Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Mir winkt das Lied des Dichters, Mich lockt des Denkers Buch. Süss klingt des Sängers Harfe, Und ernst des Weisen Spruch. Umsonst. Hinweggezogen Folgt der entzückte Geist Dem Strom, der ihn magnetisch In seine Wirbel reisst. Wenn Nachts aus halbem Schlummer Der Sehnsucht Sturm mich weckt, Wenn mich der Schlag der Wachtel Aus süssen Träumen neckt, Breit' ich den Arm und drücke Dich wähnend an mein Herz; Der Wahn zerrinnt, und einsam Bin ich mit meinem Schmerz. Ich flüchte sehnsuchtmüde Zum Busen der Natur. Doch ach, Dein Bild, Geliebte, Folgt mir auf jeder Spur. Es flötet Deinen Namen Das Vöglein auf dem Zweig. Ihn schwirrt die Grill' im Grase, Ihn ruft die Unk' im Teich. Mir winkt das Lied des Dichters, Mich lockt des Denkers Buch. Süſs klingt des Sängers Harfe, Und ernst des Weisen Spruch. Umsonst. Hinweggezogen Folgt der entzückte Geist Dem Strom, der ihn magnetisch In seine Wirbel reiſst. Wenn Nachts aus halbem Schlummer Der Sehnsucht Sturm mich weckt, Wenn mich der Schlag der Wachtel Aus süſsen Träumen neckt, Breit' ich den Arm und drücke Dich wähnend an mein Herz; Der Wahn zerrinnt, und einsam Bin ich mit meinem Schmerz. Ich flüchte sehnsuchtmüde Zum Busen der Natur. Doch ach, Dein Bild, Geliebte, Folgt mir auf jeder Spur. Es flötet Deinen Namen Das Vöglein auf dem Zweig. Ihn schwirrt die Grill' im Grase, Ihn ruft die Unk' im Teich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0221" n="199"/> <lg n="2"> <l>Mir winkt das Lied des Dichters,</l><lb/> <l>Mich lockt des Denkers Buch.</l><lb/> <l>Süſs klingt des Sängers Harfe,</l><lb/> <l>Und ernst des Weisen Spruch.</l><lb/> <l>Umsonst. Hinweggezogen</l><lb/> <l>Folgt der entzückte Geist</l><lb/> <l>Dem Strom, der ihn magnetisch</l><lb/> <l>In seine Wirbel reiſst.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wenn Nachts aus halbem Schlummer</l><lb/> <l>Der Sehnsucht Sturm mich weckt,</l><lb/> <l>Wenn mich der Schlag der Wachtel</l><lb/> <l>Aus süſsen Träumen neckt,</l><lb/> <l>Breit' ich den Arm und drücke</l><lb/> <l>Dich wähnend an mein Herz;</l><lb/> <l>Der Wahn zerrinnt, und einsam</l><lb/> <l>Bin ich mit meinem Schmerz.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ich flüchte sehnsuchtmüde</l><lb/> <l>Zum Busen der Natur.</l><lb/> <l>Doch ach, Dein Bild, Geliebte,</l><lb/> <l>Folgt mir auf jeder Spur.</l><lb/> <l>Es flötet Deinen Namen</l><lb/> <l>Das Vöglein auf dem Zweig.</l><lb/> <l>Ihn schwirrt die Grill' im Grase,</l><lb/> <l>Ihn ruft die Unk' im Teich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0221]
Mir winkt das Lied des Dichters,
Mich lockt des Denkers Buch.
Süſs klingt des Sängers Harfe,
Und ernst des Weisen Spruch.
Umsonst. Hinweggezogen
Folgt der entzückte Geist
Dem Strom, der ihn magnetisch
In seine Wirbel reiſst.
Wenn Nachts aus halbem Schlummer
Der Sehnsucht Sturm mich weckt,
Wenn mich der Schlag der Wachtel
Aus süſsen Träumen neckt,
Breit' ich den Arm und drücke
Dich wähnend an mein Herz;
Der Wahn zerrinnt, und einsam
Bin ich mit meinem Schmerz.
Ich flüchte sehnsuchtmüde
Zum Busen der Natur.
Doch ach, Dein Bild, Geliebte,
Folgt mir auf jeder Spur.
Es flötet Deinen Namen
Das Vöglein auf dem Zweig.
Ihn schwirrt die Grill' im Grase,
Ihn ruft die Unk' im Teich.
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/221>, abgerufen am 22.07.2024. |