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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Achte Vorlesung.
ein Viertel auf die vordere Halsgegend und das letzte Viertel auf
Art des Wachs-
thums des Hüh-
nerembryo.
die übrigen Gegenden kommt. Zugleich erschliesst sich uns hieraus
ein bestimmtes Wachsthumsgesetz, indem sich ergibt, dass der Leib
des Vogels in einer bestimmten Richtung aus der indifferenten An-
lage sich hervorbildet, so dass erst der Kopf, dann der Hals und so
weiter erst die übrigen Theile nach und nach sich abgliedern. Diess
ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob anfänglich die hintern Lei-
bestheile gar nicht angelegt seien, vielmehr ergibt sich aus der La-
gerung der Anschwellung der Chorda und der hintern Ausbuchtung
des Medullarrohres, welche im Laufe der Entwicklung immer mehr
vom Kopfe sich entfernen, dass wenigstens anfänglich der Theil der
Embryonalanlage, welcher unter fortwährendem Wachsthume in
immer neue Urwirbel sich sondert, nicht am allerhintersten Ende
derselben, sondern vor der Lendenanschwellung gelegen ist. Später,
wenn einmal alle Hals- und Brustwirbel angelegt, das Medullarrohr
und der Rücken ganz geschlossen und auch die untere Leibeshöhle
in der Beckengegend gegeben sind, scheint der Indifferenz- oder
Wachsthumspunct allmälig hinter die Lendenanschwellung verlegt zu
werden und schliesslich vielleicht ganz ans hintere Ende der Axe
selbst zu gelangen, wenigstens kann die Bildung eines freien län-
geren Schwanzes, der auch dem Hühnerembryo nicht fehlt, der vorn
schon Urwirbel zeigt und hinten noch nicht abgegliedert ist (S. Re-
mak
Tab. IV. Fig. 42), nicht anders gedeutet werden.

Soviel bekannt, gilt ein ähnliches Wachsthumsgesetz, wie das
eben für das Hühnchen auseinandergesetzte, für alle Wirbelthiere
und möchte bei genauerer Prüfung auch bei manchen Wirbellosen
nicht fehlen.

Bildung des
Darmes und der
Bauchwand.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der ersten Entwicklung
des Bauches, so wie der Darmanlage. Wie an der obern Seite der
Embryonalanlage die Mitte des äussern Keimblattes oder die Medul-
larplatte nach Bildung einer Furche allmälig zu einem Rohre sich
gestaltet, so treffen wir diess auch an der Bauchfläche am innern
Keimblatte (dem Darmdrüsenblatte), welches nach und nach zum
Epithelialrohre des Darmes sich umwandelt; in ähnlicher Weise
wie dort die Urwirbel und das Hornblatt -- erstere freilich erst in
späterer Zeit vollständig -- das gebildete Medullarrohr umschliessen,
so geschieht diess auch am Epithelialrohre der untern Seite durch
die Seitenplatten des mittleren Keimblattes und das ihnen anliegende
Hornblatt. So sehr nun aber auch in den Endergebnissen eine Ana-

Achte Vorlesung.
ein Viertel auf die vordere Halsgegend und das letzte Viertel auf
Art des Wachs-
thums des Hüh-
nerembryo.
die übrigen Gegenden kommt. Zugleich erschliesst sich uns hieraus
ein bestimmtes Wachsthumsgesetz, indem sich ergibt, dass der Leib
des Vogels in einer bestimmten Richtung aus der indifferenten An-
lage sich hervorbildet, so dass erst der Kopf, dann der Hals und so
weiter erst die übrigen Theile nach und nach sich abgliedern. Diess
ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob anfänglich die hintern Lei-
bestheile gar nicht angelegt seien, vielmehr ergibt sich aus der La-
gerung der Anschwellung der Chorda und der hintern Ausbuchtung
des Medullarrohres, welche im Laufe der Entwicklung immer mehr
vom Kopfe sich entfernen, dass wenigstens anfänglich der Theil der
Embryonalanlage, welcher unter fortwährendem Wachsthume in
immer neue Urwirbel sich sondert, nicht am allerhintersten Ende
derselben, sondern vor der Lendenanschwellung gelegen ist. Später,
wenn einmal alle Hals- und Brustwirbel angelegt, das Medullarrohr
und der Rücken ganz geschlossen und auch die untere Leibeshöhle
in der Beckengegend gegeben sind, scheint der Indifferenz- oder
Wachsthumspunct allmälig hinter die Lendenanschwellung verlegt zu
werden und schliesslich vielleicht ganz ans hintere Ende der Axe
selbst zu gelangen, wenigstens kann die Bildung eines freien län-
geren Schwanzes, der auch dem Hühnerembryo nicht fehlt, der vorn
schon Urwirbel zeigt und hinten noch nicht abgegliedert ist (S. Re-
mak
Tab. IV. Fig. 42), nicht anders gedeutet werden.

