Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Und dich, dem Seelelabsal, Brüder laben, Und Menschen retten, Engelwollust war, Dich, Edlen, haben sie hier in den Staub be graben? Und alle deine Tugend war Zu schwach, den grimmen Würger zu be- zwingen, Der hungrig seine Arme um dich schlang? Verloren war für dich der Gattin Händeringen, Und deiner Kinder Qualendrang? Verschlossen ist dein freundlich Aug' auf immer? Verriegelt ewig dein mitleidig Ohr? Du liegst und schläfst und schlägst die schweren Wimper nimmer Aus deinem Todesschlaf empor? Und Herzensreinheit, Herzensgüte wäre Nicht besser, als das Gras, das Wiesen schmückt, Und in der Sonne dorrt? nicht edler, als die Ähre, Die halbgereift der Sturmwind knickt? Nein, Menschenfreund, in diesem engen Hause Wohnt nicht dein bessres, nicht dein wahres Du! Dein wahres Du, zu gut für dieser Welt Karthause, Flog jenen schönern Welten zu. Und dich, dem Seelelabsal, Brüder laben, Und Menschen retten, Engelwollust war, Dich, Edlen, haben sie hier in den Staub be graben? Und alle deine Tugend war Zu schwach, den grimmen Würger zu be- zwingen, Der hungrig seine Arme um dich schlang? Verloren war für dich der Gattin Händeringen, Und deiner Kinder Qualendrang? Verschlossen ist dein freundlich Aug' auf immer? Verriegelt ewig dein mitleidig Ohr? Du liegst und schläfst und schlägst die schweren Wimper nimmer Aus deinem Todesschlaf empor? Und Herzensreinheit, Herzensgüte wäre Nicht besser, als das Gras, das Wiesen schmückt, Und in der Sonne dorrt? nicht edler, als die Ähre, Die halbgereift der Sturmwind knickt? Nein, Menschenfreund, in diesem engen Hause Wohnt nicht dein bessres, nicht dein wahres Du! Dein wahres Du, zu gut für dieser Welt Karthause, Flog jenen schönern Welten zu. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0168" n="152"/> </l> <lg n="9"> <l>Und dich, dem Seelelabsal, Brüder laben,</l><lb/> <l>Und Menschen retten, Engelwollust war,</l><lb/> <l>Dich, Edlen, haben sie hier in den Staub be</l><lb/> <l>graben?</l><lb/> <l>Und alle deine Tugend war</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Zu schwach, den grimmen Würger zu be-</l><lb/> <l>zwingen,</l><lb/> <l>Der hungrig seine Arme um dich schlang?</l><lb/> <l>Verloren war für dich der Gattin Händeringen,</l><lb/> <l>Und deiner Kinder Qualendrang?</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Verschlossen ist dein freundlich Aug' auf immer?</l><lb/> <l>Verriegelt ewig dein mitleidig Ohr?</l><lb/> <l>Du liegst und schläfst und schlägst die schweren</l><lb/> <l>Wimper nimmer</l><lb/> <l>Aus deinem Todesschlaf empor?</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Und Herzensreinheit, Herzensgüte wäre</l><lb/> <l>Nicht besser, als das Gras, das Wiesen schmückt,</l><lb/> <l>Und in der Sonne dorrt? nicht edler, als die Ähre,</l><lb/> <l>Die halbgereift der Sturmwind knickt?</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Nein, Menschenfreund, in diesem engen Hause</l><lb/> <l>Wohnt nicht dein bessres, nicht dein wahres Du!</l><lb/> <l>Dein wahres Du, zu gut für dieser Welt Karthause,</l><lb/> <l>Flog jenen schönern Welten zu.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0168]
Und dich, dem Seelelabsal, Brüder laben,
Und Menschen retten, Engelwollust war,
Dich, Edlen, haben sie hier in den Staub be
graben?
Und alle deine Tugend war
Zu schwach, den grimmen Würger zu be-
zwingen,
Der hungrig seine Arme um dich schlang?
Verloren war für dich der Gattin Händeringen,
Und deiner Kinder Qualendrang?
Verschlossen ist dein freundlich Aug' auf immer?
Verriegelt ewig dein mitleidig Ohr?
Du liegst und schläfst und schlägst die schweren
Wimper nimmer
Aus deinem Todesschlaf empor?
Und Herzensreinheit, Herzensgüte wäre
Nicht besser, als das Gras, das Wiesen schmückt,
Und in der Sonne dorrt? nicht edler, als die Ähre,
Die halbgereift der Sturmwind knickt?
Nein, Menschenfreund, in diesem engen Hause
Wohnt nicht dein bessres, nicht dein wahres Du!
Dein wahres Du, zu gut für dieser Welt Karthause,
Flog jenen schönern Welten zu.
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