Geld für die Barriere, welches für jede Lieue erhoben wird, und jedesmal 12 Sous ausmacht. Noch nicht genug! Sie geben einen Louis zu wechseln, man bringt ihn nach einer Viertelstunde zurück, und behauptet, er sey zu leicht, Sie müssen 20 bis 40 Sous daran verlieren; oder man sagt gar, er sey falsch, tauscht auch wohl Jhren ächten Louis ge- gen einen falschen aus, wie mir wirklich widerfuhr. Oder Sie bezahlen in Laubthalern, die nimmt man nicht, weil sie beschnitten sind. Oder Sie wollen in kleiner Münze bezahlen, die giebt man ihnen zurück, weil sie zu glatt ist, der Stempel darf nicht im Geringsten verwischt seyn. Zwar, wenn Sie Gold wechseln, so erhalten Sie sicher jedes Mal eine ganze Hand voll solcher glatten Münze zurück, und wenn Sie sie nicht nehmen wollen, so bewei- set man Jhnen Stück für Stück, daß sie ächt sey, und, dem Gesetz zu Folge, Jedermann sie nehmen müsse; wollen Sie aber dem nehmlichen Mann einige Minuten nachher wieder damit bezahlen, so schlägt er sie ganz tro- cken mit den Worten aus: ca n'est pas marque. Da mögen Sie sich ärgern, wie Sie wollen, es hilft nichts, und Sie bringen sicher am Ende eine ganze Tasche voll glatter Münze mit nach Paris. -- Das ist noch nicht Alles. Reisen Sie mit Extrapost, so scheint das gleich- sam eine Aufforderung an alle Gastwirthe zu seyn, Sie ganz unverschämt zu prellen. Sie werden es kaum für möglich halten, wenn ich Jhnen sage, daß ich einst in einer kleinen Stadt für einen Eierkuchen und eine Bouteille Landwein, (der an Ort und Stelle 8 bis 12 Sous kostet) zwei Laubthaler habe bezahlen müssen. Jn großen Städten und Wirthshäusern kommt vollends noch die unersättliche Habsucht der Domestiken hinzu; in Lyon z. B. waren deren nicht weniger als zehn, die
Geld fuͤr die Barriere, welches fuͤr jede Lieue erhoben wird, und jedesmal 12 Sous ausmacht. Noch nicht genug! Sie geben einen Louis zu wechseln, man bringt ihn nach einer Viertelstunde zuruͤck, und behauptet, er sey zu leicht, Sie muͤssen 20 bis 40 Sous daran verlieren; oder man sagt gar, er sey falsch, tauscht auch wohl Jhren aͤchten Louis ge- gen einen falschen aus, wie mir wirklich widerfuhr. Oder Sie bezahlen in Laubthalern, die nimmt man nicht, weil sie beschnitten sind. Oder Sie wollen in kleiner Muͤnze bezahlen, die giebt man ihnen zuruͤck, weil sie zu glatt ist, der Stempel darf nicht im Geringsten verwischt seyn. Zwar, wenn Sie Gold wechseln, so erhalten Sie sicher jedes Mal eine ganze Hand voll solcher glatten Muͤnze zuruͤck, und wenn Sie sie nicht nehmen wollen, so bewei- set man Jhnen Stuͤck fuͤr Stuͤck, daß sie aͤcht sey, und, dem Gesetz zu Folge, Jedermann sie nehmen muͤsse; wollen Sie aber dem nehmlichen Mann einige Minuten nachher wieder damit bezahlen, so schlaͤgt er sie ganz tro- cken mit den Worten aus: ça n'est pas marqué. Da moͤgen Sie sich aͤrgern, wie Sie wollen, es hilft nichts, und Sie bringen sicher am Ende eine ganze Tasche voll glatter Muͤnze mit nach Paris. — Das ist noch nicht Alles. Reisen Sie mit Extrapost, so scheint das gleich- sam eine Aufforderung an alle Gastwirthe zu seyn, Sie ganz unverschaͤmt zu prellen. Sie werden es kaum fuͤr moͤglich halten, wenn ich Jhnen sage, daß ich einst in einer kleinen Stadt fuͤr einen Eierkuchen und eine Bouteille Landwein, (der an Ort und Stelle 8 bis 12 Sous kostet) zwei Laubthaler habe bezahlen muͤssen. Jn großen Staͤdten und Wirthshaͤusern kommt vollends noch die unersaͤttliche Habsucht der Domestiken hinzu; in Lyon z. B. waren deren nicht weniger als zehn, die
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Geld fuͤr die Barriere, welches fuͤr jede Lieue erhoben wird,
und jedesmal 12 Sous ausmacht. Noch nicht genug!
Sie geben einen Louis zu wechseln, man bringt ihn nach
einer Viertelstunde zuruͤck, und behauptet, er sey zu leicht,
Sie muͤssen 20 bis 40 Sous daran verlieren; oder man sagt
gar, er sey falsch, tauscht auch wohl Jhren aͤchten Louis ge-
gen einen falschen aus, wie mir wirklich widerfuhr. Oder
Sie bezahlen in Laubthalern, die nimmt man nicht, weil
sie beschnitten sind. Oder Sie wollen in kleiner Muͤnze
bezahlen, die giebt man ihnen zuruͤck, weil sie zu glatt
ist, der Stempel darf nicht im Geringsten verwischt seyn.
Zwar, wenn Sie Gold wechseln, so erhalten Sie sicher
jedes Mal eine ganze Hand voll solcher glatten Muͤnze
zuruͤck, und wenn Sie sie nicht nehmen wollen, so bewei-
set man Jhnen Stuͤck fuͤr Stuͤck, daß sie aͤcht sey, und,
dem Gesetz zu Folge, Jedermann sie nehmen muͤsse;
wollen Sie aber dem nehmlichen Mann einige Minuten
nachher wieder damit bezahlen, so schlaͤgt er sie ganz tro-
cken mit den Worten aus: ça n'est pas marqué. Da
moͤgen Sie sich aͤrgern, wie Sie wollen, es hilft nichts,
und Sie bringen sicher am Ende eine ganze Tasche voll
glatter Muͤnze mit nach Paris. — Das ist noch nicht
Alles. Reisen Sie mit Extrapost, so scheint das gleich-
sam eine Aufforderung an alle Gastwirthe zu seyn, Sie
ganz unverschaͤmt zu prellen. Sie werden es kaum
fuͤr moͤglich halten, wenn ich Jhnen sage, daß ich einst
in einer kleinen Stadt fuͤr einen Eierkuchen und eine
Bouteille Landwein, (der an Ort und Stelle 8 bis 12
Sous kostet) zwei Laubthaler habe bezahlen muͤssen.
Jn großen Staͤdten und Wirthshaͤusern kommt vollends
noch die unersaͤttliche Habsucht der Domestiken hinzu; in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/47>, abgerufen am 01.08.2024.
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