Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.schen Musen träumten, sondern auch meinten, die Mu- Wenn man bei dem Konsul Lebrun nicht ganz so le- Der Konsul Lebrun scheint mir im Publikum mehr schen Musen traͤumten, sondern auch meinten, die Mu- Wenn man bei dem Konsul Lebrun nicht ganz so le- Der Konsul Lebrun scheint mir im Publikum mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099" n="95"/> schen Musen traͤumten, sondern auch meinten, die Mu-<lb/> sen lebten dort sehr <hi rendition="#g">gesellig,</hi> wuͤrden mit Ehre und<lb/> Reichthum uͤberhaͤuft, und verdienten es durch ausgezeich-<lb/> nete Humanitaͤt. Jch that was ich konnte um den Ruhm<lb/> meiner lieben Vaterstadt nicht zu schmaͤhlern, mußte aber<lb/> freilich aus Wahrheitsliebe einige Begriffe zu ihrem Er-<lb/> staunen berichtigen.</p><lb/> <p>Wenn man bei dem Konsul <hi rendition="#g">Lebrun</hi> nicht ganz so le-<lb/> cker speist als bei seinem Kollegen, so sitzt man hingegen<lb/> bequemer bei ihm. Er ist ein Mann mit einem sanften<lb/> sehr einnehmenden Aeussern; er ist gespraͤchiger und zuvor-<lb/> kommender als Cambaceres, haͤlt wenig auf Ceremonien,<lb/> denn bei ihm giebt es keine Hof-Kavaliere. Dagegen ist<lb/> er der literarischen Welt als wackerer Uebersetzer des Tasso<lb/> bekannt, und seine Unterhaltung ist die eines eben so fein<lb/> gebildeten, als gruͤndlich gelehrten Mannes. Bei ihm fand<lb/> ich unter andern den ehemals uns zugehoͤrenden <hi rendition="#g">Lagran-<lb/> ge,</hi> von dem man sich freuen wird zu erfahren, daß er<lb/> noch ganz der Biedermann ist, der er in Berlin war, daß<lb/> seine Verdienste durch Ertheilung der Staatsrathswuͤrde<lb/> anerkannt worden, und daß er an der Seite einer aͤußerst<lb/> liebenswuͤrdigen Gattin gemaͤchlich und gluͤcklich lebt. Mit<lb/> stillem Vergnuͤgen erinnere ich mich der Stunden, die ich<lb/> in seinem Hause verlebt habe.</p><lb/> <p>Der Konsul <hi rendition="#g">Lebrun</hi> scheint mir im Publikum mehr<lb/> geliebt zu seyn, als sein Kollege. Dem letzten wirft man,<lb/> ich weiß nicht ob mit Recht oder Unrecht Hochmuth vor.<lb/> Vielleicht hat nur sein Aeußeres ihm diesen Vorwurf zugezo-<lb/> gen. Er soll nie anders ausfahren, als von reitenden Gar-<lb/> den umgeben, die bei dieser Gelegenheit mit den Fußgaͤn-<lb/> gern zuweilen unglimpflich umgehen. Bonaparte soll er<lb/> oft und gern seinen <hi rendition="#g">Kollegen</hi> nennen.</p> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [95/0099]
schen Musen traͤumten, sondern auch meinten, die Mu-
sen lebten dort sehr gesellig, wuͤrden mit Ehre und
Reichthum uͤberhaͤuft, und verdienten es durch ausgezeich-
nete Humanitaͤt. Jch that was ich konnte um den Ruhm
meiner lieben Vaterstadt nicht zu schmaͤhlern, mußte aber
freilich aus Wahrheitsliebe einige Begriffe zu ihrem Er-
staunen berichtigen.
Wenn man bei dem Konsul Lebrun nicht ganz so le-
cker speist als bei seinem Kollegen, so sitzt man hingegen
bequemer bei ihm. Er ist ein Mann mit einem sanften
sehr einnehmenden Aeussern; er ist gespraͤchiger und zuvor-
kommender als Cambaceres, haͤlt wenig auf Ceremonien,
denn bei ihm giebt es keine Hof-Kavaliere. Dagegen ist
er der literarischen Welt als wackerer Uebersetzer des Tasso
bekannt, und seine Unterhaltung ist die eines eben so fein
gebildeten, als gruͤndlich gelehrten Mannes. Bei ihm fand
ich unter andern den ehemals uns zugehoͤrenden Lagran-
ge, von dem man sich freuen wird zu erfahren, daß er
noch ganz der Biedermann ist, der er in Berlin war, daß
seine Verdienste durch Ertheilung der Staatsrathswuͤrde
anerkannt worden, und daß er an der Seite einer aͤußerst
liebenswuͤrdigen Gattin gemaͤchlich und gluͤcklich lebt. Mit
stillem Vergnuͤgen erinnere ich mich der Stunden, die ich
in seinem Hause verlebt habe.
Der Konsul Lebrun scheint mir im Publikum mehr
geliebt zu seyn, als sein Kollege. Dem letzten wirft man,
ich weiß nicht ob mit Recht oder Unrecht Hochmuth vor.
Vielleicht hat nur sein Aeußeres ihm diesen Vorwurf zugezo-
gen. Er soll nie anders ausfahren, als von reitenden Gar-
den umgeben, die bei dieser Gelegenheit mit den Fußgaͤn-
gern zuweilen unglimpflich umgehen. Bonaparte soll er
oft und gern seinen Kollegen nennen.
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