Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.des Pythagoras hob seinen Blumenstab und rief: Still, er spricht! Da ward es still, das Feuerrad platzte, die Menge lachte von Neuem. Pythagoras aber sprach: Männer des Lichts, Inhaber weniger Locken und vieler Weisheit, die Stellung der Gestirne, die neue Harmonie von neun Welten begehrt -- warum, ist den Göttern bekannt und mir -- auch unter den Weisen anstatt der alten Zahl Sieben die Zahl Neun als neue Zahl! Noch aber ward sie nicht erfüllt, denn ich Pythagoras trat zu euch als Achte. Darum würdiget eure Blicke diesem Throne zuzuwenden, der zu meiner Rechten prangt. Saget selbst, verlangt er nicht seinen Weisen so gut wie die andern? Antwortet, jedoch nicht mit menschlicher Rede, sondern mit stummer Verbeugung! denn Pythagoras will Niemanden reden hören als sich selbst. -- Da verneigten sich Alle, nur zwei der sieben Weisen bohrten ihm Esel in aller Stille, welches Pythagoras eben so still erwiderte, sodann aber feierlich weiter sprach: Die Neune zu der Achte steht dahier! Es ist der allbeliebte Kahlkopf Don Antonio, welcher das Eiland Ischia durch sein Dasein verherrlichet. Betrachtet diesen glänzenden Scheitel, welcher gleich dem Helme der Minerva blitzt und die Bewohner der Erde mit seinem Leuchten in Erstaunen setzt, während das Herz, welches in der Brust dieses Philosophen pocht, ein reiner Karfunkel von gütigem Wohlwollen ist. Sei es euch genehm, glückselige Fässer der himmlischen Weisheit, daß ich ihn auf den ihm allein gebührenden Thron geleite! -- Da des Pythagoras hob seinen Blumenstab und rief: Still, er spricht! Da ward es still, das Feuerrad platzte, die Menge lachte von Neuem. Pythagoras aber sprach: Männer des Lichts, Inhaber weniger Locken und vieler Weisheit, die Stellung der Gestirne, die neue Harmonie von neun Welten begehrt — warum, ist den Göttern bekannt und mir — auch unter den Weisen anstatt der alten Zahl Sieben die Zahl Neun als neue Zahl! Noch aber ward sie nicht erfüllt, denn ich Pythagoras trat zu euch als Achte. Darum würdiget eure Blicke diesem Throne zuzuwenden, der zu meiner Rechten prangt. Saget selbst, verlangt er nicht seinen Weisen so gut wie die andern? Antwortet, jedoch nicht mit menschlicher Rede, sondern mit stummer Verbeugung! denn Pythagoras will Niemanden reden hören als sich selbst. — Da verneigten sich Alle, nur zwei der sieben Weisen bohrten ihm Esel in aller Stille, welches Pythagoras eben so still erwiderte, sodann aber feierlich weiter sprach: Die Neune zu der Achte steht dahier! Es ist der allbeliebte Kahlkopf Don Antonio, welcher das Eiland Ischia durch sein Dasein verherrlichet. Betrachtet diesen glänzenden Scheitel, welcher gleich dem Helme der Minerva blitzt und die Bewohner der Erde mit seinem Leuchten in Erstaunen setzt, während das Herz, welches in der Brust dieses Philosophen pocht, ein reiner Karfunkel von gütigem Wohlwollen ist. Sei es euch genehm, glückselige Fässer der himmlischen Weisheit, daß ich ihn auf den ihm allein gebührenden Thron geleite! — Da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0039"/> des Pythagoras hob seinen Blumenstab und rief: Still, er spricht! Da ward es still, das Feuerrad platzte, die Menge lachte von Neuem. Pythagoras aber sprach: Männer des Lichts, Inhaber weniger Locken und vieler Weisheit, die Stellung der Gestirne, die neue Harmonie von neun Welten begehrt — warum, ist den Göttern bekannt und mir — auch unter den Weisen anstatt der alten Zahl Sieben die Zahl Neun als neue Zahl! Noch aber ward sie nicht erfüllt, denn ich Pythagoras trat zu euch als Achte. Darum würdiget eure Blicke diesem Throne zuzuwenden, der zu meiner Rechten prangt. Saget selbst, verlangt er nicht seinen Weisen so gut wie die andern? Antwortet, jedoch nicht mit menschlicher Rede, sondern mit stummer Verbeugung! denn Pythagoras will Niemanden reden hören als sich selbst. — Da verneigten sich Alle, nur zwei der sieben Weisen bohrten ihm Esel in aller Stille, welches Pythagoras eben so still erwiderte, sodann aber feierlich weiter sprach: Die Neune zu der Achte steht dahier! Es ist der allbeliebte Kahlkopf Don Antonio, welcher das Eiland Ischia durch sein Dasein verherrlichet. Betrachtet diesen glänzenden Scheitel, welcher gleich dem Helme der Minerva blitzt und die Bewohner der Erde mit seinem Leuchten in Erstaunen setzt, während das Herz, welches in der Brust dieses Philosophen pocht, ein reiner Karfunkel von gütigem Wohlwollen ist. Sei es euch genehm, glückselige Fässer der himmlischen Weisheit, daß ich ihn auf den ihm allein gebührenden Thron geleite! — Da<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
des Pythagoras hob seinen Blumenstab und rief: Still, er spricht! Da ward es still, das Feuerrad platzte, die Menge lachte von Neuem. Pythagoras aber sprach: Männer des Lichts, Inhaber weniger Locken und vieler Weisheit, die Stellung der Gestirne, die neue Harmonie von neun Welten begehrt — warum, ist den Göttern bekannt und mir — auch unter den Weisen anstatt der alten Zahl Sieben die Zahl Neun als neue Zahl! Noch aber ward sie nicht erfüllt, denn ich Pythagoras trat zu euch als Achte. Darum würdiget eure Blicke diesem Throne zuzuwenden, der zu meiner Rechten prangt. Saget selbst, verlangt er nicht seinen Weisen so gut wie die andern? Antwortet, jedoch nicht mit menschlicher Rede, sondern mit stummer Verbeugung! denn Pythagoras will Niemanden reden hören als sich selbst. — Da verneigten sich Alle, nur zwei der sieben Weisen bohrten ihm Esel in aller Stille, welches Pythagoras eben so still erwiderte, sodann aber feierlich weiter sprach: Die Neune zu der Achte steht dahier! Es ist der allbeliebte Kahlkopf Don Antonio, welcher das Eiland Ischia durch sein Dasein verherrlichet. Betrachtet diesen glänzenden Scheitel, welcher gleich dem Helme der Minerva blitzt und die Bewohner der Erde mit seinem Leuchten in Erstaunen setzt, während das Herz, welches in der Brust dieses Philosophen pocht, ein reiner Karfunkel von gütigem Wohlwollen ist. Sei es euch genehm, glückselige Fässer der himmlischen Weisheit, daß ich ihn auf den ihm allein gebührenden Thron geleite! — Da
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Zitationshilfe: | Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/39>, abgerufen am 16.07.2024. |