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Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799.

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"Sonntage 1800, wurden ich und meine Frau er-
"freuet mit der Geburt eines Töchterleins, welche
"Gottlob leicht erfolgte, ohngeachtet grade keine
"Hebamme zur Hand war. Sechszehn Tage
"nachher wurde das liebe Kind, nach christlöb-
"lichen Gebrauch, vom Pater Josten in der
"größten Eil getauft, weil dasselbe urplötzlich
"das Gefraisch bekam, so das der Exorcis-
"mus
nicht einmal vorher gehen konnte. Die
"geschwind herbei gerufenen Gevattern waren
"unsere nächsten Nachbarinnen und Nachbarn:
"die Frau Wind, Wittwe des seeligen Cas-
"par Wind, weiland wohl bestallten Bälgentre-
"ters in der hiesigen Medardus-Kirche; meine
"Muhme die eheleibliche Frau des Schwefel-
"holzhändlers Jörgen Stripps; ferner,
"Meicher Kehr, Besenfabrikant, und mein
"Busenfreund Theodor Kneif, Mitglied
"der ehrsamen Schusterinnung hieselbst. Gott
"gebe, daß das junge Wichtchen zu seinem Glücke
"und unserer Freude aufwachsen möge, wie eine
"Ceder zu Livanon."

Der Taufackt hätte nach der Regel wohl
früher geschehen müssen; weil es aber dem Va-
ter damals am Gelde fehlte, um den Brandwein

„Sonntage 1800, wurden ich und meine Frau er-
„freuet mit der Geburt eines Toͤchterleins, welche
„Gottlob leicht erfolgte, ohngeachtet grade keine
„Hebamme zur Hand war. Sechszehn Tage
„nachher wurde das liebe Kind, nach chriſtloͤb-
„lichen Gebrauch, vom Pater Joſten in der
„groͤßten Eil getauft, weil daſſelbe urploͤtzlich
„das Gefraiſch bekam, ſo das der Exorcis-
„mus
nicht einmal vorher gehen konnte. Die
„geſchwind herbei gerufenen Gevattern waren
„unſere naͤchſten Nachbarinnen und Nachbarn:
„die Frau Wind, Wittwe des ſeeligen Cas-
„par Wind, weiland wohl beſtallten Baͤlgentre-
„ters in der hieſigen Medardus-Kirche; meine
„Muhme die eheleibliche Frau des Schwefel-
„holzhaͤndlers Joͤrgen Stripps; ferner,
Meicher Kehr, Beſenfabrikant, und mein
„Buſenfreund Theodor Kneif, Mitglied
„der ehrſamen Schuſterinnung hieſelbſt. Gott
„gebe, daß das junge Wichtchen zu ſeinem Gluͤcke
„und unſerer Freude aufwachſen moͤge, wie eine
„Ceder zu Livanon.“

Der Taufackt haͤtte nach der Regel wohl
fruͤher geſchehen muͤſſen; weil es aber dem Va-
ter damals am Gelde fehlte, um den Brandwein

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[6/0212] „Sonntage 1800, wurden ich und meine Frau er- „freuet mit der Geburt eines Toͤchterleins, welche „Gottlob leicht erfolgte, ohngeachtet grade keine „Hebamme zur Hand war. Sechszehn Tage „nachher wurde das liebe Kind, nach chriſtloͤb- „lichen Gebrauch, vom Pater Joſten in der „groͤßten Eil getauft, weil daſſelbe urploͤtzlich „das Gefraiſch bekam, ſo das der Exorcis- „mus nicht einmal vorher gehen konnte. Die „geſchwind herbei gerufenen Gevattern waren „unſere naͤchſten Nachbarinnen und Nachbarn: „die Frau Wind, Wittwe des ſeeligen Cas- „par Wind, weiland wohl beſtallten Baͤlgentre- „ters in der hieſigen Medardus-Kirche; meine „Muhme die eheleibliche Frau des Schwefel- „holzhaͤndlers Joͤrgen Stripps; ferner, „Meicher Kehr, Beſenfabrikant, und mein „Buſenfreund Theodor Kneif, Mitglied „der ehrſamen Schuſterinnung hieſelbſt. Gott „gebe, daß das junge Wichtchen zu ſeinem Gluͤcke „und unſerer Freude aufwachſen moͤge, wie eine „Ceder zu Livanon.“ Der Taufackt haͤtte nach der Regel wohl fruͤher geſchehen muͤſſen; weil es aber dem Va- ter damals am Gelde fehlte, um den Brandwein

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Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/212>, abgerufen am 03.05.2024.