Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Tochter, unsre Blüthen fallen. Eine Weile kos't und tränket Uns die grosse Mutter, senket Freundlich lullend uns ins Grab. Reifes, Grünes mäht der Schnitter, Fühllos wirft das Ungewitter Dürre Blätter, Blüthenkronen Von dem Lebensbaum herab. Unsre Julie keimt' und knosp'te. Ihre Knospen sind gebrochen. Wenig trübe Winterwochen Weint' und lacht' und lallt' Emil. Als das junge Jahr erlau'te O des Jammers! sank der Traute Von der Mutter warmen Busen In des Grabes schaudernd Kühl. Tochter, wähne nicht, auf immer Werde dich der Arm beschirmen, Welcher in des Lebens Stürmen Itzt noch deine Schwäche stützt. Einsam durch die Wildniss wanken, Stablos wirst du niederschwanken, Wenn dich nicht der Trost der Unschuld, Und der Unschuld Retter stützt. Tochter, unsre Blüthen fallen. Eine Weile kos't und tränket Uns die groſse Mutter, senket Freundlich lullend uns ins Grab. Reifes, Grünes mäht der Schnitter, Fühllos wirft das Ungewitter Dürre Blätter, Blüthenkronen Von dem Lebensbaum herab. Unsre Julie keimt' und knosp'te. Ihre Knospen sind gebrochen. Wenig trübe Winterwochen Weint' und lacht' und lallt' Emil. Als das junge Jahr erlau'te O des Jammers! sank der Traute Von der Mutter warmen Busen In des Grabes schaudernd Kühl. Tochter, wähne nicht, auf immer Werde dich der Arm beschirmen, Welcher in des Lebens Stürmen Itzt noch deine Schwäche stützt. Einsam durch die Wildniſs wanken, Stablos wirst du niederschwanken, Wenn dich nicht der Trost der Unschuld, Und der Unschuld Retter stützt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0150" n="130"/> <lg n="11"> <l>Tochter, unsre Blüthen fallen.</l><lb/> <l>Eine Weile kos't und tränket</l><lb/> <l>Uns die groſse Mutter, senket</l><lb/> <l>Freundlich lullend uns ins Grab.</l><lb/> <l>Reifes, Grünes mäht der Schnitter,</l><lb/> <l>Fühllos wirft das Ungewitter</l><lb/> <l>Dürre Blätter, Blüthenkronen</l><lb/> <l>Von dem Lebensbaum herab.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Unsre Julie keimt' und knosp'te.</l><lb/> <l>Ihre Knospen sind gebrochen.</l><lb/> <l>Wenig trübe Winterwochen</l><lb/> <l>Weint' und lacht' und lallt' Emil.</l><lb/> <l>Als das junge Jahr erlau'te</l><lb/> <l>O des Jammers! sank der Traute</l><lb/> <l>Von der Mutter warmen Busen</l><lb/> <l>In des Grabes schaudernd Kühl.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Tochter, wähne nicht, auf immer</l><lb/> <l>Werde dich der Arm beschirmen,</l><lb/> <l>Welcher in des Lebens Stürmen</l><lb/> <l>Itzt noch deine Schwäche stützt.</l><lb/> <l>Einsam durch die Wildniſs wanken,</l><lb/> <l>Stablos wirst du niederschwanken,</l><lb/> <l>Wenn dich nicht der Trost der Unschuld,</l><lb/> <l>Und der Unschuld Retter stützt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0150]
Tochter, unsre Blüthen fallen.
Eine Weile kos't und tränket
Uns die groſse Mutter, senket
Freundlich lullend uns ins Grab.
Reifes, Grünes mäht der Schnitter,
Fühllos wirft das Ungewitter
Dürre Blätter, Blüthenkronen
Von dem Lebensbaum herab.
Unsre Julie keimt' und knosp'te.
Ihre Knospen sind gebrochen.
Wenig trübe Winterwochen
Weint' und lacht' und lallt' Emil.
Als das junge Jahr erlau'te
O des Jammers! sank der Traute
Von der Mutter warmen Busen
In des Grabes schaudernd Kühl.
Tochter, wähne nicht, auf immer
Werde dich der Arm beschirmen,
Welcher in des Lebens Stürmen
Itzt noch deine Schwäche stützt.
Einsam durch die Wildniſs wanken,
Stablos wirst du niederschwanken,
Wenn dich nicht der Trost der Unschuld,
Und der Unschuld Retter stützt.
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