Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Die Stimme des Bauers klang fast wie unterdrücktes Schluchzen, sie berührte Josseph's Seele gewaltig; er konnte sich einen Stepan Parzik nicht weinend vorstellen. Und wenn's nicht wahr wäre? meinte er mit tröstend weichem Laute, wenn Anezka doch wieder käme? Der da steigt eher aus der Kapelle heraus, meinte der Bauer mit seinem früheren rauhen Lachen, als daß die zurückkommt. Die ist in Grund und Boden hinein verdorben: es scheert sich keine Katz' mehr um sie. Josseph entgegnete nichts. Aber der im Dorfe, fuhr Parzik zähneknirschend fort, soll ja nicht meinen, ich kann ihm nicht seinen Wolfszahn herausreißen. Ich hab' einen Hund, den hetz' ich auf ihn, und der muß ihm ins Bein beißen, daß er für immer krumm und lahm geht. Trotz des Dunkels der Nacht konnte Josseph den leuchtenden Blitz sehen, der aus des Bauers Augen herausbrach. Kommt, Parzik, sagte er mitleidig, Ihr seid heute zu wild, ich selbst will mir Mühe geben, daß Euch Eure Tochter wieder zurückkommt. Was wißt Ihr davon, schrie der Bauer wüthend, wenn's Zeit ist oder nicht? Heute ist's Zeit, gerade heute, ich bin dazu aufgelegt, nicht zehntausend Pferde könnten mich mehr von diesem Flecke da wegbringen. Was willst du denn eigentlich anfangen? fragte Josseph mehr erstaunt als neugierig. Die Stimme des Bauers klang fast wie unterdrücktes Schluchzen, sie berührte Josseph's Seele gewaltig; er konnte sich einen Stepan Parzik nicht weinend vorstellen. Und wenn's nicht wahr wäre? meinte er mit tröstend weichem Laute, wenn Anezka doch wieder käme? Der da steigt eher aus der Kapelle heraus, meinte der Bauer mit seinem früheren rauhen Lachen, als daß die zurückkommt. Die ist in Grund und Boden hinein verdorben: es scheert sich keine Katz' mehr um sie. Josseph entgegnete nichts. Aber der im Dorfe, fuhr Parzik zähneknirschend fort, soll ja nicht meinen, ich kann ihm nicht seinen Wolfszahn herausreißen. Ich hab' einen Hund, den hetz' ich auf ihn, und der muß ihm ins Bein beißen, daß er für immer krumm und lahm geht. Trotz des Dunkels der Nacht konnte Josseph den leuchtenden Blitz sehen, der aus des Bauers Augen herausbrach. Kommt, Parzik, sagte er mitleidig, Ihr seid heute zu wild, ich selbst will mir Mühe geben, daß Euch Eure Tochter wieder zurückkommt. Was wißt Ihr davon, schrie der Bauer wüthend, wenn's Zeit ist oder nicht? Heute ist's Zeit, gerade heute, ich bin dazu aufgelegt, nicht zehntausend Pferde könnten mich mehr von diesem Flecke da wegbringen. Was willst du denn eigentlich anfangen? fragte Josseph mehr erstaunt als neugierig. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="10"> <pb facs="#f0147"/> <p>Die Stimme des Bauers klang fast wie unterdrücktes Schluchzen, sie berührte Josseph's Seele gewaltig; er konnte sich einen Stepan Parzik nicht weinend vorstellen.</p><lb/> <p>Und wenn's nicht wahr wäre? meinte er mit tröstend weichem Laute, wenn Anezka doch wieder käme?</p><lb/> <p>Der da steigt eher aus der Kapelle heraus, meinte der Bauer mit seinem früheren rauhen Lachen, als daß die zurückkommt. Die ist in Grund und Boden hinein verdorben: es scheert sich keine Katz' mehr um sie.</p><lb/> <p>Josseph entgegnete nichts.</p><lb/> <p>Aber der im Dorfe, fuhr Parzik zähneknirschend fort, soll ja nicht meinen, ich kann ihm nicht seinen Wolfszahn herausreißen. Ich hab' einen Hund, den hetz' ich auf ihn, und der muß ihm ins Bein beißen, daß er für immer krumm und lahm geht.</p><lb/> <p>Trotz des Dunkels der Nacht konnte Josseph den leuchtenden Blitz sehen, der aus des Bauers Augen herausbrach.</p><lb/> <p>Kommt, Parzik, sagte er mitleidig, Ihr seid heute zu wild, ich selbst will mir Mühe geben, daß Euch Eure Tochter wieder zurückkommt.</p><lb/> <p>Was wißt Ihr davon, schrie der Bauer wüthend, wenn's Zeit ist oder nicht? Heute ist's Zeit, gerade heute, ich bin dazu aufgelegt, nicht zehntausend Pferde könnten mich mehr von diesem Flecke da wegbringen.</p><lb/> <p>Was willst du denn eigentlich anfangen? fragte Josseph mehr erstaunt als neugierig.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0147]
Die Stimme des Bauers klang fast wie unterdrücktes Schluchzen, sie berührte Josseph's Seele gewaltig; er konnte sich einen Stepan Parzik nicht weinend vorstellen.
Und wenn's nicht wahr wäre? meinte er mit tröstend weichem Laute, wenn Anezka doch wieder käme?
Der da steigt eher aus der Kapelle heraus, meinte der Bauer mit seinem früheren rauhen Lachen, als daß die zurückkommt. Die ist in Grund und Boden hinein verdorben: es scheert sich keine Katz' mehr um sie.
Josseph entgegnete nichts.
Aber der im Dorfe, fuhr Parzik zähneknirschend fort, soll ja nicht meinen, ich kann ihm nicht seinen Wolfszahn herausreißen. Ich hab' einen Hund, den hetz' ich auf ihn, und der muß ihm ins Bein beißen, daß er für immer krumm und lahm geht.
Trotz des Dunkels der Nacht konnte Josseph den leuchtenden Blitz sehen, der aus des Bauers Augen herausbrach.
Kommt, Parzik, sagte er mitleidig, Ihr seid heute zu wild, ich selbst will mir Mühe geben, daß Euch Eure Tochter wieder zurückkommt.
Was wißt Ihr davon, schrie der Bauer wüthend, wenn's Zeit ist oder nicht? Heute ist's Zeit, gerade heute, ich bin dazu aufgelegt, nicht zehntausend Pferde könnten mich mehr von diesem Flecke da wegbringen.
Was willst du denn eigentlich anfangen? fragte Josseph mehr erstaunt als neugierig.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T13:25:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T13:25:39Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |