Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Du standst allein in der Verderbniss Mitte, Und ihre Strudel rissen dich nicht hin. Fest hieltest du und steif an angestammter Sitte Und an der Väter gradem Sinn. Es prallten ab von deiner rauhen Tugend Die Pfeile geckischer Verfeinerung. Des Auslands Flittergold, der Firniss deutscher Jugend Bedünkte dich Verweichlichung. Der bunten Thorheit gaukelndes Gepränge Zerstob beschämt vor deinem finstern Blick. Das Laster zitterte vor deines Spruches Strenge, Und floh in sein Verliess zurück. Im Felsengrund auf ehrnen Säulen baute In deiner Brust sich einen goldnen Thron Der Menschheit Trösterin, der Edleren Ver- traute, Die ewige Religion -- So standest du, dieweil ein halb Jahrhun- dert Sanftgleitend über deine Scheitel floss; Gefürchtet und geliebt, getadelt und bewundert, Dir selbstgenügend, rauh und gross. Du standst allein in der Verderbniss Mitte, Und ihre Strudel rissen dich nicht hin. Fest hieltest du und steif an angestammter Sitte Und an der Väter gradem Sinn. Es prallten ab von deiner rauhen Tugend Die Pfeile geckischer Verfeinerung. Des Auslands Flittergold, der Firniss deutscher Jugend Bedünkte dich Verweichlichung. Der bunten Thorheit gaukelndes Gepränge Zerstob beschämt vor deinem finstern Blick. Das Laster zitterte vor deines Spruches Strenge, Und floh in sein Verliess zurück. Im Felsengrund auf ehrnen Säulen baute In deiner Brust sich einen goldnen Thron Der Menschheit Trösterin, der Edleren Ver- traute, Die ewige Religion — So standest du, dieweil ein halb Jahrhun- dert Sanftgleitend über deine Scheitel floss; Gefürchtet und geliebt, getadelt und bewundert, Dir selbstgenügend, rauh und gross. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0164" n="148"/> </l> <lg n="8"> <l>Du standst allein in der Verderbniss Mitte,</l><lb/> <l>Und ihre Strudel rissen dich nicht hin.</l><lb/> <l>Fest hieltest du und steif an angestammter Sitte</l><lb/> <l>Und an der Väter gradem Sinn.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Es prallten ab von deiner rauhen Tugend</l><lb/> <l>Die Pfeile geckischer Verfeinerung.</l><lb/> <l>Des Auslands Flittergold, der Firniss deutscher</l><lb/> <l>Jugend</l><lb/> <l>Bedünkte dich Verweichlichung.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Der bunten Thorheit gaukelndes Gepränge</l><lb/> <l>Zerstob beschämt vor deinem finstern Blick.</l><lb/> <l>Das Laster zitterte vor deines Spruches Strenge,</l><lb/> <l>Und floh in sein Verliess zurück.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Im Felsengrund auf ehrnen Säulen baute</l><lb/> <l>In deiner Brust sich einen goldnen Thron</l><lb/> <l>Der Menschheit Trösterin, der Edleren Ver-</l><lb/> <l>traute,</l><lb/> <l>Die ewige Religion —</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>So standest du, dieweil ein halb Jahrhun-</l><lb/> <l>dert</l><lb/> <l>Sanftgleitend über deine Scheitel floss;</l><lb/> <l>Gefürchtet und geliebt, getadelt und bewundert,</l><lb/> <l>Dir selbstgenügend, rauh und gross.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0164]
Du standst allein in der Verderbniss Mitte,
Und ihre Strudel rissen dich nicht hin.
Fest hieltest du und steif an angestammter Sitte
Und an der Väter gradem Sinn.
Es prallten ab von deiner rauhen Tugend
Die Pfeile geckischer Verfeinerung.
Des Auslands Flittergold, der Firniss deutscher
Jugend
Bedünkte dich Verweichlichung.
Der bunten Thorheit gaukelndes Gepränge
Zerstob beschämt vor deinem finstern Blick.
Das Laster zitterte vor deines Spruches Strenge,
Und floh in sein Verliess zurück.
Im Felsengrund auf ehrnen Säulen baute
In deiner Brust sich einen goldnen Thron
Der Menschheit Trösterin, der Edleren Ver-
traute,
Die ewige Religion —
So standest du, dieweil ein halb Jahrhun-
dert
Sanftgleitend über deine Scheitel floss;
Gefürchtet und geliebt, getadelt und bewundert,
Dir selbstgenügend, rauh und gross.
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