Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Entwicklung der Bauchwand.
Muskelplatte einem Urwirbel entspricht, jede Gruppe von Intercos-
talmuskeln zu der hinter ihr gelegenen Rippe. Wo keine Rippen
[Abbildung] Fig. 31.
sich finden, fehlt das Her-
einwachsen der Urwir-
belproducte in die Bauch-
wand doch nicht, be-
schränkt sich aber auf
Muskeln und Nerven und
gehören daher die Bauch-
muskeln in dieselbe Mus-
kelgruppe wie die Zwi-
schenrippenmuskeln.

Der Erste, der die
ebengeschilderten Vor-
gänge beobachtet hat,
Rathke, nennt die ur-
sprüngliche Bauchwand
die untere Vereinigungs-
haut (Membrana reuniens
inferior
) und die Producte
der Urwirbel die Bauchplatten, doch hat Rathke darin geirrt,
dass er die Vereinigungshaut durch die Bauchplatten verdrängt wer-
den lässt. Hierauf hat Reichert gesehen, dass die Bauchplatten, die
er "Visceralplatten" nennt, nur in die Bauchwand hineinwachsen,
und endlich Remak eine sehr gelungene Darstellung des ganzen Vor-
ganges gegeben, die ich vollkommen bestätigen kann.

Ihre letzte Ausbildung erreicht die Bauchwand dadurch, dass,Letzte Ausbil-
dung der Bauch-
wand.

nachdem die Rippenanlagen verknorpelt und die einzelnen Muskeln
ausgebildet sind, was lange vor der Zeit geschieht, wo die Bauch-
platten die vordere Mittellinie erreicht haben, nun diese Theile selbst

[Abbildung]

Fig. 31. Querschnitt durch den Rumpf eines 5 tägigen Embryo in der Na-
belgegend. Nach Remak. sh Scheide der Chorda, h Hornblatt, am Amnios, fast
geschlossen, sa secundäre Aorta, vc Venae cardinales, mu Muskelplatte, g Spi-
nalganglion, v vordere Nervenwurzel, hp Hauptplatte, up Fortsetzung der Ur-
wirbel in die Bauchwand (Urwirbelplatte Remak, Visceralplatte Reichert).
bh Primitive Bauchwand aus der Hauptplatte und dem Hornblatt bestehend,
df Darmfaserplatte, d Darmdrüsenblatt, beide hier, wo der Darm im Verschlusse
begriffen ist, verdickt. Die Masse um die Chorda ist der in Bildung begriffene
Wirbelkörper, die vor den Gefässen enthält in den seitlichen Wülsten die Ur-
nieren und setzt sich in der Mitte ins Gekröse fort.

Kölliker, Entwicklungsgeschichte. 5

Entwicklung der Bauchwand.
Muskelplatte einem Urwirbel entspricht, jede Gruppe von Intercos-
talmuskeln zu der hinter ihr gelegenen Rippe. Wo keine Rippen
[Abbildung] Fig. 31.
sich finden, fehlt das Her-
einwachsen der Urwir-
belproducte in die Bauch-
wand doch nicht, be-
schränkt sich aber auf
Muskeln und Nerven und
gehören daher die Bauch-
muskeln in dieselbe Mus-
kelgruppe wie die Zwi-
schenrippenmuskeln.

Der Erste, der die
ebengeschilderten Vor-
gänge beobachtet hat,
Rathke, nennt die ur-
sprüngliche Bauchwand
die untere Vereinigungs-
haut (Membrana reuniens
inferior
) und die Producte
der Urwirbel die Bauchplatten, doch hat Rathke darin geirrt,
dass er die Vereinigungshaut durch die Bauchplatten verdrängt wer-
den lässt. Hierauf hat Reichert gesehen, dass die Bauchplatten, die
er »Visceralplatten« nennt, nur in die Bauchwand hineinwachsen,
und endlich Remak eine sehr gelungene Darstellung des ganzen Vor-
ganges gegeben, die ich vollkommen bestätigen kann.

