Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Lächle nur, o Seele meiner Seele, Lächle mir bisweilen tröstend zu. Blicke Kraft mir in die müde Seele Aus dem Auge voll erhabner Ruh. Wenn die Schwüle mir den Athem hemmet, Reiche huldreich mir die theure Hand. Wenn das dumpfe Daseyn mich beklemmet, Zeige mir das helle Land, Wo der Leidenschaft Tumulte schweigen, Wo kein Sinnenrausch den Geist verwirrt; Wo Entzücken in den Blüthenzweigen, In den Blumenkelchen Liebe girrt; Wo berauscht vom Duft der Ambramatten, Aufgelöst vom Zauber des Gesangs, Seelen selig sich zu Seelen gatten, Ledig jedes Fesselzwangs. Wo am Busen seiner Gabriele Coucy seines Herzens Sehnsucht letzt; Wo Petrarka's ewig treue Seele Sich an Laurens Anschaun hoch ergötzt; Wo von ihrem Abälard umschlungen Heloise jeden Wunsch verneint; Und von Agnes Lilienarm umrungen Julius Entzücken weint . . . Lächle nur, o Seele meiner Seele, Lächle mir bisweilen tröstend zu. Blicke Kraft mir in die müde Seele Aus dem Auge voll erhabner Ruh. Wenn die Schwüle mir den Athem hemmet, Reiche huldreich mir die theure Hand. Wenn das dumpfe Daseyn mich beklemmet, Zeige mir das helle Land, Wo der Leidenschaft Tumulte schweigen, Wo kein Sinnenrausch den Geist verwirrt; Wo Entzücken in den Blüthenzweigen, In den Blumenkelchen Liebe girrt; Wo berauscht vom Duft der Ambramatten, Aufgelöst vom Zauber des Gesangs, Seelen selig sich zu Seelen gatten, Ledig jedes Fesselzwangs. Wo am Busen seiner Gabriele Coucy seines Herzens Sehnsucht letzt; Wo Petrarka's ewig treue Seele Sich an Laurens Anschaun hoch ergötzt; Wo von ihrem Abälard umschlungen Heloise jeden Wunsch verneint; Und von Agnes Lilienarm umrungen Julius Entzücken weint . . . <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0247" n="229"/> </l> <lg n="5"> <l>Lächle nur, o Seele meiner Seele,</l><lb/> <l>Lächle mir bisweilen tröstend zu.</l><lb/> <l>Blicke Kraft mir in die müde Seele</l><lb/> <l>Aus dem Auge voll erhabner Ruh.</l><lb/> <l>Wenn die Schwüle mir den Athem hemmet,</l><lb/> <l>Reiche huldreich mir die theure Hand.</l><lb/> <l>Wenn das dumpfe Daseyn mich beklemmet,</l><lb/> <l>Zeige mir das helle Land,</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wo der Leidenschaft Tumulte schweigen,</l><lb/> <l>Wo kein Sinnenrausch den Geist verwirrt;</l><lb/> <l>Wo Entzücken in den Blüthenzweigen,</l><lb/> <l>In den Blumenkelchen Liebe girrt;</l><lb/> <l>Wo berauscht vom Duft der Ambramatten,</l><lb/> <l>Aufgelöst vom Zauber des Gesangs,</l><lb/> <l>Seelen selig sich zu Seelen gatten,</l><lb/> <l>Ledig jedes Fesselzwangs.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wo am Busen seiner <hi rendition="#g">Gabriele</hi></l><lb/> <l><hi rendition="#g">Coucy</hi> seines Herzens Sehnsucht letzt;</l><lb/> <l>Wo <hi rendition="#g">Petrarka's</hi> ewig treue Seele</l><lb/> <l>Sich an <hi rendition="#g">Laurens</hi> Anschaun hoch ergötzt;</l><lb/> <l>Wo von ihrem <hi rendition="#g">Abälard</hi> umschlungen</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Heloise</hi> jeden Wunsch verneint;</l><lb/> <l>Und von <hi rendition="#g">Agnes</hi> Lilienarm umrungen</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Julius</hi> Entzücken weint . . .</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0247]
Lächle nur, o Seele meiner Seele,
Lächle mir bisweilen tröstend zu.
Blicke Kraft mir in die müde Seele
Aus dem Auge voll erhabner Ruh.
Wenn die Schwüle mir den Athem hemmet,
Reiche huldreich mir die theure Hand.
Wenn das dumpfe Daseyn mich beklemmet,
Zeige mir das helle Land,
Wo der Leidenschaft Tumulte schweigen,
Wo kein Sinnenrausch den Geist verwirrt;
Wo Entzücken in den Blüthenzweigen,
In den Blumenkelchen Liebe girrt;
Wo berauscht vom Duft der Ambramatten,
Aufgelöst vom Zauber des Gesangs,
Seelen selig sich zu Seelen gatten,
Ledig jedes Fesselzwangs.
Wo am Busen seiner Gabriele
Coucy seines Herzens Sehnsucht letzt;
Wo Petrarka's ewig treue Seele
Sich an Laurens Anschaun hoch ergötzt;
Wo von ihrem Abälard umschlungen
Heloise jeden Wunsch verneint;
Und von Agnes Lilienarm umrungen
Julius Entzücken weint . . .
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