Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Fangst du schon wieder an? sagte sie, ihn ernst ansehend.

Ganz glücklich bist du also? wiederholte er noch einmal.

Wie's nur Eine sein kann, entgegnete sie ruhig. Mein Mann und meine Kinder sind mein Alles auf der Welt.

Josseph fuhr seufzend mit der Hand über die Stirne.

Das hab' ich nicht gewußt, sagte er stockend.

Ganz am Anfang, erzählte Madlena, wie ich zu meinem Manne gekommen bin, da ist das freilich ganz anders gewesen. Es hat mir das Herz geblutet und geweint, daß ich euch habe so viel Leid anthun müssen; ich habe nicht glücklich sein können. Aber auf das kannst du dich verlassen, Josseph: wie du hast kommen müssen zu mir und dich aussöhnen mit mir und kannst nicht weiter böse sein auf mich, so habe ich zu meinem Manne gehen müssen; es war das meine Bestimmung, und ich hab's nicht anders machen können.

Josseph blickte nach diesen Worten verwundert die Schwester an. Sie fuhr fort:

Das sag' ich dir nur, weil du nicht meinen sollst, ich wäre aus Leichtsinn oder weil ich euch habe kränken wollen, aus dem Hause gegangen. Tausendmal hab' ich mich gefragt: mußt du Pawel's Weib werden? und tausendmal hab' ich zu mir selbst gesagt: du stirbst ja, Dinah, wenn du sein Weib nicht wirst. Alles Andere

Fangst du schon wieder an? sagte sie, ihn ernst ansehend.

Ganz glücklich bist du also? wiederholte er noch einmal.

Wie's nur Eine sein kann, entgegnete sie ruhig. Mein Mann und meine Kinder sind mein Alles auf der Welt.

Josseph fuhr seufzend mit der Hand über die Stirne.

Das hab' ich nicht gewußt, sagte er stockend.

Ganz am Anfang, erzählte Madlena, wie ich zu meinem Manne gekommen bin, da ist das freilich ganz anders gewesen. Es hat mir das Herz geblutet und geweint, daß ich euch habe so viel Leid anthun müssen; ich habe nicht glücklich sein können. Aber auf das kannst du dich verlassen, Josseph: wie du hast kommen müssen zu mir und dich aussöhnen mit mir und kannst nicht weiter böse sein auf mich, so habe ich zu meinem Manne gehen müssen; es war das meine Bestimmung, und ich hab's nicht anders machen können.

Josseph blickte nach diesen Worten verwundert die Schwester an. Sie fuhr fort:

Das sag' ich dir nur, weil du nicht meinen sollst, ich wäre aus Leichtsinn oder weil ich euch habe kränken wollen, aus dem Hause gegangen. Tausendmal hab' ich mich gefragt: mußt du Pawel's Weib werden? und tausendmal hab' ich zu mir selbst gesagt: du stirbst ja, Dinah, wenn du sein Weib nicht wirst. Alles Andere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="14">
        <pb facs="#f0202"/>
        <p>Fangst du schon wieder an? sagte sie, ihn ernst ansehend.</p><lb/>
        <p>Ganz glücklich bist du also? wiederholte er noch einmal.</p><lb/>
        <p>Wie's nur Eine sein kann, entgegnete sie ruhig. Mein Mann und meine Kinder sind mein                Alles auf der Welt.</p><lb/>
        <p>Josseph fuhr seufzend mit der Hand über die Stirne.</p><lb/>
        <p>Das hab' ich nicht gewußt, sagte er stockend.</p><lb/>
        <p>Ganz am Anfang, erzählte Madlena, wie ich zu meinem Manne gekommen bin, da ist das                freilich ganz anders gewesen. Es hat mir das Herz geblutet und geweint, daß ich euch                habe so viel Leid anthun müssen; ich habe nicht glücklich sein können. Aber auf das                kannst du dich verlassen, Josseph: wie du hast kommen müssen zu mir und dich                aussöhnen mit mir und kannst nicht weiter böse sein auf mich, so habe ich zu meinem                Manne gehen müssen; es war das meine Bestimmung, und ich hab's nicht anders machen                können.</p><lb/>
        <p>Josseph blickte nach diesen Worten verwundert die Schwester an. Sie fuhr fort:</p><lb/>
        <p>Das sag' ich dir nur, weil du nicht meinen sollst, ich wäre aus Leichtsinn oder weil                ich euch habe kränken wollen, aus dem Hause gegangen. Tausendmal hab' ich mich                gefragt: mußt du Pawel's Weib werden? und tausendmal hab' ich zu mir selbst gesagt:                du stirbst ja, Dinah, wenn du sein Weib nicht wirst. Alles Andere<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0202] Fangst du schon wieder an? sagte sie, ihn ernst ansehend. Ganz glücklich bist du also? wiederholte er noch einmal. Wie's nur Eine sein kann, entgegnete sie ruhig. Mein Mann und meine Kinder sind mein Alles auf der Welt. Josseph fuhr seufzend mit der Hand über die Stirne. Das hab' ich nicht gewußt, sagte er stockend. Ganz am Anfang, erzählte Madlena, wie ich zu meinem Manne gekommen bin, da ist das freilich ganz anders gewesen. Es hat mir das Herz geblutet und geweint, daß ich euch habe so viel Leid anthun müssen; ich habe nicht glücklich sein können. Aber auf das kannst du dich verlassen, Josseph: wie du hast kommen müssen zu mir und dich aussöhnen mit mir und kannst nicht weiter böse sein auf mich, so habe ich zu meinem Manne gehen müssen; es war das meine Bestimmung, und ich hab's nicht anders machen können. Josseph blickte nach diesen Worten verwundert die Schwester an. Sie fuhr fort: Das sag' ich dir nur, weil du nicht meinen sollst, ich wäre aus Leichtsinn oder weil ich euch habe kränken wollen, aus dem Hause gegangen. Tausendmal hab' ich mich gefragt: mußt du Pawel's Weib werden? und tausendmal hab' ich zu mir selbst gesagt: du stirbst ja, Dinah, wenn du sein Weib nicht wirst. Alles Andere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/202
Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/202>, abgerufen am 17.05.2024.