besonders wenn er etwa, so wie ich, seinen Reisewagen in Berlin gekauft hat; denn dort wird oft so schlechtes, mürbes Eisen verarbeitet, daß man auf den gepflasterten Chausseen in Frankreich alle Augenblicke genöthigt ist, et- was repariren zu lassen, und da ist denn oft der Schmidt so unverschämt, für eine simple Schraube oder ein klei- nes zusammen geschmiedetes Stückchen Eisen, zehn Thaler zu fordern. -- Verzeihen Sie mir diese klei- nen Details, zu Gunsten so mancher unerfahrnen Reisen- den, denen sie nützlich werden können.
Jch schließe mit einer auffallenden Bemerkung: zu Montargis, und noch weiter hin an mehreren Orten fin- den Sie beim Ein- und Ausfahren eine Jnschrift, die irgendwo so angebracht ist, daß sie jedem in die Au- gen fallen muß; diese Jnschrift sagt ungefähr: Citoyens! respectez les proprietes, elles sont le fruit de l'indus- trie, etc. *) Rührt das etwa noch aus den Zeiten der Revolution her? Warum streicht man es jetzt nicht durch? -- Oder ist eine solche Ermahnung jetzt noch nöthig? das wäre schlimm! --
Wenn man von Lyon nach Paris kommt, stellt diese ungeheure Stadt sich prächtig dar, weil man, in einer geringen Entfernung, auf eine Anhöhe gelangt, von der man die ganze im Halbzirkel umherliegende Häusermasse fast mit einem Male übersieht, und weil zugleich im Hin- tergrunde der Montmartre, sammt den übrigen Hügeln, sich amphitheatralisch erheben. Von der Seite von Straß- burg hingegen wird man von Paris kaum eher etwas ge- wahr, bis man sich schon in den ersten schmutzigen Gas-
*) Bürger! ehrt das Eigenthum, es ist die Frucht des Flei- ßes, u. s. w.
besonders wenn er etwa, so wie ich, seinen Reisewagen in Berlin gekauft hat; denn dort wird oft so schlechtes, muͤrbes Eisen verarbeitet, daß man auf den gepflasterten Chausseen in Frankreich alle Augenblicke genoͤthigt ist, et- was repariren zu lassen, und da ist denn oft der Schmidt so unverschaͤmt, fuͤr eine simple Schraube oder ein klei- nes zusammen geschmiedetes Stuͤckchen Eisen, zehn Thaler zu fordern. — Verzeihen Sie mir diese klei- nen Details, zu Gunsten so mancher unerfahrnen Reisen- den, denen sie nuͤtzlich werden koͤnnen.
Jch schließe mit einer auffallenden Bemerkung: zu Montargis, und noch weiter hin an mehreren Orten fin- den Sie beim Ein- und Ausfahren eine Jnschrift, die irgendwo so angebracht ist, daß sie jedem in die Au- gen fallen muß; diese Jnschrift sagt ungefaͤhr: Citoyens! respectez les propriétés, elles sont le fruit de l'indus- trie, etc. *) Ruͤhrt das etwa noch aus den Zeiten der Revolution her? Warum streicht man es jetzt nicht durch? — Oder ist eine solche Ermahnung jetzt noch noͤthig? das waͤre schlimm! —
Wenn man von Lyon nach Paris kommt, stellt diese ungeheure Stadt sich praͤchtig dar, weil man, in einer geringen Entfernung, auf eine Anhoͤhe gelangt, von der man die ganze im Halbzirkel umherliegende Haͤusermasse fast mit einem Male uͤbersieht, und weil zugleich im Hin- tergrunde der Montmartre, sammt den uͤbrigen Huͤgeln, sich amphitheatralisch erheben. Von der Seite von Straß- burg hingegen wird man von Paris kaum eher etwas ge- wahr, bis man sich schon in den ersten schmutzigen Gas-
*) Buͤrger! ehrt das Eigenthum, es ist die Frucht des Flei- ßes, u. s. w.
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besonders wenn er etwa, so wie ich, seinen Reisewagen
in Berlin gekauft hat; denn dort wird oft so schlechtes,
muͤrbes Eisen verarbeitet, daß man auf den gepflasterten
Chausseen in Frankreich alle Augenblicke genoͤthigt ist, et-
was repariren zu lassen, und da ist denn oft der Schmidt
so unverschaͤmt, fuͤr eine simple Schraube oder ein klei-
nes zusammen geschmiedetes Stuͤckchen Eisen, zehn
Thaler zu fordern. — Verzeihen Sie mir diese klei-
nen Details, zu Gunsten so mancher unerfahrnen Reisen-
den, denen sie nuͤtzlich werden koͤnnen.
Jch schließe mit einer auffallenden Bemerkung: zu
Montargis, und noch weiter hin an mehreren Orten fin-
den Sie beim Ein- und Ausfahren eine Jnschrift,
die irgendwo so angebracht ist, daß sie jedem in die Au-
gen fallen muß; diese Jnschrift sagt ungefaͤhr: Citoyens!
respectez les propriétés, elles sont le fruit de l'indus-
trie, etc. *) Ruͤhrt das etwa noch aus den Zeiten der
Revolution her? Warum streicht man es jetzt nicht durch?
— Oder ist eine solche Ermahnung jetzt noch noͤthig?
das waͤre schlimm! —
Wenn man von Lyon nach Paris kommt, stellt diese
ungeheure Stadt sich praͤchtig dar, weil man, in einer
geringen Entfernung, auf eine Anhoͤhe gelangt, von der
man die ganze im Halbzirkel umherliegende Haͤusermasse
fast mit einem Male uͤbersieht, und weil zugleich im Hin-
tergrunde der Montmartre, sammt den uͤbrigen Huͤgeln,
sich amphitheatralisch erheben. Von der Seite von Straß-
burg hingegen wird man von Paris kaum eher etwas ge-
wahr, bis man sich schon in den ersten schmutzigen Gas-
*) Buͤrger! ehrt das Eigenthum, es ist die Frucht des Flei-
ßes, u. s. w.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/49>, abgerufen am 08.07.2024.
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