Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochverrath bedünkt mich Erdenfreude;
Frecher Frevel däucht mich froher Scherz.
Welkes Laub ist meine Augenweide;
Dürres Blätterrascheln labt mein Herz.
Meinem Gram hab' ich den Ring gegeben,
Den ich dir zu geben am Altar
Und mein Leben mit dir durchzuleben,
Träumt', und träumend, ach, so selig war!
Wenn der Morgen meine Wände röthet,
Grüss' ich ihn mit thränendunkelm Blick.
Wenn das Spätroth in mein Fenster flötet,
Träum' ich in die Vorzeit mich zurück.
Wenn der Mitternacht wehmüthge Hülle
Mich auf meinem Thränenlager hüllt,
Fantasier' ich mich in jene Stille,
In die Nacht hinunter, die dich hüllt.
Schlummre sanft in deiner Schlummerstätte,
Mein Geliebter, schlummre sanft und süss,
Bis die gräbersprengende Drommete
Dich entruft der tiefsten Finsterniss.
Dein vergessen werd' ich nimmer, nimmer,
Bis mein Geist die Schale Lethens trinkt;
Dein gedenken werd' ich immer, immer,
Bis dein Schatten meinen zu sich winkt.

H 2
Hochverrath bedünkt mich Erdenfreude;
Frecher Frevel däucht mich froher Scherz.
Welkes Laub ist meine Augenweide;
Dürres Blätterrascheln labt mein Herz.
Meinem Gram hab' ich den Ring gegeben,
Den ich dir zu geben am Altar
Und mein Leben mit dir durchzuleben,
Träumt', und träumend, ach, so selig war!
Wenn der Morgen meine Wände röthet,
Grüss' ich ihn mit thränendunkelm Blick.
Wenn das Spätroth in mein Fenster flötet,
Träum' ich in die Vorzeit mich zurück.
Wenn der Mitternacht wehmüthge Hülle
Mich auf meinem Thränenlager hüllt,
Fantasier' ich mich in jene Stille,
In die Nacht hinunter, die dich hüllt.
Schlummre sanft in deiner Schlummerstätte,
Mein Geliebter, schlummre sanft und süss,
Bis die gräbersprengende Drommete
Dich entruft der tiefsten Finsterniss.
Dein vergessen werd' ich nimmer, nimmer,
Bis mein Geist die Schale Lethens trinkt;
Dein gedenken werd' ich immer, immer,
Bis dein Schatten meinen zu sich winkt.

H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0131" n="115"/>
            </l>
            <lg n="5">
              <l>Hochverrath bedünkt mich Erdenfreude;</l><lb/>
              <l>Frecher Frevel däucht mich froher Scherz.</l><lb/>
              <l>Welkes Laub ist meine Augenweide;</l><lb/>
              <l>Dürres Blätterrascheln labt mein Herz.</l><lb/>
              <l>Meinem Gram hab' ich den Ring gegeben,</l><lb/>
              <l>Den ich dir zu geben am Altar</l><lb/>
              <l>Und mein Leben mit dir durchzuleben,</l><lb/>
              <l>Träumt', und träumend, ach, so selig war!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Wenn der Morgen meine Wände röthet,</l><lb/>
              <l>Grüss' ich ihn mit thränendunkelm Blick.</l><lb/>
              <l>Wenn das Spätroth in mein Fenster flötet,</l><lb/>
              <l>Träum' ich in die Vorzeit mich zurück.</l><lb/>
              <l>Wenn der Mitternacht wehmüthge Hülle</l><lb/>
              <l>Mich auf meinem Thränenlager hüllt,</l><lb/>
              <l>Fantasier' ich mich in jene Stille,</l><lb/>
              <l>In die Nacht hinunter, die dich hüllt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Schlummre sanft in deiner Schlummerstätte,</l><lb/>
              <l>Mein Geliebter, schlummre sanft und süss,</l><lb/>
              <l>Bis die gräbersprengende Drommete</l><lb/>
              <l>Dich entruft der tiefsten Finsterniss.</l><lb/>
              <l>Dein vergessen werd' ich nimmer, nimmer,</l><lb/>
              <l>Bis mein Geist die Schale Lethens trinkt;</l><lb/>
              <l>Dein gedenken werd' ich immer, immer,</l><lb/>
              <l>Bis dein Schatten meinen zu sich winkt.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0131] Hochverrath bedünkt mich Erdenfreude; Frecher Frevel däucht mich froher Scherz. Welkes Laub ist meine Augenweide; Dürres Blätterrascheln labt mein Herz. Meinem Gram hab' ich den Ring gegeben, Den ich dir zu geben am Altar Und mein Leben mit dir durchzuleben, Träumt', und träumend, ach, so selig war! Wenn der Morgen meine Wände röthet, Grüss' ich ihn mit thränendunkelm Blick. Wenn das Spätroth in mein Fenster flötet, Träum' ich in die Vorzeit mich zurück. Wenn der Mitternacht wehmüthge Hülle Mich auf meinem Thränenlager hüllt, Fantasier' ich mich in jene Stille, In die Nacht hinunter, die dich hüllt. Schlummre sanft in deiner Schlummerstätte, Mein Geliebter, schlummre sanft und süss, Bis die gräbersprengende Drommete Dich entruft der tiefsten Finsterniss. Dein vergessen werd' ich nimmer, nimmer, Bis mein Geist die Schale Lethens trinkt; Dein gedenken werd' ich immer, immer, Bis dein Schatten meinen zu sich winkt. H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/131
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/131>, abgerufen am 24.11.2024.