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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Fährst du mit Allvaters Siegeswagen,
Siehst Benetnesch Goldhuf Funken schlagen,
Siehst, wie Mizar Flammen schnaubt und schäumt!
Wie vor Alkors grimmen Geisselhieben
Dubhe's goldne Mähnen auseinander stieben,
Und der trotz'ge Alioth sich bäumt!
Oder flüchtetest du wallfahrtmüde
Zu des Augelsternes sicherm Friede,
Pflegst auf seinem Söller stolzer Ruh?
Siehst der Welten Labyrinthentänzen
Sonder Stillstand, sonder Ziel und Gränzen
In erhabener Bewundrung zu?
Schwebe, wo du schwebst, in welchen Fernen,
Walle, wo du wallst, auf welchen Sternen --
Weiss ich doch, dein wonnetrunkner Blick
Schauet oft aus jenen Glanzgefilden
Wehmuthdämmernd nach dem blassen milden
Mutterstern, der dich gebar, zurück.
Wo dir sieben und zwanzig Lenze sprossten,
Sieben und zwanzig Winter dich umschlossten,
Sieben und zwanzigmal der Herbst dein Haupt umflog;
Wo in ihrem warmen Mutterschoosse
Für das Gute, Wahre, Schöne, Grosse
Dich die freundliche Natur erzog;

Fährst du mit Allvaters Siegeswagen,
Siehst Benetnesch Goldhuf Funken schlagen,
Siehst, wie Mizar Flammen schnaubt und schäumt!
Wie vor Alkors grimmen Geisselhieben
Dubhe's goldne Mähnen auseinander stieben,
Und der trotz'ge Alioth sich bäumt!
Oder flüchtetest du wallfahrtmüde
Zu des Augelsternes sicherm Friede,
Pflegst auf seinem Söller stolzer Ruh?
Siehst der Welten Labyrinthentänzen
Sonder Stillstand, sonder Ziel und Gränzen
In erhabener Bewundrung zu?
Schwebe, wo du schwebst, in welchen Fernen,
Walle, wo du wallst, auf welchen Sternen —
Weiss ich doch, dein wonnetrunkner Blick
Schauet oft aus jenen Glanzgefilden
Wehmuthdämmernd nach dem blassen milden
Mutterstern, der dich gebar, zurück.
Wo dir sieben und zwanzig Lenze sprossten,
Sieben und zwanzig Winter dich umschlossten,
Sieben und zwanzigmal der Herbst dein Haupt umflog;
Wo in ihrem warmen Mutterschoosse
Für das Gute, Wahre, Schöne, Grosse
Dich die freundliche Natur erzog;

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[126/0142] Fährst du mit Allvaters Siegeswagen, Siehst Benetnesch Goldhuf Funken schlagen, Siehst, wie Mizar Flammen schnaubt und schäumt! Wie vor Alkors grimmen Geisselhieben Dubhe's goldne Mähnen auseinander stieben, Und der trotz'ge Alioth sich bäumt! Oder flüchtetest du wallfahrtmüde Zu des Augelsternes sicherm Friede, Pflegst auf seinem Söller stolzer Ruh? Siehst der Welten Labyrinthentänzen Sonder Stillstand, sonder Ziel und Gränzen In erhabener Bewundrung zu? Schwebe, wo du schwebst, in welchen Fernen, Walle, wo du wallst, auf welchen Sternen — Weiss ich doch, dein wonnetrunkner Blick Schauet oft aus jenen Glanzgefilden Wehmuthdämmernd nach dem blassen milden Mutterstern, der dich gebar, zurück. Wo dir sieben und zwanzig Lenze sprossten, Sieben und zwanzig Winter dich umschlossten, Sieben und zwanzigmal der Herbst dein Haupt umflog; Wo in ihrem warmen Mutterschoosse Für das Gute, Wahre, Schöne, Grosse Dich die freundliche Natur erzog;

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/142>, abgerufen am 19.04.2024.