Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
3. Zwar Herr Jobs hatte nichts verloren,
War von guter Positur wie zuvoren,
Ja sein Korpus ware vielmehr
Seit dem Pfarrerstande ansehnlicher.
4. Aber Amaliens Reize waren verblichen,
Seitdem ohngefähr jene 15 Jahre verstrichen,
Und es sproßte schon hier und dar
Auf ihrem Kopfe ein graues Haar.
5. Auch an Körperkräften und Taille
War sie nicht die vor'ge schöne Amalie
Vormals war sie rund, roth und dick
Und nun ein leibhaftig Bild der Hektik.
6. Ihre Augen vormals glänzend von Liebe,
Waren nun eingefallen, dunkel und trübe
Und in ihrer ganzen Physionomie
Herrschte eine stille Melancholie.
7. Nicht allein gegen Herrn Jobs war sie sehr
gütig,
Sondern auch im ganzen Wesen sanftmüthig,
Und sie ertrug ihr körperliches Leid
Ohne Murren und Verdrüslichkeit.
8. Sie fühlte täglich die Kräfte mehr schwinden,
Hatte längst bereut ihre vorigen Sünden,
Und brachte nun in völliger Gewissensruh
Ihre noch übrigen Lebenstage zu.
9. Ei-
3. Zwar Herr Jobs hatte nichts verloren,
War von guter Poſitur wie zuvoren,
Ja ſein Korpus ware vielmehr
Seit dem Pfarrerſtande anſehnlicher.
4. Aber Amaliens Reize waren verblichen,
Seitdem ohngefaͤhr jene 15 Jahre verſtrichen,
Und es ſproßte ſchon hier und dar
Auf ihrem Kopfe ein graues Haar.
5. Auch an Koͤrperkraͤften und Taille
War ſie nicht die vor’ge ſchoͤne Amalie
Vormals war ſie rund, roth und dick
Und nun ein leibhaftig Bild der Hektik.
6. Ihre Augen vormals glaͤnzend von Liebe,
Waren nun eingefallen, dunkel und truͤbe
Und in ihrer ganzen Phyſionomie
Herrſchte eine ſtille Melancholie.
7. Nicht allein gegen Herrn Jobs war ſie ſehr
guͤtig,
Sondern auch im ganzen Weſen ſanftmuͤthig,
Und ſie ertrug ihr koͤrperliches Leid
Ohne Murren und Verdruͤslichkeit.
8. Sie fuͤhlte taͤglich die Kraͤfte mehr ſchwinden,
Hatte laͤngſt bereut ihre vorigen Suͤnden,
Und brachte nun in voͤlliger Gewiſſensruh
Ihre noch uͤbrigen Lebenstage zu.
9. Ei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0139" n="117"/>
          <lg n="3">
            <l>3. Zwar Herr Jobs hatte nichts verloren,</l><lb/>
            <l>War von guter Po&#x017F;itur wie zuvoren,</l><lb/>
            <l>Ja &#x017F;ein Korpus ware vielmehr</l><lb/>
            <l>Seit dem Pfarrer&#x017F;tande an&#x017F;ehnlicher.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>4. Aber Amaliens Reize waren verblichen,</l><lb/>
            <l>Seitdem ohngefa&#x0364;hr jene 15 Jahre ver&#x017F;trichen,</l><lb/>
            <l>Und es &#x017F;proßte &#x017F;chon hier und dar</l><lb/>
            <l>Auf ihrem Kopfe ein graues Haar.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>5. Auch an Ko&#x0364;rperkra&#x0364;ften und Taille</l><lb/>
            <l>War &#x017F;ie nicht die vor&#x2019;ge &#x017F;cho&#x0364;ne Amalie</l><lb/>
            <l>Vormals war &#x017F;ie rund, roth und dick</l><lb/>
            <l>Und nun ein leibhaftig Bild der Hektik.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>6. Ihre Augen vormals gla&#x0364;nzend von Liebe,</l><lb/>
            <l>Waren nun eingefallen, dunkel und tru&#x0364;be</l><lb/>
            <l>Und in ihrer ganzen Phy&#x017F;ionomie</l><lb/>
            <l>Herr&#x017F;chte eine &#x017F;tille Melancholie.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>7. Nicht allein gegen Herrn Jobs war &#x017F;ie &#x017F;ehr</l><lb/>
            <l>gu&#x0364;tig,</l><lb/>
            <l>Sondern auch im ganzen We&#x017F;en &#x017F;anftmu&#x0364;thig,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie ertrug ihr ko&#x0364;rperliches Leid</l><lb/>
            <l>Ohne Murren und Verdru&#x0364;slichkeit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>8. Sie fu&#x0364;hlte ta&#x0364;glich die Kra&#x0364;fte mehr &#x017F;chwinden,</l><lb/>
            <l>Hatte la&#x0364;ng&#x017F;t bereut ihre vorigen Su&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>Und brachte nun in vo&#x0364;lliger Gewi&#x017F;&#x017F;ensruh</l><lb/>
            <l>Ihre noch u&#x0364;brigen Lebenstage zu.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">9. Ei-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0139] 3. Zwar Herr Jobs hatte nichts verloren, War von guter Poſitur wie zuvoren, Ja ſein Korpus ware vielmehr Seit dem Pfarrerſtande anſehnlicher. 4. Aber Amaliens Reize waren verblichen, Seitdem ohngefaͤhr jene 15 Jahre verſtrichen, Und es ſproßte ſchon hier und dar Auf ihrem Kopfe ein graues Haar. 5. Auch an Koͤrperkraͤften und Taille War ſie nicht die vor’ge ſchoͤne Amalie Vormals war ſie rund, roth und dick Und nun ein leibhaftig Bild der Hektik. 6. Ihre Augen vormals glaͤnzend von Liebe, Waren nun eingefallen, dunkel und truͤbe Und in ihrer ganzen Phyſionomie Herrſchte eine ſtille Melancholie. 7. Nicht allein gegen Herrn Jobs war ſie ſehr guͤtig, Sondern auch im ganzen Weſen ſanftmuͤthig, Und ſie ertrug ihr koͤrperliches Leid Ohne Murren und Verdruͤslichkeit. 8. Sie fuͤhlte taͤglich die Kraͤfte mehr ſchwinden, Hatte laͤngſt bereut ihre vorigen Suͤnden, Und brachte nun in voͤlliger Gewiſſensruh Ihre noch uͤbrigen Lebenstage zu. 9. Ei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/139
Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/139>, abgerufen am 28.04.2024.