, die naͤmliche alte Nonne wieder, die schon vor
dreizehn Jahren durch ihre unbeschreibliche Muttersorge
mich so geruͤhrt hatte. Nur in weltlichen Kleidern
fand ich sie jetzt, und auch nur die Kleider waren ver-
aͤndert an ihr. Durch Glauben und Vertrauen auf Gott
war sie allen Stuͤrmen der Revolution gluͤcklich entgan-
gen. Die andern Nonnen hatten sich furchtsam zu ihren
Familien zuruͤckgezogen; und eben wollte auch sie, mit
einem Buͤndelchen auf dem Ruͤcken, das Kloster traurig
verlassen, als ihr auf der Treppe ein Volksrepraͤsentant
entgegen trat, sie ersuchend, zu ihren Beschaͤftigungen
zuruͤck zu kehren. Anfangs weigerte sie sich dessen; als
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