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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Wenig schwirrendes Laub, golden und bunt schattirt,
Wenig welkendes Laub schmücket die Laube noch,
Wo ich träumend und wähnend
An Odaliens Busen lag.
Abend war es. Der Mond flimmerte durch das
Laub.
Blüthen bebten im Thau. Düfte umwallten uns.
Blühender, duftender, schöner
Sass Odalia neben mir.
Hingesunken an sie, innigst geschmiegt an sie
Träumt' ich seligen Traum, schmolz in Vergessen-
heit,
Bis das Flistern der Blätter
Mich dem seidenen Traum entriss.
Itzund flistern sie nicht. Jedes Gelispel schweigt;
Jeder Jubel verhallt; jedes Gedüft verweht.
Schlaff ist jegliche Sehne,
Leer der Köcher der Schöpferin.
Jede Blüthe verblüht, welche der Lenz gebar,
Jede Schöne verwelkt, welche dem Staub' ent-
spross.
Doch die schönere Seele
Blüht unsterblichen schönen Lenz.

Wenig schwirrendes Laub, golden und bunt schattirt,
Wenig welkendes Laub schmücket die Laube noch,
Wo ich träumend und wähnend
An Odaliens Busen lag.
Abend war es. Der Mond flimmerte durch das
Laub.
Blüthen bebten im Thau. Düfte umwallten uns.
Blühender, duftender, schöner
Sass Odalia neben mir.
Hingesunken an sie, innigst geschmiegt an sie
Träumt' ich seligen Traum, schmolz in Vergessen-
heit,
Bis das Flistern der Blätter
Mich dem seidenen Traum entriss.
Itzund flistern sie nicht. Jedes Gelispel schweigt;
Jeder Jubel verhallt; jedes Gedüft verweht.
Schlaff ist jegliche Sehne,
Leer der Köcher der Schöpferin.
Jede Blüthe verblüht, welche der Lenz gebar,
Jede Schöne verwelkt, welche dem Staub' ent-
spross.
Doch die schönere Seele
Blüht unsterblichen schönen Lenz.

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[63/0079] Wenig schwirrendes Laub, golden und bunt schattirt, Wenig welkendes Laub schmücket die Laube noch, Wo ich träumend und wähnend An Odaliens Busen lag. Abend war es. Der Mond flimmerte durch das Laub. Blüthen bebten im Thau. Düfte umwallten uns. Blühender, duftender, schöner Sass Odalia neben mir. Hingesunken an sie, innigst geschmiegt an sie Träumt' ich seligen Traum, schmolz in Vergessen- heit, Bis das Flistern der Blätter Mich dem seidenen Traum entriss. Itzund flistern sie nicht. Jedes Gelispel schweigt; Jeder Jubel verhallt; jedes Gedüft verweht. Schlaff ist jegliche Sehne, Leer der Köcher der Schöpferin. Jede Blüthe verblüht, welche der Lenz gebar, Jede Schöne verwelkt, welche dem Staub' ent- spross. Doch die schönere Seele Blüht unsterblichen schönen Lenz.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/79>, abgerufen am 29.03.2024.