Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 2. Dortmund, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
28. Aber dagegen sind die Weinlesen
Desto kümmerlicher in diesem Herbst gewesen;
Denn die Stöcke standen meistens kahl
Und der Most ist theils sauer, theils schaal.
29. Dieses macht denn nun wohl, leider! heuer
Den guten Wein noch selt'ner und theuer,
Und die vielen lustigen Zecher allhier
Müssen sich dann helfen mit Wasser und
Bier.
30. Den hiesigen Kirchthurm will man aus-
bessern
Und die Kirche selbst etwas vergrössern;
Denn man sagt unsers Städtleins Christen-
heit
Habe sich vermehret seit kurzer Zeit.
31. Einige hartnäckichte Herren Konsistorialen
Wollen aber nicht einwilligen, vielweniger
was zahlen,
Man hofft aber die Kosten zu bringen herbei
Durch eine Kollektensammelei.
32. Freilich, der Kirchthurm ist sehr verfallen
und zerborsten,
So daß Eulen und Dohlen drin hausen und
horsten,
Aber für die wahre Christen, die hier seyn
Ist, wie mir deucht, die Kirche selbst, nicht
zu klein.
33. Seit-
Jobsiade 2ter Theil. H
28. Aber dagegen ſind die Weinleſen
Deſto kuͤmmerlicher in dieſem Herbſt geweſen;
Denn die Stoͤcke ſtanden meiſtens kahl
Und der Moſt iſt theils ſauer, theils ſchaal.
29. Dieſes macht denn nun wohl, leider! heuer
Den guten Wein noch ſelt’ner und theuer,
Und die vielen luſtigen Zecher allhier
Muͤſſen ſich dann helfen mit Waſſer und
Bier.
30. Den hieſigen Kirchthurm will man aus-
beſſern
Und die Kirche ſelbſt etwas vergroͤſſern;
Denn man ſagt unſers Staͤdtleins Chriſten-
heit
Habe ſich vermehret ſeit kurzer Zeit.
31. Einige hartnaͤckichte Herren Konſiſtorialen
Wollen aber nicht einwilligen, vielweniger
was zahlen,
Man hofft aber die Koſten zu bringen herbei
Durch eine Kollektenſammelei.
32. Freilich, der Kirchthurm iſt ſehr verfallen
und zerborſten,
So daß Eulen und Dohlen drin hauſen und
horſten,
Aber fuͤr die wahre Chriſten, die hier ſeyn
Iſt, wie mir deucht, die Kirche ſelbſt, nicht
zu klein.
33. Seit-
Jobſiade 2ter Theil. H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0135" n="113"/>
          <lg n="28">
            <l>28. Aber dagegen &#x017F;ind die Weinle&#x017F;en</l><lb/>
            <l>De&#x017F;to ku&#x0364;mmerlicher in die&#x017F;em Herb&#x017F;t gewe&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Denn die Sto&#x0364;cke &#x017F;tanden mei&#x017F;tens kahl</l><lb/>
            <l>Und der Mo&#x017F;t i&#x017F;t theils &#x017F;auer, theils &#x017F;chaal.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="29">
            <l>29. Die&#x017F;es macht denn nun wohl, leider! heuer</l><lb/>
            <l>Den guten Wein noch &#x017F;elt&#x2019;ner und theuer,</l><lb/>
            <l>Und die vielen lu&#x017F;tigen Zecher allhier</l><lb/>
            <l>Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich dann helfen mit Wa&#x017F;&#x017F;er und</l><lb/>
            <l>Bier.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="30">
            <l>30. Den hie&#x017F;igen Kirchthurm will man aus-</l><lb/>
            <l>be&#x017F;&#x017F;ern</l><lb/>
            <l>Und die Kirche &#x017F;elb&#x017F;t etwas vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern;</l><lb/>
            <l>Denn man &#x017F;agt un&#x017F;ers Sta&#x0364;dtleins Chri&#x017F;ten-</l><lb/>
            <l>heit</l><lb/>
            <l>Habe &#x017F;ich vermehret &#x017F;eit kurzer Zeit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="31">
            <l>31. Einige hartna&#x0364;ckichte Herren Kon&#x017F;i&#x017F;torialen</l><lb/>
            <l>Wollen aber nicht einwilligen, vielweniger</l><lb/>
            <l>was zahlen,</l><lb/>
            <l>Man hofft aber die Ko&#x017F;ten zu bringen herbei</l><lb/>
            <l>Durch eine Kollekten&#x017F;ammelei.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="32">
            <l>32. Freilich, der Kirchthurm i&#x017F;t &#x017F;ehr verfallen</l><lb/>
            <l>und zerbor&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>So daß Eulen und Dohlen drin hau&#x017F;en und</l><lb/>
            <l>hor&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>Aber fu&#x0364;r die wahre Chri&#x017F;ten, die hier &#x017F;eyn</l><lb/>
            <l>I&#x017F;t, wie mir deucht, die Kirche &#x017F;elb&#x017F;t, nicht</l><lb/>
            <l>zu klein.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Job&#x017F;iade 2ter Theil. H</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">33. Seit-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0135] 28. Aber dagegen ſind die Weinleſen Deſto kuͤmmerlicher in dieſem Herbſt geweſen; Denn die Stoͤcke ſtanden meiſtens kahl Und der Moſt iſt theils ſauer, theils ſchaal. 29. Dieſes macht denn nun wohl, leider! heuer Den guten Wein noch ſelt’ner und theuer, Und die vielen luſtigen Zecher allhier Muͤſſen ſich dann helfen mit Waſſer und Bier. 30. Den hieſigen Kirchthurm will man aus- beſſern Und die Kirche ſelbſt etwas vergroͤſſern; Denn man ſagt unſers Staͤdtleins Chriſten- heit Habe ſich vermehret ſeit kurzer Zeit. 31. Einige hartnaͤckichte Herren Konſiſtorialen Wollen aber nicht einwilligen, vielweniger was zahlen, Man hofft aber die Koſten zu bringen herbei Durch eine Kollektenſammelei. 32. Freilich, der Kirchthurm iſt ſehr verfallen und zerborſten, So daß Eulen und Dohlen drin hauſen und horſten, Aber fuͤr die wahre Chriſten, die hier ſeyn Iſt, wie mir deucht, die Kirche ſelbſt, nicht zu klein. 33. Seit- Jobſiade 2ter Theil. H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade02_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade02_1799/135
Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 2. Dortmund, 1799, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade02_1799/135>, abgerufen am 24.11.2024.