Soviel bekannt, gilt ein ähnliches Wachsthumsgesetz, wie das
eben für das Hühnchen auseinandergesetzte, für alle Wirbelthiere
und möchte bei genauerer Prüfung auch bei manchen Wirbellosen
nicht fehlen.

Bildung des
Darmes und der
Bauchwand.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der ersten Entwicklung
des Bauches, so wie der Darmanlage. Wie an der obern Seite der
Embryonalanlage die Mitte des äussern Keimblattes oder die Medul-
larplatte nach Bildung einer Furche allmälig zu einem Rohre sich
gestaltet, so treffen wir diess auch an der Bauchfläche am innern
Keimblatte (dem Darmdrüsenblatte), welches nach und nach zum
Epithelialrohre des Darmes sich umwandelt; in ähnlicher Weise
wie dort die Urwirbel und das Hornblatt — erstere freilich erst in
späterer Zeit vollständig — das gebildete Medullarrohr umschliessen,
so geschieht diess auch am Epithelialrohre der untern Seite durch
die Seitenplatten des mittleren Keimblattes und das ihnen anliegende
Hornblatt. So sehr nun aber auch in den Endergebnissen eine Ana-

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[50/0066] Achte Vorlesung. ein Viertel auf die vordere Halsgegend und das letzte Viertel auf die übrigen Gegenden kommt. Zugleich erschliesst sich uns hieraus ein bestimmtes Wachsthumsgesetz, indem sich ergibt, dass der Leib des Vogels in einer bestimmten Richtung aus der indifferenten An- lage sich hervorbildet, so dass erst der Kopf, dann der Hals und so weiter erst die übrigen Theile nach und nach sich abgliedern. Diess ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob anfänglich die hintern Lei- bestheile gar nicht angelegt seien, vielmehr ergibt sich aus der La- gerung der Anschwellung der Chorda und der hintern Ausbuchtung des Medullarrohres, welche im Laufe der Entwicklung immer mehr vom Kopfe sich entfernen, dass wenigstens anfänglich der Theil der Embryonalanlage, welcher unter fortwährendem Wachsthume in immer neue Urwirbel sich sondert, nicht am allerhintersten Ende derselben, sondern vor der Lendenanschwellung gelegen ist. Später, wenn einmal alle Hals- und Brustwirbel angelegt, das Medullarrohr und der Rücken ganz geschlossen und auch die untere Leibeshöhle in der Beckengegend gegeben sind, scheint der Indifferenz- oder Wachsthumspunct allmälig hinter die Lendenanschwellung verlegt zu werden und schliesslich vielleicht ganz ans hintere Ende der Axe selbst zu gelangen, wenigstens kann die Bildung eines freien län- geren Schwanzes, der auch dem Hühnerembryo nicht fehlt, der vorn schon Urwirbel zeigt und hinten noch nicht abgegliedert ist (S. Re- mak Tab. IV. Fig. 42), nicht anders gedeutet werden. Art des Wachs- thums des Hüh- nerembryo. Soviel bekannt, gilt ein ähnliches Wachsthumsgesetz, wie das eben für das Hühnchen auseinandergesetzte, für alle Wirbelthiere und möchte bei genauerer Prüfung auch bei manchen Wirbellosen nicht fehlen. Wir wenden uns nun zur Betrachtung der ersten Entwicklung des Bauches, so wie der Darmanlage. Wie an der obern Seite der Embryonalanlage die Mitte des äussern Keimblattes oder die Medul- larplatte nach Bildung einer Furche allmälig zu einem Rohre sich gestaltet, so treffen wir diess auch an der Bauchfläche am innern Keimblatte (dem Darmdrüsenblatte), welches nach und nach zum Epithelialrohre des Darmes sich umwandelt; in ähnlicher Weise wie dort die Urwirbel und das Hornblatt — erstere freilich erst in späterer Zeit vollständig — das gebildete Medullarrohr umschliessen, so geschieht diess auch am Epithelialrohre der untern Seite durch die Seitenplatten des mittleren Keimblattes und das ihnen anliegende Hornblatt. So sehr nun aber auch in den Endergebnissen eine Ana- Bildung des Darmes und der Bauchwand.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/66>, abgerufen am 22.11.2024.