Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799.So sprach er von Ihr dem Baron oft vor, 8. Als sie nachher selbst nach Ohnwitz gekommen, Hat seine Liebe mehr überhand genommen, Und flammte und brannte lichterloh, Aerger als Flachs und trocknes Stroh. 9. Denn sie hatte ein Gesichtchen wie ein Engel, Eine Taille schlank wie ein Rohrstengel, Rabenschwarzes Haar, einen schönen Mund, Und Wangen er cetera, zart und rund. 10. Er muste es so fort bei sich gestehen, Daß er so ein Mädchen noch nie gesehen, Und durch ihren himmlischen Verstand, Ward er vollends noch ärger verbrannt. 11. Er hielte zwar lange seine verliebte Grillen, Für sich allein, incognito und im Stillen, Und wagte es durch Liebeserklärung nicht, Von sich zu wälzen das schwere Gewicht. 12. Auch Esther, als sie zuerst den Baron sahe, Wuste nicht recht, wie und was ihr geschahe; Denn ein unbekanntes Etwas innerlich, Bemächtigte Ihrer gewaltsam sich. 13. Sie hatte noch nie eigentlich geliebet, War auch in Romanenlektüre nicht geübet, Sonst hätte sie es wohl gleich gewust, Was da so wurmte in ihrer Brust. 14. Nach
So ſprach er von Ihr dem Baron oft vor, 8. Als ſie nachher ſelbſt nach Ohnwitz gekommen, Hat ſeine Liebe mehr uͤberhand genommen, Und flammte und brannte lichterloh, Aerger als Flachs und trocknes Stroh. 9. Denn ſie hatte ein Geſichtchen wie ein Engel, Eine Taille ſchlank wie ein Rohrſtengel, Rabenſchwarzes Haar, einen ſchoͤnen Mund, Und Wangen er cetera, zart und rund. 10. Er muſte es ſo fort bei ſich geſtehen, Daß er ſo ein Maͤdchen noch nie geſehen, Und durch ihren himmliſchen Verſtand, Ward er vollends noch aͤrger verbrannt. 11. Er hielte zwar lange ſeine verliebte Grillen, Fuͤr ſich allein, incognito und im Stillen, Und wagte es durch Liebeserklaͤrung nicht, Von ſich zu waͤlzen das ſchwere Gewicht. 12. Auch Eſther, als ſie zuerſt den Baron ſahe, Wuſte nicht recht, wie und was ihr geſchahe; Denn ein unbekanntes Etwas innerlich, Bemaͤchtigte Ihrer gewaltſam ſich. 13. Sie hatte noch nie eigentlich geliebet, War auch in Romanenlektuͤre nicht geuͤbet, Sonſt haͤtte ſie es wohl gleich gewuſt, Was da ſo wurmte in ihrer Bruſt. 14. Nach
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So ſprach er von Ihr dem Baron oft vor,
Und das hob ſein Gefuͤhl noch mehr empor.
8. Als ſie nachher ſelbſt nach Ohnwitz gekommen,
Hat ſeine Liebe mehr uͤberhand genommen,
Und flammte und brannte lichterloh,
Aerger als Flachs und trocknes Stroh.
9. Denn ſie hatte ein Geſichtchen wie ein Engel,
Eine Taille ſchlank wie ein Rohrſtengel,
Rabenſchwarzes Haar, einen ſchoͤnen Mund,
Und Wangen er cetera, zart und rund.
10. Er muſte es ſo fort bei ſich geſtehen,
Daß er ſo ein Maͤdchen noch nie geſehen,
Und durch ihren himmliſchen Verſtand,
Ward er vollends noch aͤrger verbrannt.
11. Er hielte zwar lange ſeine verliebte Grillen,
Fuͤr ſich allein, incognito und im Stillen,
Und wagte es durch Liebeserklaͤrung nicht,
Von ſich zu waͤlzen das ſchwere Gewicht.
12. Auch Eſther, als ſie zuerſt den Baron ſahe,
Wuſte nicht recht, wie und was ihr geſchahe;
Denn ein unbekanntes Etwas innerlich,
Bemaͤchtigte Ihrer gewaltſam ſich.
13. Sie hatte noch nie eigentlich geliebet,
War auch in Romanenlektuͤre nicht geuͤbet,
Sonſt haͤtte ſie es wohl gleich gewuſt,
Was da ſo wurmte in ihrer Bruſt.
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