Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich schreckt: Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen. Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt! Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen! Von grausen Larven wird mein Geist geneckt. Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde. Flösst Lebenssaft ihm ein, dass nicht mein Freund verscheide!
Jutta.
O süsse Schwester, gleicher Jammer presst Auch dieses Herz. Lass denn vereint uns trauern, Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge- nässt, Wie Thränenweiden über Gräbern schauern. Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen, Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich krächzen!
Eleonore.
Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten wach, Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze. Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze. Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.
Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich schreckt: Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen. Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt! Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen! Von grausen Larven wird mein Geist geneckt. Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde. Flöſst Lebenssaft ihm ein, daſs nicht mein Freund verscheide!
Jutta.
O süſse Schwester, gleicher Jammer preſst Auch dieses Herz. Laſs denn vereint uns trauern, Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge- näſst, Wie Thränenweiden über Gräbern schauern. Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen, Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich krächzen!
Eleonore.
Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten wach, Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze. Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze. Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="1"><pbfacs="#f0105"n="85"/><l>Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich<lb/>
schreckt:</l><lb/><l>Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen.</l><lb/><l>Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt!</l><lb/><l>Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen!</l><lb/><l>Von grausen Larven wird mein Geist geneckt.</l><lb/><l>Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde.</l><lb/><l>Flöſst Lebenssaft ihm ein, daſs nicht mein Freund<lb/>
verscheide!</l></lg><lb/><lg><head>Jutta.</head><lb/><lgn="2"><l>O süſse Schwester, gleicher Jammer preſst</l><lb/><l>Auch dieses Herz. Laſs denn vereint uns trauern,</l><lb/><l>Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge-<lb/>
näſst,</l><lb/><l>Wie Thränenweiden über Gräbern schauern.</l><lb/><l>Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest</l><lb/><l>Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen,</l><lb/><l>Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich<lb/>
krächzen!</l></lg></lg><lb/><lg><head>Eleonore.</head><lb/><lgn="3"><l>Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten<lb/>
wach,</l><lb/><l>Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze.</l><lb/><l>Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag</l><lb/><l>Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze.</l><lb/><l>Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.</l><lb/></lg></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[85/0105]
Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich
schreckt:
Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen.
Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt!
Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen!
Von grausen Larven wird mein Geist geneckt.
Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde.
Flöſst Lebenssaft ihm ein, daſs nicht mein Freund
verscheide!
Jutta.
O süſse Schwester, gleicher Jammer preſst
Auch dieses Herz. Laſs denn vereint uns trauern,
Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge-
näſst,
Wie Thränenweiden über Gräbern schauern.
Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest
Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen,
Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich
krächzen!
Eleonore.
Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten
wach,
Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze.
Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag
Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze.
Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/105>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.