Ihre letzte Ausbildung erreicht die Bauchwand dadurch, dass,Letzte Ausbil-
dung der Bauch-
wand.

nachdem die Rippenanlagen verknorpelt und die einzelnen Muskeln
ausgebildet sind, was lange vor der Zeit geschieht, wo die Bauch-
platten die vordere Mittellinie erreicht haben, nun diese Theile selbst

[Abbildung]

Fig. 31. Querschnitt durch den Rumpf eines 5 tägigen Embryo in der Na-
belgegend. Nach Remak. sh Scheide der Chorda, h Hornblatt, am Amnios, fast
geschlossen, sa secundäre Aorta, vc Venae cardinales, mu Muskelplatte, g Spi-
nalganglion, v vordere Nervenwurzel, hp Hauptplatte, up Fortsetzung der Ur-
wirbel in die Bauchwand (Urwirbelplatte Remak, Visceralplatte Reichert).
bh Primitive Bauchwand aus der Hauptplatte und dem Hornblatt bestehend,
df Darmfaserplatte, d Darmdrüsenblatt, beide hier, wo der Darm im Verschlusse
begriffen ist, verdickt. Die Masse um die Chorda ist der in Bildung begriffene
Wirbelkörper, die vor den Gefässen enthält in den seitlichen Wülsten die Ur-
nieren und setzt sich in der Mitte ins Gekröse fort.

