Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.schläger und schnitten ihnen gar schnöde Gesichter; die Kesselschläger aber meinten: bei solchen Einladungen zum Essen seien Kessel schicklicher wie Trommeln, und schrien beständig während des Schlagens: heute sind sie toll, übermorgen voll! und: singt mit, wenn ihr könnt, ihr Lederpauker! Da konnten die Trommler freilich nicht mitsingen; trommelten aber aus Zorn desto stärker. Zwei zerschlugen sogar die Trommeln und mußten sie umwenden. Diese wurden von den Kesselschlägern so verhöhnt und verlacht, daß sie froh waren, als sie durch ein Nebengäßchen ins Freie kamen. Nun lassen wir die Lärmer ziehen; denn es wäre selbst dem großen Poeten Homerus unmöglich zu erzählen, was die sechs Trommler und sieben Kesselschläger auf ihrer Wanderung durch die anmuthigen Gefilde und die zierlichen Ortschaften der Insel für Aussehen erregten mit der wunderlichen Einladung, und was sie an jedem Orte für tolles Zeug anzugeben wußten. Man fing überall damit an, daß man die lustigen Vögel mit ihren Reimen für betrunken hielt. Sie setzten ihre Köpfe wohl tausendmal zu Pfande, bevor ihnen irgend Jemand nur ein Wort von Allem glaubte. Dann zogen ihnen auch überall einzeln besonders pfiffige Leute nach, superkluge Spione, welche durchaus das Geständniß von ihnen heraushaben wollten, der ganze Spaß sei nur auf eine Fopperei abgesehn. Auch kamen von überall her Boten an Don Carlo zurück, welche sich im Namen ganzer Ortschaften feierlich nach dem wahren Verlauf schläger und schnitten ihnen gar schnöde Gesichter; die Kesselschläger aber meinten: bei solchen Einladungen zum Essen seien Kessel schicklicher wie Trommeln, und schrien beständig während des Schlagens: heute sind sie toll, übermorgen voll! und: singt mit, wenn ihr könnt, ihr Lederpauker! Da konnten die Trommler freilich nicht mitsingen; trommelten aber aus Zorn desto stärker. Zwei zerschlugen sogar die Trommeln und mußten sie umwenden. Diese wurden von den Kesselschlägern so verhöhnt und verlacht, daß sie froh waren, als sie durch ein Nebengäßchen ins Freie kamen. Nun lassen wir die Lärmer ziehen; denn es wäre selbst dem großen Poeten Homerus unmöglich zu erzählen, was die sechs Trommler und sieben Kesselschläger auf ihrer Wanderung durch die anmuthigen Gefilde und die zierlichen Ortschaften der Insel für Aussehen erregten mit der wunderlichen Einladung, und was sie an jedem Orte für tolles Zeug anzugeben wußten. Man fing überall damit an, daß man die lustigen Vögel mit ihren Reimen für betrunken hielt. Sie setzten ihre Köpfe wohl tausendmal zu Pfande, bevor ihnen irgend Jemand nur ein Wort von Allem glaubte. Dann zogen ihnen auch überall einzeln besonders pfiffige Leute nach, superkluge Spione, welche durchaus das Geständniß von ihnen heraushaben wollten, der ganze Spaß sei nur auf eine Fopperei abgesehn. Auch kamen von überall her Boten an Don Carlo zurück, welche sich im Namen ganzer Ortschaften feierlich nach dem wahren Verlauf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024"/> schläger und schnitten ihnen gar schnöde Gesichter; die Kesselschläger aber meinten: bei solchen Einladungen zum Essen seien Kessel schicklicher wie Trommeln, und schrien beständig während des Schlagens: heute sind sie toll, übermorgen voll! und: singt mit, wenn ihr könnt, ihr Lederpauker! Da konnten die Trommler freilich nicht mitsingen; trommelten aber aus Zorn desto stärker. Zwei zerschlugen sogar die Trommeln und mußten sie umwenden. Diese wurden von den Kesselschlägern so verhöhnt und verlacht, daß sie froh waren, als sie durch ein Nebengäßchen ins Freie kamen.</p><lb/> <p>Nun lassen wir die Lärmer ziehen; denn es wäre selbst dem großen Poeten Homerus unmöglich zu erzählen, was die sechs Trommler und sieben Kesselschläger auf ihrer Wanderung durch die anmuthigen Gefilde und die zierlichen Ortschaften der Insel für Aussehen erregten mit der wunderlichen Einladung, und was sie an jedem Orte für tolles Zeug anzugeben wußten. Man fing überall damit an, daß man die lustigen Vögel mit ihren Reimen für betrunken hielt. Sie setzten ihre Köpfe wohl tausendmal zu Pfande, bevor ihnen irgend Jemand nur ein Wort von Allem glaubte. Dann zogen ihnen auch überall einzeln besonders pfiffige Leute nach, superkluge Spione, welche durchaus das Geständniß von ihnen heraushaben wollten, der ganze Spaß sei nur auf eine Fopperei abgesehn. Auch kamen von überall her Boten an Don Carlo zurück, welche sich im Namen ganzer Ortschaften feierlich nach dem wahren Verlauf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
schläger und schnitten ihnen gar schnöde Gesichter; die Kesselschläger aber meinten: bei solchen Einladungen zum Essen seien Kessel schicklicher wie Trommeln, und schrien beständig während des Schlagens: heute sind sie toll, übermorgen voll! und: singt mit, wenn ihr könnt, ihr Lederpauker! Da konnten die Trommler freilich nicht mitsingen; trommelten aber aus Zorn desto stärker. Zwei zerschlugen sogar die Trommeln und mußten sie umwenden. Diese wurden von den Kesselschlägern so verhöhnt und verlacht, daß sie froh waren, als sie durch ein Nebengäßchen ins Freie kamen.
Nun lassen wir die Lärmer ziehen; denn es wäre selbst dem großen Poeten Homerus unmöglich zu erzählen, was die sechs Trommler und sieben Kesselschläger auf ihrer Wanderung durch die anmuthigen Gefilde und die zierlichen Ortschaften der Insel für Aussehen erregten mit der wunderlichen Einladung, und was sie an jedem Orte für tolles Zeug anzugeben wußten. Man fing überall damit an, daß man die lustigen Vögel mit ihren Reimen für betrunken hielt. Sie setzten ihre Köpfe wohl tausendmal zu Pfande, bevor ihnen irgend Jemand nur ein Wort von Allem glaubte. Dann zogen ihnen auch überall einzeln besonders pfiffige Leute nach, superkluge Spione, welche durchaus das Geständniß von ihnen heraushaben wollten, der ganze Spaß sei nur auf eine Fopperei abgesehn. Auch kamen von überall her Boten an Don Carlo zurück, welche sich im Namen ganzer Ortschaften feierlich nach dem wahren Verlauf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/24 |
Zitationshilfe: | Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/24>, abgerufen am 16.07.2024. |