Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802."Ich hab' gefischt den ganzen Tag, "Die Nacht so schwarz und lang. "Ich hab' gefischt einen Königssohn, "Der hier zu Grunde sank." -- "Gar übel gehub sich die Königstochter; "Sie weinte, sie klagte, sie sprach: "Ist mein Herzliebster todt und hin, "Nicht mehr ich leben mag." "Sie nahm das goldene Kettlein vom Hals, "Vom Arm die Spange noch warm; "Gab Spang' und Kettlein dem Fischer, "Und nahm ihren Liebsten in Arm." "Gute Nacht nun herzliebe Mutter, "Gute Nacht, lieb Vater und Brüder. "Gute Nacht ihr süssen Schwesterlein, "Ich seh' euch nimmer wieder." "Ich grüss euch zu tausendmalen, "Und bitt' euch, habt nicht Harm! ! "Ich versenke mich ins Meeres Grund "Mit meinem Liebsten im Arm. "Fahr wohl, fahr wohl, du schnöde Welt, "Ich muss itzt von dir scheiden. "Ich muss zu meinem Herzliebsten gehn "Ins Reich der ewigen Freuden." -- „Ich hab' gefischt den ganzen Tag, „Die Nacht so schwarz und lang. „Ich hab' gefischt einen Königssohn, „Der hier zu Grunde sank.“ — „Gar übel gehub sich die Königstochter; „Sie weinte, sie klagte, sie sprach: „Ist mein Herzliebster todt und hin, „Nicht mehr ich leben mag.“ „Sie nahm das goldene Kettlein vom Hals, „Vom Arm die Spange noch warm; „Gab Spang' und Kettlein dem Fischer, „Und nahm ihren Liebsten in Arm.“ „Gute Nacht nun herzliebe Mutter, „Gute Nacht, lieb Vater und Brüder. „Gute Nacht ihr süſsen Schwesterlein, „Ich seh' euch nimmer wieder.“ „Ich grüſs euch zu tausendmalen, „Und bitt' euch, habt nicht Harm! ! „Ich versenke mich ins Meeres Grund „Mit meinem Liebsten im Arm. „Fahr wohl, fahr wohl, du schnöde Welt, „Ich muſs itzt von dir scheiden. „Ich muſs zu meinem Herzliebsten gehn „Ins Reich der ewigen Freuden.“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0093" n="73"/> <lg n="16"> <l>„Ich hab' gefischt den ganzen Tag,</l><lb/> <l>„Die Nacht so schwarz und lang.</l><lb/> <l>„Ich hab' gefischt einen Königssohn,</l><lb/> <l>„Der hier zu Grunde sank.“ —</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>„Gar übel gehub sich die Königstochter;</l><lb/> <l>„Sie weinte, sie klagte, sie sprach:</l><lb/> <l>„Ist mein Herzliebster todt und hin,</l><lb/> <l>„Nicht mehr ich leben mag.“</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>„Sie nahm das goldene Kettlein vom Hals,</l><lb/> <l>„Vom Arm die Spange noch warm;</l><lb/> <l>„Gab Spang' und Kettlein dem Fischer,</l><lb/> <l>„Und nahm ihren Liebsten in Arm.“</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>„Gute Nacht nun herzliebe Mutter,</l><lb/> <l>„Gute Nacht, lieb Vater und Brüder.</l><lb/> <l>„Gute Nacht ihr süſsen Schwesterlein,</l><lb/> <l>„Ich seh' euch nimmer wieder.“</l> </lg><lb/> <lg n="20"> <l>„Ich grüſs euch zu tausendmalen,</l><lb/> <l>„Und bitt' euch, habt nicht Harm! !</l><lb/> <l>„Ich versenke mich ins Meeres Grund</l><lb/> <l>„Mit meinem Liebsten im Arm.</l> </lg><lb/> <lg n="21"> <l>„Fahr wohl, fahr wohl, du schnöde Welt,</l><lb/> <l>„Ich muſs itzt von dir scheiden.</l><lb/> <l>„Ich muſs zu meinem Herzliebsten gehn</l><lb/> <l>„Ins Reich der ewigen Freuden.“ —</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0093]
„Ich hab' gefischt den ganzen Tag,
„Die Nacht so schwarz und lang.
„Ich hab' gefischt einen Königssohn,
„Der hier zu Grunde sank.“ —
„Gar übel gehub sich die Königstochter;
„Sie weinte, sie klagte, sie sprach:
„Ist mein Herzliebster todt und hin,
„Nicht mehr ich leben mag.“
„Sie nahm das goldene Kettlein vom Hals,
„Vom Arm die Spange noch warm;
„Gab Spang' und Kettlein dem Fischer,
„Und nahm ihren Liebsten in Arm.“
„Gute Nacht nun herzliebe Mutter,
„Gute Nacht, lieb Vater und Brüder.
„Gute Nacht ihr süſsen Schwesterlein,
„Ich seh' euch nimmer wieder.“
„Ich grüſs euch zu tausendmalen,
„Und bitt' euch, habt nicht Harm! !
„Ich versenke mich ins Meeres Grund
„Mit meinem Liebsten im Arm.
„Fahr wohl, fahr wohl, du schnöde Welt,
„Ich muſs itzt von dir scheiden.
„Ich muſs zu meinem Herzliebsten gehn
„Ins Reich der ewigen Freuden.“ —
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/93>, abgerufen am 16.07.2024. |