Kölliker, Entwicklungsgeschichte. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0081" n="65"/><fw place="top" type="header">Entwicklung der Bauchwand.</fw><lb/>
Muskelplatte einem Urwirbel entspricht, jede Gruppe von Intercos-<lb/>
talmuskeln zu der hinter ihr gelegenen Rippe. Wo keine Rippen<lb/><figure><head>Fig. 31.</head></figure><lb/>
sich finden, fehlt das Her-<lb/>
einwachsen der Urwir-<lb/>
belproducte in die Bauch-<lb/>
wand doch nicht, be-<lb/>
schränkt sich aber auf<lb/>
Muskeln und Nerven und<lb/>
gehören daher die Bauch-<lb/>
muskeln in dieselbe Mus-<lb/>
kelgruppe wie die Zwi-<lb/>
schenrippenmuskeln.</p><lb/>
        <p>Der Erste, der die<lb/>
ebengeschilderten Vor-<lb/>
gänge beobachtet hat,<lb/><hi rendition="#k">Rathke</hi>, nennt die ur-<lb/>
sprüngliche Bauchwand<lb/>
die untere Vereinigungs-<lb/>
haut (<hi rendition="#i">Membrana reuniens<lb/>
inferior</hi>) und die Producte<lb/>
der Urwirbel <hi rendition="#g">die Bauchplatten</hi>, doch hat <hi rendition="#k">Rathke</hi> darin geirrt,<lb/>
dass er die Vereinigungshaut durch die Bauchplatten verdrängt wer-<lb/>
den lässt. Hierauf hat <hi rendition="#k">Reichert</hi> gesehen, dass die Bauchplatten, die<lb/>
er »Visceralplatten« nennt, nur in die Bauchwand hineinwachsen,<lb/>
und endlich <hi rendition="#k">Remak</hi> eine sehr gelungene Darstellung des ganzen Vor-<lb/>
ganges gegeben, die ich vollkommen bestätigen kann.</p><lb/>
        <p>Ihre letzte Ausbildung erreicht die Bauchwand dadurch, dass,<note place="right">Letzte Ausbil-<lb/>
dung der Bauch-<lb/>
wand.</note><lb/>
nachdem die Rippenanlagen verknorpelt und die einzelnen Muskeln<lb/>
ausgebildet sind, was lange vor der Zeit geschieht, wo die Bauch-<lb/>
platten die vordere Mittellinie erreicht haben, nun diese Theile selbst<lb/><figure><p>Fig. 31. Querschnitt durch den Rumpf eines 5 tägigen Embryo in der Na-<lb/>
belgegend. Nach <hi rendition="#k">Remak</hi>. <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">sh</hi></hi> Scheide der Chorda, <hi rendition="#i">h</hi> Hornblatt, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">am</hi></hi> Amnios, fast<lb/>
geschlossen, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">sa</hi></hi> secundäre Aorta, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">vc</hi> Venae cardinales, <hi rendition="#g">mu</hi></hi> Muskelplatte, <hi rendition="#i">g</hi> Spi-<lb/>
nalganglion, <hi rendition="#i">v</hi> vordere Nervenwurzel, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">hp</hi></hi> Hauptplatte, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">up</hi></hi> Fortsetzung der Ur-<lb/>
wirbel in die Bauchwand (Urwirbelplatte <hi rendition="#k">Remak</hi>, Visceralplatte <hi rendition="#k">Reichert</hi>).<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">bh</hi></hi> Primitive Bauchwand aus der Hauptplatte und dem Hornblatt bestehend,<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">df</hi></hi> Darmfaserplatte, <hi rendition="#i">d</hi> Darmdrüsenblatt, beide hier, wo der Darm im Verschlusse<lb/>
begriffen ist, verdickt. Die Masse um die Chorda ist der in Bildung begriffene<lb/>
Wirbelkörper, die vor den Gefässen enthält in den seitlichen Wülsten die Ur-<lb/>
nieren und setzt sich in der Mitte ins Gekröse fort.</p></figure><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Kölliker</hi>, Entwicklungsgeschichte. 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0081] Entwicklung der Bauchwand. Muskelplatte einem Urwirbel entspricht, jede Gruppe von Intercos- talmuskeln zu der hinter ihr gelegenen Rippe. Wo keine Rippen [Abbildung Fig. 31.] sich finden, fehlt das Her- einwachsen der Urwir- belproducte in die Bauch- wand doch nicht, be- schränkt sich aber auf Muskeln und Nerven und gehören daher die Bauch- muskeln in dieselbe Mus- kelgruppe wie die Zwi- schenrippenmuskeln. Der Erste, der die ebengeschilderten Vor- gänge beobachtet hat, Rathke, nennt die ur- sprüngliche Bauchwand die untere Vereinigungs- haut (Membrana reuniens inferior) und die Producte der Urwirbel die Bauchplatten, doch hat Rathke darin geirrt, dass er die Vereinigungshaut durch die Bauchplatten verdrängt wer- den lässt. Hierauf hat Reichert gesehen, dass die Bauchplatten, die er »Visceralplatten« nennt, nur in die Bauchwand hineinwachsen, und endlich Remak eine sehr gelungene Darstellung des ganzen Vor- ganges gegeben, die ich vollkommen bestätigen kann. Ihre letzte Ausbildung erreicht die Bauchwand dadurch, dass, nachdem die Rippenanlagen verknorpelt und die einzelnen Muskeln ausgebildet sind, was lange vor der Zeit geschieht, wo die Bauch- platten die vordere Mittellinie erreicht haben, nun diese Theile selbst [Abbildung Fig. 31. Querschnitt durch den Rumpf eines 5 tägigen Embryo in der Na- belgegend. Nach Remak. sh Scheide der Chorda, h Hornblatt, am Amnios, fast geschlossen, sa secundäre Aorta, vc Venae cardinales, mu Muskelplatte, g Spi- nalganglion, v vordere Nervenwurzel, hp Hauptplatte, up Fortsetzung der Ur- wirbel in die Bauchwand (Urwirbelplatte Remak, Visceralplatte Reichert). bh Primitive Bauchwand aus der Hauptplatte und dem Hornblatt bestehend, df Darmfaserplatte, d Darmdrüsenblatt, beide hier, wo der Darm im Verschlusse begriffen ist, verdickt. Die Masse um die Chorda ist der in Bildung begriffene Wirbelkörper, die vor den Gefässen enthält in den seitlichen Wülsten die Ur- nieren und setzt sich in der Mitte ins Gekröse fort.] Letzte Ausbil- dung der Bauch- wand. Kölliker, Entwicklungsgeschichte. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/81
Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/81>, abgerufen am 01.05.2024.