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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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und hoffe daher, daß wir mit Gottes Hülfe es immer
weiter bringen werden.

Zwar meynen ängstliche Hypochondristen: man müs-
se dann zugleich vom Himmel eine Veränderung unse-
rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die
schöne Nacktheit begünstige. Aber ich glaube in der That,
man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach-
theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit.
Der Mensch und die Kartoffel gewöhnen sich ja an al-
les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen
Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge-
sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es fällt
keiner Dame ein, sich über Zugwind oder dergleichen zu
beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schö-
nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit
gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi-
gräne, -- wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was
werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie
man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust-
partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schö-
nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um-
flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu-
te halten.

Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist
weit interessanter. Man nennt das eine Figur a la Psy-
che. nach einem sehr hübschen Gemälde von Gerard.
Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen
Schminke, und überlassen die rothe -- den Herren.
Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros-
se Simplicität affectirt, der Puder, Wohlgerüche und
seidene Kleider verbannt hat, behält von der alten Mo-
de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die

und hoffe daher, daß wir mit Gottes Huͤlfe es immer
weiter bringen werden.

Zwar meynen aͤngstliche Hypochondristen: man muͤs-
se dann zugleich vom Himmel eine Veraͤnderung unse-
rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die
schoͤne Nacktheit beguͤnstige. Aber ich glaube in der That,
man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach-
theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit.
Der Mensch und die Kartoffel gewoͤhnen sich ja an al-
les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen
Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge-
sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es faͤllt
keiner Dame ein, sich uͤber Zugwind oder dergleichen zu
beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schoͤ-
nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit
gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi-
graͤne, — wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was
werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie
man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust-
partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schoͤ-
nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um-
flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu-
te halten.

Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist
weit interessanter. Man nennt das eine Figur à la Psy-
che. nach einem sehr huͤbschen Gemaͤlde von Gerard.
Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen
Schminke, und uͤberlassen die rothe — den Herren.
Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros-
se Simplicitaͤt affectirt, der Puder, Wohlgeruͤche und
seidene Kleider verbannt hat, behaͤlt von der alten Mo-
de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die

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[182/0186] und hoffe daher, daß wir mit Gottes Huͤlfe es immer weiter bringen werden. Zwar meynen aͤngstliche Hypochondristen: man muͤs- se dann zugleich vom Himmel eine Veraͤnderung unse- rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die schoͤne Nacktheit beguͤnstige. Aber ich glaube in der That, man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach- theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit. Der Mensch und die Kartoffel gewoͤhnen sich ja an al- les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge- sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es faͤllt keiner Dame ein, sich uͤber Zugwind oder dergleichen zu beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schoͤ- nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi- graͤne, — wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust- partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schoͤ- nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um- flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu- te halten. Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist weit interessanter. Man nennt das eine Figur à la Psy- che. nach einem sehr huͤbschen Gemaͤlde von Gerard. Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen Schminke, und uͤberlassen die rothe — den Herren. Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros- se Simplicitaͤt affectirt, der Puder, Wohlgeruͤche und seidene Kleider verbannt hat, behaͤlt von der alten Mo- de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/186>, abgerufen am 22.11.2024.