Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Hier, wo die Ulme mit dem Tax sich paart, Wo grünbewachsen Sod' an Sode ragt, Hier ruhn des Dorfes Ahnen wohlverwahrt, Und keinem ward sein enges Haus versagt. Der würzereichen Frühe frisches Kühl, Der Schwalbe Zwitschern, die den Gatten weckt, Des Hiefhorns Schall, des Tages froh Gewühl Weckt nicht die Schläfer, die der Rasen deckt. Es flammt nicht mehr der traute Heerd für sie. Kein kosend Weib scheucht ihren Überdruss, Kein schmeichelnd Kind erklimmt ihr schaukelnd Knie, Und bettelt um ein Mährchen, einen Kuss. Wie oft zerbröckelt' ihres Pfluges Rad Den strengen Kloss, der von der Dürre borst. Von ihrer Sichel sank das güldne Schwad, Den Streichen ihrer Axt erlag der Forst. Nicht spotte, Stolzer, ihr bescheidnes Loos, Ihr stilles Treiben, ihr geräuschlos Thun, Ihr friedlich Leben, das so klar verfloss. Lass unverhöhnt die Arbeitmüden ruhn. Auch deiner harrt der ernste Augenblick, Der, was die Schönheit, was die Macht dir gab, Dein glänzend Elend, dein erträumtes Glück Mit sich hinabreisst in das düstre Grab. 3 D
Hier, wo die Ulme mit dem Tax sich paart, Wo grünbewachsen Sod' an Sode ragt, Hier ruhn des Dorfes Ahnen wohlverwahrt, Und keinem ward sein enges Haus versagt. Der würzereichen Frühe frisches Kühl, Der Schwalbe Zwitschern, die den Gatten weckt, Des Hiefhorns Schall, des Tages froh Gewühl Weckt nicht die Schläfer, die der Rasen deckt. Es flammt nicht mehr der traute Heerd für sie. Kein kosend Weib scheucht ihren Überdruſs, Kein schmeichelnd Kind erklimmt ihr schaukelnd Knie, Und bettelt um ein Mährchen, einen Kuſs. Wie oft zerbröckelt' ihres Pfluges Rad Den strengen Kloſs, der von der Dürre borst. Von ihrer Sichel sank das güldne Schwad, Den Streichen ihrer Axt erlag der Forst. Nicht spotte, Stolzer, ihr bescheidnes Loos, Ihr stilles Treiben, ihr geräuschlos Thun, Ihr friedlich Leben, das so klar verfloſs. Laſs unverhöhnt die Arbeitmüden ruhn. Auch deiner harrt der ernste Augenblick, Der, was die Schönheit, was die Macht dir gab, Dein glänzend Elend, dein erträumtes Glück Mit sich hinabreiſst in das düstre Grab. 3 D
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Hier, wo die Ulme mit dem Tax sich paart,
Wo grünbewachsen Sod' an Sode ragt,
Hier ruhn des Dorfes Ahnen wohlverwahrt,
Und keinem ward sein enges Haus versagt.
Der würzereichen Frühe frisches Kühl,
Der Schwalbe Zwitschern, die den Gatten weckt,
Des Hiefhorns Schall, des Tages froh Gewühl
Weckt nicht die Schläfer, die der Rasen deckt.
Es flammt nicht mehr der traute Heerd für sie.
Kein kosend Weib scheucht ihren Überdruſs,
Kein schmeichelnd Kind erklimmt ihr schaukelnd Knie,
Und bettelt um ein Mährchen, einen Kuſs.
Wie oft zerbröckelt' ihres Pfluges Rad
Den strengen Kloſs, der von der Dürre borst.
Von ihrer Sichel sank das güldne Schwad,
Den Streichen ihrer Axt erlag der Forst.
Nicht spotte, Stolzer, ihr bescheidnes Loos,
Ihr stilles Treiben, ihr geräuschlos Thun,
Ihr friedlich Leben, das so klar verfloſs.
Laſs unverhöhnt die Arbeitmüden ruhn.
Auch deiner harrt der ernste Augenblick,
Der, was die Schönheit, was die Macht dir gab,
Dein glänzend Elend, dein erträumtes Glück
Mit sich hinabreiſst in das düstre Grab.
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/69>, abgerufen am 16.07.2024. |