Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Das Loos der Erdenbürger Ist: blühen und verblühn. Den grimmen Menschenwürger, Wer hemmt, wer bändigt ihn! Wir altern, wir erkranken, Wir taumeln, schwindeln, schwanken Und sinken rettungslos, O Grab, in deinen Schooss. Wer weiss, wer weiss, Elise, Wie bald dein Starker fällt! Wer weiss, wie bald der Riese Auf ihn den Bogen schnellt! Dann hat er ausgelitten, Auf immer ausgestritten, Auf immer ausgeschwärmt, Und satt sich, satt gehärmt. Wer weiss, wer weiss, o Rose, Wie bald der Sturm dich pflückt, Wie bald der Schonunglose Dich, schlanke Lilie, knickt! Dann rollen deine Blätter Verwelkt umher im Wetter. Den Halm zerstört der Wurm; Den Staub verweht der Sturm. Das Loos der Erdenbürger Ist: blühen und verblühn. Den grimmen Menschenwürger, Wer hemmt, wer bändigt ihn! Wir altern, wir erkranken, Wir taumeln, schwindeln, schwanken Und sinken rettungslos, O Grab, in deinen Schooſs. Wer weiſs, wer weiſs, Elise, Wie bald dein Starker fällt! Wer weiſs, wie bald der Riese Auf ihn den Bogen schnellt! Dann hat er ausgelitten, Auf immer ausgestritten, Auf immer ausgeschwärmt, Und satt sich, satt gehärmt. Wer weiſs, wer weiſs, o Rose, Wie bald der Sturm dich pflückt, Wie bald der Schonunglose Dich, schlanke Lilie, knickt! Dann rollen deine Blätter Verwelkt umher im Wetter. Den Halm zerstört der Wurm; Den Staub verweht der Sturm. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0152" n="112"/> <lg n="3"> <l>Das Loos der Erdenbürger</l><lb/> <l>Ist: blühen und verblühn.</l><lb/> <l>Den grimmen Menschenwürger,</l><lb/> <l>Wer hemmt, wer bändigt ihn!</l><lb/> <l>Wir altern, wir erkranken,</l><lb/> <l>Wir taumeln, schwindeln, schwanken</l><lb/> <l>Und sinken rettungslos,</l><lb/> <l>O Grab, in deinen Schooſs.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wer weiſs, wer weiſs, Elise,</l><lb/> <l>Wie bald dein Starker fällt!</l><lb/> <l>Wer weiſs, wie bald der Riese</l><lb/> <l>Auf ihn den Bogen schnellt!</l><lb/> <l>Dann hat er ausgelitten,</l><lb/> <l>Auf immer ausgestritten,</l><lb/> <l>Auf immer ausgeschwärmt,</l><lb/> <l>Und satt sich, satt gehärmt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wer weiſs, wer weiſs, o Rose,</l><lb/> <l>Wie bald der Sturm dich pflückt,</l><lb/> <l>Wie bald der Schonunglose</l><lb/> <l>Dich, schlanke Lilie, knickt!</l><lb/> <l>Dann rollen deine Blätter</l><lb/> <l>Verwelkt umher im Wetter.</l><lb/> <l>Den Halm zerstört der Wurm;</l><lb/> <l>Den Staub verweht der Sturm.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0152]
Das Loos der Erdenbürger
Ist: blühen und verblühn.
Den grimmen Menschenwürger,
Wer hemmt, wer bändigt ihn!
Wir altern, wir erkranken,
Wir taumeln, schwindeln, schwanken
Und sinken rettungslos,
O Grab, in deinen Schooſs.
Wer weiſs, wer weiſs, Elise,
Wie bald dein Starker fällt!
Wer weiſs, wie bald der Riese
Auf ihn den Bogen schnellt!
Dann hat er ausgelitten,
Auf immer ausgestritten,
Auf immer ausgeschwärmt,
Und satt sich, satt gehärmt.
Wer weiſs, wer weiſs, o Rose,
Wie bald der Sturm dich pflückt,
Wie bald der Schonunglose
Dich, schlanke Lilie, knickt!
Dann rollen deine Blätter
Verwelkt umher im Wetter.
Den Halm zerstört der Wurm;
Den Staub verweht der Sturm.
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